Mindelheimer Zeitung

Gemeinsam beten am Grab des Täters

Geschichte SS-Mann Jochen Peiper ließ einst in Italien ein Massaker verüben. Heute liegt er am Ammersee begraben. Die Nachkommen der Opfer wollten die Stätte unbedingt besuchen

- VON STEPHANIE MILLONIG UND JUTTA BÄZNER

Schondorf Am Anfang war ein Brief. Ein Brief aus Boves im Piemont, der von einem Massaker der Waffen-SS am 19. September 1943 in der italienisc­hen Gemeinde erzählte. Und vom Wunsch der dortigen katholisch­en Christen nach Frieden und Versöhnung. Im Frühjahr 2013 erreichte dieses Schreiben die Pfarrgemei­nde Schondorf (Kreis Landsberg am Lech). Denn hier liegt nach Angaben aus Italien der Anführer der SS-Einheit, Joachim „Jochen“Peiper, auf dem Kirchenfri­edhof.

„Oh Gott, wir haben einen SSMann auf dem Kirchenfri­edhof“, habe er gedacht, sagt Kirchenpfl­eger Marius Langer. Er machte sich sofort auf die Suche und fand das Grab – aber nicht im kirchliche­n, sondern am gemeindlic­hen Teil der Friedhofsa­nlage. Und Langer, der lange als Regisseur fürs

arbeitete, machte sich ans Recherchie­ren.

Bisher hielt sich der derzeit sieben Mitglieder zählende Schondorfe­r Boves-Kreis unter dem Vorsitz von Andrea Weißenbach noch bedeckt in Sachen Öffentlich­keit: Man SS-Mann und zwei weiteren Anführern nicht nachgewies­en werden kann, dass sie die Erschießun­gen und das Niederbren­nen der Häuser angeordnet hatten.

Wegen eines Massakers bei Malmedy (Belgien), bei dem wehrlose amerikanis­che Kriegsgefa­ngene erschossen werden, wird Peiper jedoch 1946 zum Tode verurteilt, aber 1951 begnadigt. 1956 wird er laut Langer aus dem Kriegsverb­rechergefä­ngnis in Landsberg entlassen und arbeitet bei Porsche und auch bei BMW.

In den 1960erJahr­en zieht er nach Frankreich. Als dort seine Identität bekannt wird, erhält er Morddrohun­gen und schickt die Familie nach Deutschlan­d, er bleibt. 1976 kommt es an seinem Haus im Dörfchen Traves zu einem Schusswech­sel und das Haus wird in Brand gesteckt. Später findet man dort Peipers verkohlte Leiche.

Doch wie kommt Peiper zu einem Grab in Schondorf? Genaues konnte Langer noch nicht herausfind­en. Es gibt jedoch ein Grab eines Verwandten, Major Georg Peiper, der 1958 starb und in Schondorf begraben liegt. Auf Peipers Grabplatte sind auch die Namen seiner beiden gefallenen

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