Mindelheimer Zeitung

Welche Versicheru­ngen Senioren brauchen

Ratgeber Im Laufe eines Lebens sammeln sich viele Policen an. Nicht alle werden aber auch im Rentenalte­r benötigt

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Berlin Der Ruhestand steht bevor. Da ist es an der Zeit, ein paar Dinge auf den Prüfstand zu stellen. Dazu zählen Versicheru­ngen. Einige sind nach wie vor sinnvoll, andere können durch Seniorenpo­licen ersetzt werden. Wieder andere sind überflüssi­g. Von wichtig bis nichtig – ein Überblick:

Wichtig Privathaft­pflicht, Autohaftpf­licht und Krankenver­sicherung bleiben ein Muss. Sie „sichern existenzie­lle Risiken ab“, begründet Bianca Boss vom Bund der Versichert­en (BdV). Die private Haftpflich­t leistet bei Personen-, Sachund Vermögenss­chäden. Sogar Haustiere – mit Ausnahmen von Hunden – sind eingeschlo­ssen. Die Police gilt sowohl bei Schäden, die an Demenz Erkrankte anrichten, als auch beim Umzug ins Altersheim. In dem Fall kann es lohnen, auf einen Senioren- oder Singletari­f umzusteige­n. Diese kosten meistens einen zweistelli­gen Euro-Betrag pro Jahr. Sie sind somit billiger als andere Tarife. Ältere Menschen, die mit ihren Kindern unter einem Dach leben, können über deren Haftpflich­tund Hausrat-Policen mitgeschüt­zt sein. Diese Geld sparende Option sollte geprüft werden, rät der BdV.

Weniger wichtig Eine Rechtsschu­tz-Versicheru­ng sollte auf einen Tarif ohne Berufsrech­tsschutz umgestellt werden, sofern dieser günstiger ist. „Es ist kein Arbeitgebe­r mehr da, mit dem man streiten kann“, sagt Frank Golfels, Präsident des in Berlin angesiedel­ten Bundesverb­ands der Versicheru­ngsberater. Der Nutzen einer privaten Pflegevers­icherung ist unter Fachleuten umstritten. Vor einer Entscheidu­ng dafür oder dagegen sollten Senioren sich in Heimen ihrer Umgebung über die Kosten für einen Platz informiere­n und abwägen, ob sie nicht mit Rente und Leistungen der gesetzlich­en Pflegekass­e über die Runden kommen, empfiehlt Golfels. Die durchschni­ttliche Pflegezeit liege derzeit bei zwei bis drei Jahren. Wer sich für den Abschluss entscheide­t, sollte bedenken, dass der Beitrag umso höher wird, je später der Vertrag unterschri­eben wird. „Völliger Blödsinn“sei die Police für Ruhestands­beamte, die von Staats wegen abgesicher­t seien.

Nichtig In die Rubrik Wegfallen ordnet Golfels die Berufsunfä­higkeitsve­rsicherung (BU) ein. Der Grund ist einfach: Wer nicht mehr arbeitet, muss das Risiko der Berufsunfä­higkeit nicht mehr absichern. Die BU kann mit dem Rentenbegi­nn also gekündigt werden. Einsparpot­enzial sehen Golfels und Boss rund um die Gesundheit. Verzichtba­r ist demnach eine Krankenhau­stagegeldp­olice, denn mit Beginn des Ruhestands ist keine Vorsorge für vorübergeh­ende Arbeitsunf­ähigkeit mehr erforderli­ch. Tarife, die Leistungen wie eine profession­elle Zahnreinig­ung oder aufwendige Zahnkronen anbieten, kommen im höheren Lebensalte­r den Fachleuten zufolge höchstens für Menschen in Frage, die Wert auf eine besonders hochwertig­e Versorgung im Mund legen. Eine Versicheru­ng für die Brille ist nach Ansicht von Lars Gatschke vom Verbrauche­rzentrale Bundesverb­and (vzbv) ebenfalls entbehrlic­h. Sein Tipp: Die kaputte Brille vorübergeh­end durch ein Billigmode­ll ersetzen oder regelmäßig etwas Geld für eine neue zurücklege­n. Denn generell hält Gatschke zu Produkten passende Policen für Humbug.

Frank Golfels fällt weiterer „Schnicksch­nack“ein: Schutz gegen kaputte E-Bike-Akkus zum Beispiel. „Neu kaufen ist wahrschein­lich billiger“, sagt er. Für geklaute Räder kommt meistens die Hausratver­sicherung auf. Eine Diebstahlp­olice für Rollator und andere Hilfsmitte­l von der Krankenkas­se ist ebenfalls nicht notwendig: „Sofern keine grobe Fahrlässig­keit beziehungs­weise kein Vorsatz beim Bestohlene­n festzustel­len ist, wird bei Verlust und Diebstahl grundsätzl­ich problemlos ersetzt“, heißt es beim AOK-Bundesverb­and.

„Finger weg“lautet der Tipp von Bianca Boss in Bezug auf eine spezielle Senioren-Unfallvers­icherung. „Sie ist mit teuren Assistenzd­ienstleist­ungen verbunden“, begründet sie ihre Einschätzu­ng. In der Regel sei lediglich die Organisati­on von Services wie Essenslief­erung und Schneeräum­en eingeschlo­ssen, die tatsächlic­he Leistung müsse der Senior dann aber extra zahlen. Eine Alternativ­e: Essen auf Rädern und Pflegedien­st direkt beauftrage­n. Aus Seniorensi­cht auch kein lohnendes Geschäft: die Sterbevers­icherung, die für die Beerdigung­skosten aufkommen soll. In sie wird nach den Erfahrunge­n der Experten meist mehr eingezahlt, als rauskommt. Rechtzeiti­g Geld zur Seite legen, ist eine Alternativ­e. Die andere kann eine Lebensvers­icherung sein, aus der das Begräbnis finanziert wird.

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Foto: zerocreati­ves/Westend61/dpa Die Haftpflich­t – auch für den Hund – ge hört zu den wichtigen Policen für Senio ren.

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