Endlich Ruhe
Funk Auch die Familie Kleinhans aus Markt Wald litt unter einem ständigen Brummton. Nun lässt sie die Strahlung einfach abblitzen
Markt Wald Manche Markt Walder werden Birgit Kleinhans und ihren Mann Rainer wohl für verrückt gehalten haben. 2014 haben die beiden die Fassade ihres Hauses renovieren lassen – und schon zwei Jahre später wieder einen Maler engagiert. Allerdings nicht, weil sie eine neue Farbe wollten, sondern endlich ihre Ruhe.
Denn wie rund 60 weitere Markt Walder litten auch sie unter einem permanenten Brummen, das vor allem nachts wahrnehmbar war und sie regelmäßig um den Schlaf brachte. „Es ist, als wär’s im Ohr drin“, sagt Birgit Kleinhans, die das Geräusch richtig unruhig machte. „Das fühlt sich an, als würden alle Moleküle im Körper hinund herlaufen. Man kann das nicht richtig beschreiben.“
Wie Reinhold Scherle und Stefan Lutzenberger gehen auch sie und ihr Mann zunächst im eigenen Haus auf Ursachensuche, beginnen zu recherchieren und erfahren schließlich zufällig, dass sie nicht die Einzigen sind, denen das Brummen und Surren zunehmend zu schaffen macht. Ihnen fällt auf, dass das Geräusch witterungsabhängig ist – und dass ihr Hund an klaren, kalten Tagen nicht mehr an den Funktürmen vorbeigeht, wo das Brummen deutlich zu hören sei.
„Wir glauben, dass die Luft seit der Einführung des Digitalfunks einfach voll ist von Frequenzen unterschiedlichster Art“, sagt Birgit Kleinhans. Sie kritisiert, dass es keine Grenzwerte gibt, wie viel Strahlung in den Häusern ankommen darf. „Nach all den Studien, die zeigen, was Strahlung bewirkt, müssten solche Grenzwerte meiner Meinung nach dringend her. Die Frage ist nur: Wer legt sie fest und wer haftet, wenn sie überschritten werden?“
Weil sie sich von höherer Stelle keine Hilfe erwarten, werden sie und ihr Mann schließlich selbst aktiv: Während Birgit Kleinhans in einer Klinik ist – und dort seit Monaten erstmals wieder wunderbar schläft – baut ihr Mann zuhause eine Art Käfig aus Hasendraht um das Ehebett, um die Strahlung abzuhalten. „Als ich das gesehen habe, hab’ ich gedacht, ich krieg ’nen Nervenzusammenbruch“, gibt die 44-Jährige lachend zu. Aber der Verschlag hilft: Das Brummen ist zwar nicht weg, aber erträglicher.
Schließlich sucht das Ehepaar einen Baubiologen, der die elektrischen und magnetischen Wechselund Gleichfelder sowie die elektromagnetischen Wellen im Haus misst. Dabei zeigt sich, dass nicht nur die Belastung durch den eigenen Stromkreis extrem hoch ist, sondern auch die durch elektromagnetische Wellen. „Wenn man mit dem Messgerät durchs Haus auf den Funkturm zugegangen ist, sind die Werte gestiegen“, sagt Birgit Kleinhans.
Ein Paravent, der hochfrequente Strahlung abhält, und das Hasengitter ersetzt, leistet – wie das Messgerät und ungestörter Schlaf beweisen – ebenfalls sehr gute Dienste, ist für das Ehepaar aber noch nicht die Lösung. Um auch die drei Kinder zu schützen, entschließt es sich, die zwei Fassaden, die auf den Funkturm gerichtet sind, mit hochfrequenzreflektierender Farbgrundierung streichen zu lassen. Der graphithaltige Anstrich, der wie schwarze Dispersionsfarbe aussieht, muss zweimal aufgetragen und anschließend zweimal mit weißer Farbe überstrichen werden. Doch Birgit Kleinhans ist überzeugt, dass sich die Mühe gelohnt hat: „Schon während des Streichens war spürbar, dass sich was verändert im Haus.“
Alle vier Wände zu streichen, wäre laut Birgit Kleinhans zu viel des Guten: „Das wäre dann wie ein faraday’scher Käfig und die Strahlung im Haus könnte nicht mehr raus.“Sie stammt beispielsweise vom Router, vom W-Lan und von den Handys, die die Familie weiterhin nutzt. Anders als früher schaltet sie die Telefone nachts jedoch aus oder den Flugzeugmodus ein und auch das W-Lan wird nur noch bei Bedarf angeknipst. Die Steckdosen in den Schlafzimmern wurden mit Netzfreischaltern nachgerüstet. Wenn kein Strom verbraucht wird, sind die Leitungen damit stromund spannungsfrei. Weil der Baubiologe im Zimmer des Sohnes außerdem Wellen von Flugzeugradaren nachgewiesen hat, wird die Außenwand seines Zimmers von innen ebenfalls mit Farbe abgeschirmt und der Vorhang mit strahlungsreflektierendem Stoff aufgedoppelt.
Vor den alten Fenstern, die zum Funkturm zeigen, bringen Birgit Kleinhans und ihr Mann feine Edelstahlgitter an, die ebenfalls die Strahlung reflektieren sollen. Bei neueren Modellen ist das in der Regel nicht nötig, weil sie ohnehin mit einer unsichtbaren Metallfolie bedampft sind, die – wie Familie Kleinhans an ihrem neuen Küchenfenster nachgemessen hat – die Strahlung zuverlässig draußen hält. Sie ist im Haus zwar nach wie vor messbar, liegt nun aber nahezu bei Null. „Es macht keinen Sinn, sich da verrückt zu machen“, sagt Birgit Kleinhans. Schließlich sei man der Strahlung ja auch außerhalb der eigenen vier Wände ausgesetzt – in denen nun endlich wieder Ruhe herrscht.