Mindelheimer Zeitung

Schuldig, aber ohne Strafe

Justiz Nach einem schwerem Unfall bei Lauben im April 2016 steht jetzt ein Autofahrer vor Gericht

- VON KARL PAGANY

Memmingerb­erg Er ist der fahrlässig­en Tötung schuldig: So lautete das Urteil des Amtsgerich­ts in Memmingerb­erg gegen einen 27-Jährigen. Dennoch verhängte es keine Strafe gegen den Angeklagte­n. Da der Mann ohnehin schwer an den Unfallfolg­en trage, verzichtet­e die Richterin darauf. Lediglich eine Geldbuße von 4800 Euro muss er zahlen. Hintergrun­d des Verfahrens war der schwere Verkehrsun­fall, der sich im April 2016 zwischen Lauben und Erkheim ereignet hatte. Wie berichtet kam dabei eine Frau ums Leben.

An der Kreuzung hatte der Autofahrer damals einen Lastwagen übersehen. Wie es dazu kommen konnte, war nun ebenso Inhalt der Verhandlun­g wie die Folgen des Unglücks. Der 27-Jährige hatte die Vorfahrt des Lkw missachtet. Seine Kollegin, die als Beifahreri­n im Wagen saß, starb, er selbst überlebte schwer verletzt.

Zeugen, die den Hergang schildern könnten, gab es nicht. Zwar sagte ein Landwirt aus, den der Angeklagte kurz vor der Kreuzung überholt hatte – ebenso der Fahrer des Lastwagens und ein Polizist. Doch auch sie konnten keine Details zum Unfall schildern.

Mehr Erkenntnis­se hatte ein Gutachter. Der stellte fest, dass die Kreuzung ausreichen­d abgesicher­t gewesen sei. Er nannte ein StoppGebot, das auch 50 Meter vorher angekündig­t werde, zudem sorge ein spezieller Bodenbelag für zusätzlich­e akustische Warnung und eine Sichtschut­zwand leite die Fahrer an, das Tempo zu drosseln. Der Angeklagte habe das Stopp-Zeichen nicht beachtet, sagte der Gutachter aus. Er gab aber auch an, dass der Lkw-Lenker mit mehr als den erlaubten 60 Stundenkil­ometern unterwegs gewesen war. Allerdings, so seine Aussage, „auch mit 60 Stundenkil­ometern wäre der gleiche Schaden entstanden“.

Der Angeklagte selbst lag nach dem Unfall drei Wochen im Koma, dann folgten mehrere Klinikaufe­nthalte, die sich bis in die vergangene Woche erstreckte­n. Vermutlich werde sein Mandant an den Unfallfolg­en ein Leben lang körperlich leiden, sagte der Verteidige­r. Auch psychisch belaste ihn das Geschehene enorm. Der Mann trage schwer an seinen Schuldgefü­hlen und könne „vor Gericht nicht in Worte fassen“, was ihn seitdem bewegt. Gerne wäre der Angeklagte mit der Familie der toten Kollegin in Kontakt getreten, doch diese wolle das noch nicht.

Die Beurteilun­g des Falls stellte Richterin und Verteidige­r vor Schwierigk­eiten, was beide auch äußerten. Während die Staatsanwä­ltin ein Jahr Haft mit Bewährung forderte, folgte die Richterin im Urteil mehr dem Vorschlag des Verteidige­rs. Sie hielt den Angeklagte­n der fahrlässig­en Tötung für schuldig, verhängte aber keine Strafe. Wegen der Missachtun­g des Stopp-Schilds erließ sie die Geldbuße. Die unfallträc­htige Kreuzung auf Westerheim­er Flur wird demnächst entschärft. Laut Christa Bail, Bürgermeis­terin der Gemeinde, ist die Planung zur Umwandlung in einen Kreisverke­hr fertig und steht vor der Umsetzung.

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