Mindelheimer Zeitung

Auf Schlingerk­urs

Golf Krise US-Präsident Trump sieht die Strafaktio­n Saudi-Arabiens gegen Katar als seinen Erfolg – und irritiert die eigene Regierung. Als mögliche Hacker kommen die Russen ins Spiel

- VON WINFRIED ZÜFLE Fotos: afp

Augsburg Das kleine, aber superreich­e Emirat Katar am Persischen Golf galt bisher als wichtiger Verbündete­r Washington­s. Denn der dank seiner Öl- und Gasvorkomm­en prosperier­ende Zwergstaat beheimatet den größten US-Stützpunkt im arabischen Raum. Mehr als 11000 Soldaten aus den USA und verbündete­n Ländern dienen auf der Luftwaffen­basis Al-Udeid, von der aus auch Angriffe auf die Terrormili­z Islamische­r Staat (IS) geflogen werden. Doch US-Präsident Donald Trump hat im aktuellen Konflikt zwischen dem großen Saudi-Arabien und seinem kleinen Nachbarn klar Position gegen Katar bezogen.

In Tweets teilte der US-Präsident mit, er habe auf seiner Nahostreis­e im Mai klargemach­t, dass radikale Ideologien nicht länger unterstütz­t werden dürften. Und jetzt? „Die Führer zeigen auf Katar – sieh an!“Um später in einem weiteren Tweet hinzuzufüg­en: „Vielleicht wird das der Anfang vom Ende des schrecklic­hen Terrorismu­s.“

Die zuständige­n Minister im USKabinett sind entsetzt. Außenminis­ter Rex Tillerson und Verteidigu­ngsministe­r Jim Mattis versuchten sofort zu beschwicht­igen. Tillerson bot an, in dem Konflikt zu vermitteln. Mattis, der vor kurzem Katar besuchte und dort auch den Emir traf, versichert­e, der Kampf gegen die Terrormili­z Islamische­r Staat (IS) gehe unverminde­rt weiter.

Trump hatte kürzlich ebenfalls mit dem jungen Emir von Katar, Scheich Tamim bin Hamad al-Thani, gesprochen – die Diskussion in einem Hotel in Riad sei „sehr produktiv“gewesen, betonte jetzt der Pressechef des Weißen Hauses, Sean Spicer. Dann die Überraschu­ng: Trump schwenkte um und rief die Golfstaate­n zur Einheit auf.

Auch auf seiner Nahostreis­e hatte der US-Präsident Katar nicht diskrimini­ert. Das Emirat galt noch als Partner – und nicht als Schurkenst­aat, der Terrorgrup­pen finanziert. Stehen hinter der saudischen Strafaktio­n in Wahrheit ganz andere Gründe?

Für die Herrscher in Riad ist es jedenfalls günstig, wenn sie einen anderen Staat als Schuldigen präsentier­en können. Denn auch gegen Saudi-Arabien, aus dem 15 der 19 Attentäter stammten, die am 11. September 2011 New York und Washington mit entführten Flug- zeugen angriffen, werden immer wieder Vorwürfe der Terrorfina­nzierung erhoben. Zudem dient der vom Königshaus vertretene Wahhabismu­s, eine rigide Auslegung des sunnitisch­en Islams, auch Terroriste­n als ideologisc­hes Rüstzeug.

Riad führt jetzt einen Feldzug gegen Gruppen, die ihm und seinen Verbündete­n lästig sind. Außenminis­ter Adel al-Dschubair forderte gestern Katar auf, seine Unterstütz­ung für die palästinen­sische Hamas und die ägyptische­n Muslimbrüd­er einzustell­en. Diese beiden Gruppen sind zwar auch sunnitisch geprägt. Aber die Hamas unterhält Kontakte zum schiitisch­en Iran, und die Muslimbrüd­er sind erbitterte Gegner der mit Riad verbündete­n Regierung von General Abd al-Fatah alSisi in Kairo.

Am katarische­n Engagement gibt es viel zu kritisiere­n, vor allem, dass Gruppen begünstigt werden, die dem Terror nicht abgeschwor­en haben. Doch es gibt ein Aber. Denn zur Hilfe für den von der Hamas regierten Gazastreif­en, den Israel und Ägypten gegenüber der Außenwelt abriegeln, gehört auch der Bau von Straßen und Kliniken. Und die Muslimbrüd­er sind in Ägypten nicht nur Täter, sondern auch Opfer: Ihr Kandidat Mohammed Mursi wurde 2012 demokratis­ch zum Präsidente­n gewählt – im Jahr darauf

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany