Gruschka will Verkehrskonzept aufheben
Stadtrat Neuregelung der Vorfahrt am Bahnhofsplatz sorgt erneut für heftigen Streit
Bad Wörishofen Die Eilentscheidung zur Neuregelung der Vorfahrt am Bahnhofplatz bringt Bürgermeister Paul Gruschka (FW) scharfe Kritik der Referenten Daniel Pflügl (Stadtentwicklung, Grüne) und Jens Hemberger (Verkehr, CSU) ein. Beide haben auch maßgeblich am Verkehrskonzept mitgearbeitet, aus welchem die nun geänderte Regelung resultiert.
Gruschka kündigte seinerseits an, am Montag, 19. Juni, eine zusätzliche Stadtratssitzung zum Thema „weitgehende Aufhebung des Verkehrskonzeptes“einzuberufen. In einer Klausursitzung seien „ganz neue Gesichtspunkte“erörtert worden, die „voraussichtlich längere zeitliche Planungen“erwarten lassen. Gruschka: „Das Verkehrskonzept in seiner derzeitigen Fassung kann nicht länger hingenommen werden“. Er wolle die Bürgerschaft an neuen Vorschlägen beteiligen und „nicht den gleichen Fehler wie die Herren Pflügl und Hemberger machen“.
Vor allem kritisieren Hemberger und Pflügl, dass Bürgermeister Gruschka bei einem Ortstermin bereits am 24. April von der Polizei aufgefordert wurde, die verblassenden Bodenmarkierungen an den neu geregelten Kreuzungen, Einmündungen und Übergängen zu erneuern, da „man deren Verläufe nicht mehr erkennen konnte“, wie Pflügl sagt. „Bezeichnenderweise geschah dies lediglich an der Pescatoreund an der Genobank-Kreuzung, nicht aber auf der RössleKreuzung oder vor dem Bahnhof, wo es zuletzt zum Unfall kam“, kritisiert Pflügl. Auch Hemberger greift diesen Punkt auf und nennt die Eilentscheidung des Bürgermeisters einen „Witz“und wirft Gruschka vor, dieser benutze einen Verkehrsunfall, um „sich zu profilieren“. Der Unfall, den Gruschka in seiner Eilentscheidung angeführt hatte, habe „nichts mit den baulichen Gegebenheiten vor Ort oder der Beschilderung“zu tun, sagt Hemberger. Pflügl wiederum sagt, dass die Vorfahrtsänderung auch keineswegs mit der Polizei abgestimmt worden sei, wie Gruschka behaupte. Das habe er bei der Polizei erfragt und auch Einsicht in den E-Mail-Verkehr erhalten. Aus diesen Schreiben zitiert Pflügl in seiner Stellungnahme. Das Ordnungsamt habe demnach am 3. Mai mitgeteilt, man würde dem Stadtrat am 10. Mai gerne „empfehlen, die Vorfahrtsregelung an der Bahnhofstraße zu ändern“, so Pflügl.
Die Polizei habe nicht etwa geschrieben, „aus unserer Sicht können Sie die Vorfahrt wie gewünscht abändern, sie schreibt, es wäre ratsam, einen Ortstermin anzusetzen“, berichtet Pflügl. Eine Antwort darauf habe es nicht gegeben. Auch die Stadtratssitzung vom 10. Mai sei verstrichen, ohne dass Gruschka einen Antrag auf Änderung der Vorfahrt eingebracht habe. Bis dahin sei es nach Auskunft der Polizei zu einem Unfall gekommen, bei dem eine 83-jährige Radfahrerin gestürzt sei, weil sie sich von einem Autofahrer irritiert gefühlt habe.
Die Polizei habe darauf hingewiesen, dass die Fahrbahnmarkierungen erneuert werden müssten. Am 11. Mai kam es dann zu einem Unfall, bei dem eine 69-jährige Radfahrerin am Bahnhofplatz von einem Auto erfasst und verletzt wurde. Pflügl kritisiert, dass auch die Verkehrsausschusssitzung am 15. Mai ohne Änderung verstrichen sei, auch die Fahrbahnmarkierungen seien nicht erneuert worden.
Pflügl folgert daraus, der Bürgermeister wolle sich „in der Öffentlichkeit als Held darstellen, der eine Gefahrensituation beseitigt, die vermeintlich auf das Verkehrskonzept zurückzuführen ist.“Dabei habe er diese selbst zu verantworten. Auch Jens Hemberger kritisiert, dass hier versucht werde, „den schwarzen Peter mir und Herrn Pflügl in die Schuhe zu schieben“.
Pflügl sagt: „Dieses perfide Spielchen haben wir auf der Hochstraße erlebt, jetzt vor dem Bahnhof und vermutlich bald auf der RössleKreuzung, wenn es dort zum Unfall kommt. Denn dort gibt es bis heute keine Markierungen auf der Fahrbahn.“Er wirft Gruschka vor, längst besprochene Verbesserungsvorschläge nicht umzusetzen, um „die schlechte Stimmung am Köcheln zu halten“. Und mehr noch: „Dabei wird ohne mit der Wimper zu zucken in Kauf genommen, dass Menschen gefährdet werden.“Pflügl sagt, er „warne ausdrücklich“davor, die Fahrradstraßen, den neuen Fußgängerbereich sowie die Querung über die Rössle-Kreuzung weiterhin bedenkenlos zu nutzen. Auf Anfrage der Mindelheimer
Zeitung nahm Bürgermeister Gruschka zu den Vorwürfen Stellung und wies die „unsachliche Kritik und die Vermutungen der Herren Pflügl und Hemberger in aller Deutlichkeit zurück“. Gruschka hält es für „geradezu abwegig, dass der Bürgermeister Gefahrensituationen des Verkehrskonzeptes selbst zu verantworten habe und dass Menschen hierdurch gefährdet werden“. Das Verkehrskonzept sei „schließlich auf Initiative der Herren Pflügl und Hemberger beim Stadtrat gegen den Bürgermeister durchgedrückt“worden, so Gruschka in seiner schriftlichen Stellungnahme. Die Vorfahrtsregelung wurde laut Gruschka vor Erlass telefonisch vom Ordnungsamt mit dem zuständigen Sachbearbeiter bei der PI Bad Wörishofen sowie mit dem Sachbearbeiter für Verkehrsrecht des Landratsamtes abgestimmt. Von beiden Seiten habe es keine Einwände gegen die geplante Regelung gegeben.