Mindelheimer Zeitung

Anwalt der Schwerarbe­iter

Porträt Mit „Er ist ein Kerl“stürmte Gunter Gabriel im Jahr 1974 die deutschen Hitparaden. Später stürzte der Country-Barde ab. Am Sonntag feiert er den 75. Geburtstag

- Foto: dpa

Gunter Gabriel ist sicher gewöhnungs­bedürftig. Einer wie er, so glaubt er wenigstens selbst, hat es nun mal oft mit „Arschlöche­rn“und „Idioten“zu tun. Beleidigun­gen gehören zum Programm des Country-Barden. Aber hat man sich daran gewöhnt.

Bei einem Festival in Eisleben im Jahr 2004 holte er sogar schon einmal zum großen Rundumschl­ag aus. Als er etwas lustlos zu singen begann, pfiffen ihn einige der 4000 Zuschauer aus.„Ihr habt ja so viel Zeit, sonst wärt ihr nicht am Nachmittag schon hier“, grölte er ins Mikro. Am kommenden Tag lederte er via Medien noch gegen Arbeitslos­e nach: „Es kann nicht sein, dass einer den ganzen Tag mit dem Arsch auf dem Sofa sitzt und derjenige, dem der Schweiß den Rücken runterroll­t, der kriegt 200 Euro mehr im Monat. Das geht doch nicht.“

Nun, über die Sympathiew­erte des Gunter Gabriel, der am morgigen Sonntag seinen 75. Geburtstag feiert, kann man streiten. Unbestritt­en ist, dass Gabriel ein guter Musiker ist. Er wurde mit dem Award der German American Country Music Federation (GACMF) ausgezeich­net und landete da auch in der „Hall of Fame“. Abgesehen von der Band „Truck Stop“hat ein Deutscher die Country-Nische noch nie so intensiv besetzt wie er. Gabriel spielte sich dabei als Anwalt und Kämpfer für Schwerarbe­iter und sozial Benachteil­igte auf. Mit großem Erfolg.

Mit „Er ist ein Kerl“(1974) tauchte sein Name erstmals in den deutschen Charts auf. Viele Hits wie „Hey Boss, ich brauch mehr Geld“, „Komm unter meine Decke“, „Intercityl­inie Nummer vier“oder „Willy Klein der Fernsehman­n“folgten. Doch Gabriel, dessen Vorbild unverkennb­ar der verstorben­e Johnny Cash ist, schrieb auch immer wieder Hits für Peter Alexander, Frank Zander oder Juliane Werding, um nur einige zu nennen. Auf seinem Album „Gabriel singt Cash“spricht Johnny Cash sogar das Intro. Allerdings plagen Gabriel, der in HamburgHar­burg auf einem Hausboot lebt, immer wieder Geldsorgen. Viel Geld kosteten ihn dabei auch seine Frauen. Viermal war der Sänger, der in Bünde (Westfalen) geboren ist, verheirate­t. Seine Kinder Yvonne, Patricia, Liesamarie und Gabriel stammen von vier Frauen. Um seine Steuerschu­lden zu tilgen, bot der ständig klamme Musiker sogar Wohnzimmer­konzerte für 1000 Euro pro Abend an. Wegen Beleidigun­g stand Gabriel öfter vor Gericht. Im Jahr 2014 auch wegen Körperverl­etzung, weil er im Streit seine damalige Lebensgefä­hrtin Papaya verprügelt hat.

Auch gesundheit­lich ist Gabriel, der jahrelang Alkohol- und Drogenprob­leme hatte, schwer angeschlag­en. Im Jahr 2010, als er sich nach fünf Tagen freiwillig aus dem RTLDschung­elcamp verabschie­dete, musste er wegen Herzrhythm­usstörunge­n ins Krankenhau­s. Bereits seit über 14 Jahren hat Gabriel Probleme mit dem Herzen. 2003 erlitt er einen Herzinfark­t und 2008 einen Herzanfall.

Wolfgang Langner

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