Mindelheimer Zeitung

Ein Tempel aus verbotenen Büchern

Documenta In Kassel findet gerade eine besondere Kunstausst­ellung statt

- VON GÖRAN GEHLEN

Die Harry-Potter-Bücher mögen viele Kinder und auch Erwachsene. Doch nicht alle Leute denken so. Manche finden: In den Büchern werden gefährlich­e Sachen beschriebe­n. Deshalb haben zum Beispiel Schulen im Land USA mal Harry-PotterBüch­er nicht im Unterricht durchgenom­men. Aus solchen Büchern, die verboten waren oder sogar noch sind, wird in der Stadt Kassel ein Kunstwerk gebaut: Es entsteht ein riesiger Tempel aus Büchern. Er ist für die Kunstausst­ellung Documenta gemacht, die am heutigen Samstag beginnt.

Entworfen hat das riesige Bauwerk eine Künstlerin. Sie will damit protestier­en: gegen das Verbot von Texten. Und gegen die Verfolgung von Menschen, die etwas schreiben, was Regierunge­n von Ländern oder anderen Menschen nicht gefällt. An dem Tempel hilft auch Philippe-André mit. Er ist 27 Jahre alt und Student. Mit anderen Studenten sitzt er in einem Raum voller Bücher. Verlage und Menschen haben die Bücher gespendet. Sie wollen der Kunstausst­ellung helfen. Die Studenten prüfen jede Spende: Denn nur die Bücher dürfen Teil des Kunstwerks werden, die irgendwo auf der Welt verboten waren oder es noch sind.

Philippe-André und die Studenten haben Listen, auf denen Tausende verbotene Bücher stehen. „Es ist schwierig, alle Verbote zu überblicke­n“, sagt Philippe-André. Deshalb wurde das Projekt an der Universitä­t vorbereite­t. „Wir haben in Gruppen erarbeitet, wo welche Titel verboten waren.“Viele Kinderbüch­er sind dabei: etwa „Die Abenteuer des Tom Sawyer“oder „Emil und die Detektive“.

Gründe für Verbote gibt es viele: Mal finden Kirchen die Botschaft eines Buches nicht gut. Mal fürchten Länder, dass ihre Bürger durch das Lesen über die eigene Regierung nachdenken – und sagen: Was die Regierung macht, ist nicht gut!

In die geprüften Bücher drücken die Studenten einen Stempel in der Form des Tempels. Der Stempel zeigt: Das Buch ist gecheckt. Es wird abtranspor­tiert. Mitarbeite­r einer Firma schweißen es in Plastik ein. So kann das Buch nicht nass werden, wenn es regnet. Auf einem großen Platz in Kassel steht der Tempel. Er besteht aus einem riesigen Gerüst, an dem die Bücher hängen.

Tausende Bücher wurden für die Ausstellun­g gespendet. Am Ende der Ausstellun­g will man sie abnehmen und an die Besucher verschenke­n.

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Diese Studenten helfen, dass der Tempel der verbotenen Bücher entstehen kann. Phi lippe André ist der Zweite von links.
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Und so sieht es aus, wenn man ganz nah an den Tempel herangeht.

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