Die Frage der Woche Schluss mit kleiner Münze?
Die Italiener wieder! Wirtschaftlich ein Sorgenkind in Europa, aber großspurig daherkommen und aufs Kleingeld verzichten! 2,97 ¤ für den Cappuccino? Machen wir 3 und tutto bene, bongiorno. Da krampft sich das deutsche Hellerund-Pfennig-Herz zusammen. Ich krieg’ noch 3 Cent raus! Ach ja, alles Klischees, die sich jetzt so sicher wie Münzgeld in der Sofaritze finden lassen. Keine Panik, Leute. Wir in Deutschland werden sicher noch auf Jahrzehnte genug 1- und 2-Cent-Münzen haben, um ganz exakt zu zahlen und ganz gerecht rausgeben und rausbekommen zu können. Und das, obwohl es beim Pipigeld nach Erkenntnissen der Europäischen Kommission Verlustquoten zwischen 25 bis fast 100 Prozent geben soll. Das Kleingeld versickert im Alltag Europas. Ständig muss nachgeprägt und nachgeprägt werden. Weil’s ums Prinzip geht. Der Preis ist der Feind – und wir piesacken ihn und schwächen ihn mit 3 Cent Wechselgeld auf der Hand!
Ein Abschied von 1- und 2-Cent-Münzen, wie ihn Italien jetzt angekündigt hat, ist kein Einstieg in den Abschied vom Bargeld, wie manche überwachsame Frühwarnapokalyptiker jetzt schon unken. Vielmehr ist das Auslichten in Kassen und Geldbörsen und Taschen ein kleiner Akt der Befreiung – so wie man den obersten Knopf eines Hemdes öffnet und durchatmet. Vielleicht entwickelt sich ja nun ein spielerischer Umgang mit den Kleinstbeträgen. Gab’s in Italien ja mal: Bonbons als Währung, auch Fantasie-Geldscheinchen, die jede Gelateria selber druckte. Und möglicherweise wird das Aufrunden ja ein kreativer Akt: Ein kleines Radieschen mehr auf dem Markt, ein um ein Bitzele dickerer Batzen Stracciatella in die Waffel, 0,01 ml mehr Frascati im Glas… Addieren wir lieber schöne Momente als lästige Münzen.
Das Kleingeld macht nur Ärger? Beult Geldbörsen und Hosentaschen aus; kostet in der Herstellung zu viel, ja wäre gar eingeschmolzen und als Barren verkauft mehr wert als der Münzwert der kleinen Kupferlinge; ja, das ist wohl so. Aber wer nur deswegen die kleinen Münzen abschaffen will, verkennt vollkommen das Wesen des Bargelds.
Wenn man 1- und 2-Cent-Stücke abschafft, warum dann am 5-Cent-Stück festhalten, am 10-, 20- oder 50-Cent-Stück? Warum überhaupt noch Bargeld, wenn man doch eh überall mit Plastik zahlen kann? Ganz klar: Es geht hier ums Prinzip. Wer die Kleinstmünzen abschießen will, zielt eigentlich aufs Ganze.
Münzgeld kannten schon die alten Griechen und Römer. Und dass wir tausende Jahre später immer noch so bezahlen können, deutet doch stark darauf hin, dass die Erfindung, den Wert von Waren in einem physischen Medium zu speichern, um ihn jederzeit wieder gegen Waren oder Dienstleistungen eintauschen zu können, ziemlich genial ist. Bargeld ist das Versprechen von Freiheit. Jederzeit alles kaufen zu können, ohne von einem Dritten abhängig zu sein, ohne andere einweihen zu müssen. Also ziemlich genau das Gegenteil des Prinzips Kreditkarte. Ein freier Mensch muss jede Summe mit Bargeld bezahlen können. Daher muss die Stückelung zwingend so sein, dass man mit Münzen auch einen Kleckerlesbetrag zusammenklimpern kann. Man kann ja aufrunden, muss die Wertwinzlinge an der Kasse ja nicht zurücknehmen. Aber sie abzuschaffen hieße, eine Gebühr fürs Barzahlen einzuführen. Und ganz ehrlich: 2 Cent können enorm wertvoll sein. Wenn man als Knirps am Freibadkiosk ansteht etwa und 2 Cent den Unterschied ausmachen zwischen einer Colastange oder zweien.