Neue Keime: Trinkwasser wird wieder gechlort
Gesundheit Wasser muss vorerst weiter abgekocht werden. Landrat Weirather stoppte die vorgesehene Chlorung persönlich
Türkheim Gestern wurden erneut coliforme Keime im Türkheimer Trinkwasser festgestellt. Die Folge: Seit Freitagmittag wird wieder Chlor ins Leitungsnetz eingespeist, um das Trinkwasser zu desinfizieren. So soll eine mögliche Gesundheitsgefahr für die Bevölkerung ausgeschlossen werden.
Für die Verbraucher gilt aber zunächst weiter die Abkochverordnung und zwar so lange, bis sich das Chlor bis in den letzten Winkel Leitungsnetz und damit im Trinkwasser verteilt hat. Dies werde einige Tage dauern. Die Gemeinde will laut Bürgermeister Christian Kähler jetzt Handzettel an alle Haushalte verteilen lassen und auf die neue Situation hinweisen. Wie lange das Trinkwasser diesmal gechlort werden muss, ist nicht abzusehen, meinte Kähler: „Diesmal wird es wohl länger dauern“, sieht der Rathauschef schwarz.
In mehreren Proben wurden an mehreren Stellen im Leitungsnetz wieder Verkeimungen festgestellt, bestätigte auch Dr. Wolfgang Glasmann vom Gesundheitsamt. Glasmann wies auf Nachfrage der
darauf hin, dass die von ihm schon am Montag, 29. Mai, erlassene Anordnung zur Chlorung des Türkheimer Trinkwassers nach wie vor bestehe. Warum diese Anordnung des Gesundheitsamtes vom zuständigen Markt Türkheim vergangenen Freitag entgegen seinem fachlichen Rat nicht umgesetzt wurde, wollte Glasmann nicht kommentieren.
Letztlich habe der Markt Türkheim diese Entscheidung in Absprache mit dem Landratsamt getroffen, so Glasmann. „Ich war dagegen, ohne Chlor weiter zu machen.“Der Grund hierfür liege aus seiner Sicht auf der Hand: Auch wenn die Bevöl- kerung angehalten sei, die Abkochverordnung umzusetzen, so wisse man doch, dass sich nicht alle Bürger daran halten. „Eine Abkochverordnung ist immer nur als provisorische Sofortmaßnahme geeignet.“
Offenbar hatte es im Landratsamt intern erhebliche Meinungsunterschiede gegeben: Auf Anfrage der
MZ meldete sich gestern auch Landrat Hans-Joachim Weirather und bestätigte, dass er persönlich dafür verantwortlich sei, dass die von Glasmann angeordnete Chlorierung des Türkheimer Wassers am vergangenen Freitag gestoppt worden ist. Dafür habe es aus seiner Sicht gute Gründe gegeben: Zum einen habe ja nach wie vor die Abkochverordnung gegolten und daher sei auch keineswegs leichtfertig ein Risiko eingegangen worden.
Zum anderen habe er aus langjähriger Berufserfahrung, unter anderem als Leiter eines Wasserwirtschaftsamtes, auch die nötige fachliche Kompetenz, um so eine Entscheidung treffen und verantworten zu können: Für ihn sei es zunächst wichtiger gewesen, die Spurensuche weiter voranzubringen, da auch die betroffene Bevölkerung immer ungeduldiger wurde.
Und bei der Spurensuche sei die Chlorung des Wassers kontraproduktiv: „Wenn gechlort wird, sind alle Keime weg und die Ursache kann nicht mehr entdeckt werden“, so Weirather. Immerhin sei er als Chef des Landratsamtes auch für das Gesundheitsamt zuständig, bei dem es sich lediglich um ein Sachgebiet seiner Behörde handle. Und dessen Chef könne als Mediziner zwar Aussagen zu Fragen der Hygiene treffen, habe aber von einer Strategie zur Bekämpfung der Ursachen „nicht so viel Ahnung“, sagte Weirather.
Erst am Donnerstag sei es dann zur „Nagelprobe“gekommen, und Weirather habe die Losung ausgegeben: Wenn erneut eine Verkeimung auftreten sollte, werde sofort wieder Chlor eingesetzt. Dies sei am Freitag leider der Fall gewesen.
An mehreren Stellen wurden also erneut Verkeimungen festgestellt und dies habe die Marktgemeinde zum sofortigen Handeln gezwungen, bestätigte auch Bürgermeister Kähler. Nun werde es einige Tage dauern, bis sich das Chlor wieder im gesamten Leitungsnetz in Türkheim, Irsingen und Berg verteilt habe.
So lange müsse das Wasser unbedingt weiter abgekocht werden, betont Kähler. In den nächsten Tagen werde man sich dann „erneut zusammensetzen“und sich auch um externen Rat umsehen, um das Problem in den Griff zu bekommen.
Zuletzt gab es auch vonseiten der Marktgemeinde Behauptungen, dass sich bei der Entnahme der Wasserproben Verunreinigungen durch unsachgemäße Handhabung ergeben hätten. Derartige Behauptungen verweist GesundheitsamtsChef Glasmann ins Reich der Spekulation: „Natürlich kann es auch mal vorkommen, dass auf diese Weise eine Probe verunreinigt wird. Doch wenn es wie in Türkheim mehrere verunreinigte Proben gibt, dann ist es nicht sehr wahrscheinlich, dass es sich um menschliches Versagen handelt.“
Zudem handle es sich bei den Mitarbeitern der beauftragten Spezialfirma um ausgebildete Fachkräfte, die entsprechend zertifiziert und qualifiziert seien.
„Diesmal wird es länger dauern.“Türkheims Bürgermeister Christian Kähler auf die Frage, wie lange dem Trinkwasser diesmal Chlor zugegeben werden muss