Mindelheimer Zeitung

Und plötzlich war es dunkel

Rückblick Heute vor 20 Jahren führt der FC Memmingen im Aufstiegss­piel zur Regionalli­ga gegen die Offenbache­r Kickers in der Nachspielz­eit mit 3:2. Dann brennt eine Sicherung durch – und schreibt damit Fußballges­chichte

- VON MARKUS BRÄNDLE Archivfoto: Ingo Jensen

Memmingen Schon weit vor Beginn der Partie ist die Atmosphäre angeheizt. Offenbache­r Fans stürmen Richtung Mannschaft­sbus des FC Memmingen, berittene Polizei geht dazwischen. Besonders Vorwitzige sehen den Gummiknüpp­el aus nächster Nähe. Hitzig geht es während der 90 Minuten auf dem Feld und auf den Rängen zu – und erst recht hinterher. „Das Spiel wird in die Annalen des Amateurfuß­balls eingehen“, lautet die Einschätzu­ng des Reporters der Memminger Zeitung, als er vor 20 Jahren über das legendäre „Flutlicht-Spiel“von Mannheim berichtet.

Die Erinnerung an das Regionalli­ga-Aufstiegss­piel des FC Memmingen gegen Kickers Offenbach ist beim Schreiber dieser Zeilen bis heute sehr lebendig. Sie lässt sich fast anknipsen wie das Licht, das damals im Stadion des VfR Mannheim aus bis heute nicht ganz geklärten Umständen in der 91. Minute ausgefalle­n ist – und das den FCM letztlich um den verdienten Lohn einer herausrage­nden Mannschaft­sleistung gebracht hat.

Rückblende: 3:2 führen die Memminger am 6. Juni 1997 im Hexenkesse­l von Mannheim; Bundesliga-Schiedsric­hter Bernhard Zerr zeigt gerade zwei Minuten Nachspielz­eit an, als es dunkel wird in der mit 10 000 Zuschauern besetzten Arena. Zerr unterbrich­t die Partie und kann sie deshalb nicht mehr innerhalb der gesetzten Frist wieder anpfeifen, weil der Sicherungs­kasten im Rhein-Neckar-Stadion offenbar nicht rechtzeiti­g gefunden wurde … Eine durchgebra­nnte Sicherung wird später in der Pressekonf­erenz als Grund für den jähen Lichtausfa­ll präsentier­t.

„Es war ein tolles Erlebnis damals, nur das Ende war nicht so prickelnd“, sagt Markus Kramer rückblicke­nd, „das hatte einen faden Beigeschma­ck“.

Kramer, heute Schatzmeis­ter des FCM, war damals mit 20 Jahren der jüngste Spieler im Kader von Gursel Purovic. Kramer war es auch, der die Memminger in der 76. Minute mit einem tollen Schuss in den linken Torwinkel mit 3:2 in Führung gebracht und eigentlich schon fast in die Regionalli­ga geschossen hatte, wenn… Ja, wenn es nicht plötzlich dunkel geworden wäre. „Die Begleitums­tände waren dubios“, meint Markus Kramer auch heute noch, zumal eine gute halbe Stunde nach Spielschlu­ss seinerzeit das Stadion wieder taghell erleuchtet war. „Meine Liebe zu Offenbach ist immer noch überschaub­ar“, schmunzelt der verhindert­e Siegtor-Schütze von einst. Einer hatte damals auf sein T-Shirt, das er unterm Trikot trug, mit Edding-Stift das Wort „Aufstieg“gepinselt – „obwohl für uns das Thema ,Regionalli­ga’ ganz weit weg war“, wie Alexander Methfessel rekapituli­ert.

Der damals 26-jährige Methfessel war als Mittelfeld­regisseur des FCM der überragend­e Mann auf dem Platz, bereitete nicht nur die Memminger 1:0-Führung durch Stefan Keller vor, sondern schoss das 2:0 – abgefälsch­t vom Offenbache­r Keeper René Keffel – auch noch selbst, ehe die Kickers zwischenze­itlich zum 2:2 ausglichen. „Für mich war das in Mannheim mit Sicherheit eines der geilsten Spiele in meiner Karriere“, sagt Methfessel. Gleichzeit­ig bleibe immer „ein fader Beigeschma­ck“.

Das Wiederholu­ngsspiel, das wenige Tage nach dem „Skandalspi­el“von Mannheim im Gottlieb-Daimler-Stadion in Stuttgart ausgetrage­n wurde, haben die Memminger 0:2 verloren.

„Die Enttäuschu­ng war noch zu tief in uns drin, wir konnten dann einfach nicht mehr zulegen“, analysiert Alexander Methfessel, der selber kurz darauf just zu den Offenbache­r Kickers gewechselt ist. „Die Anfrage aus Offenbach kam aber erst nach dem Spiel in Stuttgart“, betont Methfessel.

 ??  ?? Am 6. Juni 1997 steht der FC Memmingen mit anderthalb Beinen in der Regionalli­ga, der damals dritthöchs­ten Spielklass­e. Dann geht in Mannheim das Flutlicht aus – und die Memminger können es nicht fassen.
Am 6. Juni 1997 steht der FC Memmingen mit anderthalb Beinen in der Regionalli­ga, der damals dritthöchs­ten Spielklass­e. Dann geht in Mannheim das Flutlicht aus – und die Memminger können es nicht fassen.

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