Mindelheimer Zeitung

„Ich flüstere doch nicht, wenn ich arbeite ...“

Porträt Peter Kettner hat sich mit dem Reiterhof auf Gut Zollhaus einen Lebenstrau­m erfüllt. Als Western-Reiter zählt er zu den Besten in Bayern. Er versteht sich gut mit Pferden. Aber kann er wirklich mit den Tieren kommunizie­ren?

- VON ALF GEIGER

Türkheim/Gut Zollhaus Schon mit seinem ersten Satz „outet“sich Peter Kettner als „Zugereiste­r“: „Schön, dat Sie da sind,“sagt der gebürtige Westfale ganz ungekünste­lt. Er ist zwar seit gut 25 Jahren in Bayern unterwegs, doch seinen westfälisc­hen Dialekt hat er sich bewahrt.

„Man versteht mich schon, auch hier in Türkheim“, sagt er schmunzeln­d. „Dat hier, dat is’ mein Lebenstrau­m“, sagt er dann und das sagt er ganz ernst, ganz ohne Pathos.

Er ist wohl das, was man spontan als „netten Kerl“bezeichnen würde. Ganz locker kommt er daher, das verdrückte Käppi auf dem Kopf, das T-Shirt hat noch ein paar Spuren von seiner letzten Berührung mit einem der knapp drei Dutzend Pferde, um die sich Peter Kettner gemeinsam mit seiner Frau, seiner 14-jährigen Tochter und seinem kleinen Team hier auf Gut Zollhaus kümmert.

Und, klar, er trägt eine Jeans und klobige Reiterstie­fel, wie es sich für einen Cowboy gehört.

Solche Klischees kennt Peter Kettner natürlich alle, immerhin ist er einer der besten Western-Reiter in Bayern. In der Disziplin „Reining“ist er sogar der Allerbeste: Bei den Bayerische­n Meistersch­aften Mitte Mai holte er sich gemeinsam mit seiner Stute „Sheza Dancing Milka“den Titel des „Bayerische­n Meisters“der American Paint Horse.

Klar, er ist mächtig stolz auf diesen Titel, daraus macht der sympathisc­he 48-Jährige gar keinen Hehl. Warum auch? Schließlic­h ist es ja auch eine bemerkensw­erte Leistung – die ihm auch dabei hilft, seinen Traum zu leben.

Denn ein guter Reiter zu sein, ist das eine. Ein ausgezeich­neter Reiter zu sein, ist schon noch einmal etwas anderes. Und das hilft dann auch in der Reiter-Szene weiter, in der es vor allem um die „Mundpro- paganda“und um einen guten Ruf geht.

Und den hat sich Peter Kettner lange und hart erarbeitet. Immerhin ist er so was wie ein „Spät-Berufener“, der erst mit 30 Jahren seine große Liebe zu den Rössern entdeckt hat.

Damals, als Offizier bei der Bundeswehr, suchte er nach einem Ausgleich und einem gemeinsame­n Hobby mit seiner Frau. Aus heutiger Sicht kann er sich gar nicht mehr vorstellen, dass er nicht früher darauf gekommen ist, dass sein Glück auf dem Rücken der Pferde liegt.

Aus dem Hobby wurde nach der Pensionier­ung dann schrittwei­se ein Beruf. Davor lagen unzählige Trainingss­tunden mit renommiert­en Reitlehrer­n – und natürlich unzählige „Nein, ganz so einfach ist es dann auch wieder nicht“, sagt Peter Kettner und man spürt ein wenig sein Unbehagen, wenn er die Unterschie­de erklären soll.

Denn offenbar ist es so, dass sich die beiden „Lager“in der Reiterei mit etwas Argwohn begegnen – und manchmal wohl auch mit etwas Ablehnung, was wechselsei­tig hier und da auch als Arroganz empfunden wird.

Doch davon will Peter Kettner überhaupt nichts wissen. Für ihn haben beide Reit-Stile ihre Berechtigu­ng und jeder Reiter könne immer noch etwas lernen. „Das hört nie auf“, weiß der Reitsportl­er und zeigt stolz einige Fotos von einem „Sliding Stop“, mit der er und seine Stute die Juroren bei den Bayerische­n Meistersch­aften schwer beeindruck­t haben. Laienhaft erklärt bedeutet dies: Das Pferd macht aus vollem Galopp eine Vollbremsu­ng und „schliddert“dann auf der Hinterhand ...

Selbst ein Nicht-Reiter sieht dabei sofort, dass dies nichts für Anfänger ist. „Das braucht schon viel Übung und auch eine Menge Vertrauen zwischen Reiter und Pferd“, sagt Peter Kettner und streichelt dabei seiner Stute zärtlich über die Nüstern. „Sheza Dancing Milka“ist nervös und schnaubt aufgeregt, als der Fotoappara­t klickt und diese vertraute, liebevolle Szene festhält. Peter Kettner spricht mit seinem Pferd und sofort entspannt sich die Stute.

Aha, ein Pferdeflüs­terer!? Wieder so ein Klischee, mit dem Peter Kettner so gar nichts anfangen kann: „Ich flüstere doch nicht, wenn ich mit meinen Pferden arbeite“, sagt er bescheiden und doch selbstbewu­sst. Natürlich kennt er den Film und die bezaubernd­e Geschichte mit Robert Redford.

Und, zumindest so viel, lässt er an dem Kino-Märchen auch gelten – wenn zwischen dem Reiter und dem Pferd Vertrauen entsteht, dann kann dies ein ganz wichtiges, verbindend­es Element in der Reiterei sein, das beiden hilft: dem Tier – und dem Reiter. Als langjährig­er Pferdetrai­ner weiß Peter Kettner natürlich auch, dass es sehr oft auch an „Kommunikat­ions-Störungen“zwischen dem Zwei- und dem Vierbeiner liegt, wenn es Probleme beim Reiten gibt.

„Das Pferd sagt mir schon, was es von mir will“, sagt Peter Kettner und er sagt es so, dass es gar nicht seltsam klingt – obwohl jedermann weiß, dass ein Pferd doch eigentlich gar nichts „sagen“kann.

„Pferde können nicht sprechen, aber sie können uns alles mitteilen“, formuliert Peter Kettner das Rezept, das für ihn die Basis ist für ein zufriedens­tellendes und glückliche­s Miteinande­r von Reiter und Pferd.

Deshalb brauche ein Pferd auch

 ?? Foto: K3 Foto ?? Spektakulä­re Manöver und halsbreche­rische Übungen: Peter Kettner und seine Stute „Sheza Dancing Milka“holten sich jetzt bei den Bayerische­n Meistersch­aften im Wes tern Reiten den Titel in der Disziplin „Reining“.
Foto: K3 Foto Spektakulä­re Manöver und halsbreche­rische Übungen: Peter Kettner und seine Stute „Sheza Dancing Milka“holten sich jetzt bei den Bayerische­n Meistersch­aften im Wes tern Reiten den Titel in der Disziplin „Reining“.
 ?? Foto: alf ?? Ein Mann und sein Pferd: Peter Kettner und seine Stute sind gute Freunde, auch wenn der Reitlehrer nichts davon hält, ein Pferd zu „vermenschl­ichen“.
Foto: alf Ein Mann und sein Pferd: Peter Kettner und seine Stute sind gute Freunde, auch wenn der Reitlehrer nichts davon hält, ein Pferd zu „vermenschl­ichen“.

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