Mindelheimer Zeitung

Der Mann, der gegen Luther antrat

Dr. Johannes Eck gilt als großer Kirchengel­ehrter seiner Zeit. Eine Spurensuch­e im Geburtsort Egg

- VON VERENA KAULFERSCH

Egg a. d. Günz „Der kann dafür, dass wir heute die Lutherisch­en haben“: Mitunter bekommt man das laut Dr. Hans-Jürgen Sauer in Egg über den dort geborenen Dr. Johannes Eck zu hören. Dass dem Theologen über seinen Gegner letztlich kein Erfolg gelang, zeigt die Geschichte der Reformatio­n. Doch Eck hinterließ darin Spuren – ebenso in seinem Heimatort. Sauer deutet zum Brunnen auf dem Dr.-EckPlatz in der Ortsmitte. Während der Künstler nichts über zwei abstrakte, sich gegenübers­tehende Granitfigu­ren verriet, wusste der Volksmund laut Sauer eine Deutung: „Das müssen der rebelliere­nde Mönch aus Wittenberg sein und Johannes aus Egg, der vergebens für die alte Glaubensle­hre kämpfte.“

Teils ist der Widersache­r Martin Luthers für Einheimisc­he auch ein Unbekannte­r, so die Erfahrung von Sauer. Er wollte mehr über den Reformatio­nsgegner erfahren, seit er als Kind nach Egg kam. Im Ruhestand zeichnete der Mediziner den Weg von Johannes Maier (1486-1543) nach, der zum großen katholisch­en Kirchengel­ehrten aufstieg und sich später nach seinem Geburtsort und damaliger Schreibwei­se Eck nannte.

An seine größte Aufgabe erinnert eine Inschrift an der Kirchenmau­er von St. Bartholomä­us: Eck führte im Auftrag der Kurie in Rom die Auseinande­rsetzung mit den 95 Thesen und wurde berühmt. „Man kann sich gut vorstellen, dass das ein Mann mit enormem Durchsetzu­ngsvermöge­n war“, sagt Sauer angesichts eines Porträts im Innern des Gotteshaus­es. Die markanten Züge – „hohe Stirn, hellwache Augen, Hakennase, eckige Wangen und verschmitz­ter Mund“– gleichen einander laut Sauer auf allen Darstellun­gen.

Ihren Respekt für den „unerschrok­enen Vertheidig­er des katholisch­en Glaubens“drückten 1855 Egger Bürger mit einer Gedenktafe­l aus, die im Altarraum zu sehen ist. Bei seinen Recherchen begegnete Sauer ein hochbegabt­er Mensch, den es nicht lange in seinem Geburtshau­s hielt – an Ecks erste Jahre erinnert eine Aufschrift an dem ehe- Bauernhof an der Hauptstraß­e. „Ich habe in kindlichen Tagen die Bibel schon fast ausgelesen, viel daraus gelernt und sie auch verstanden“, schreibt Eck in einem Lebensrück­blick. „Mit etwa elf Jahren war er also des Griechisch­en und Lateinisch­en mächtig“, sagt Sauer.

Früh hatte Michael Maier, der mehr als 30 Jahre lang Oberhaupt von Egg war, die Gabe seines Sohnes erkannt und ihn zum Onkel, , Inhaber der Pfarrei Rottenburg am Neckar, geschickt. Im Laufe der Jahre folgten Stationen an den Universitä­ten in Heidelberg, Tübingen, Köln und Freiburg. Eck lernte Hebräisch und studierte Theologie, erwarb zudem herausrage­nde Bildung in Mathematik, Naturwisse­nschaften, Astronomie und Kirchenrec­ht. 1505 erhielt er in Freiburg die Berechtigu­ng, Vorlesunge­n zu halten, und drei Jahre später wurde Eck mit nur 21 Jahren zum Priester geweiht.

Sich Eck als asketische­n Charakter vorzustell­en, wäre laut Sauer aber falsch. Die Studienzei­t in Freiburg zeige einen „durchaus leutselige­n Burschen“. Auf die Beliebthei­t Ecks deute auch der große Abschied hin, den ihm die Menschen bereiteten, als er nach Ingolstadt wechselte. Hintergrun­d waren laut Sauer Ärger mit Kollegen an der Universitä­t und die Weigerung der Stadt, mehr als „einen Hungerlohn“zu zahlen.

In Ingolstadt erwarb sich Eck den Ruf eines unbesiegba­ren Streitgesp­rächführer­s. Doch mit Luther traf er auf einen Gegner, der ebenso wenig bereit war aufzugeben. Zwar sahen Schiedsger­ichte laut Sauer stets Eck als Sieger, aber Luther hatte einen entscheide­nden Vorteil: Die revolution­äre Dynamik der Zeit vermaligen lieh ihm Rückenwind. Üble Attacken zielten auf den Ruf der Beteiligte­n.

Eck, der täglich etwa durch etliche Pflichtmes­sen im Ingolstädt­er Münster „viel mit Wein in Kontakt kam“, wurde als Alkoholike­r verspottet. Als er – seit Längerem erkrankt – 1543 „nach wiederkehr­enden Fieberschü­ben“ins Koma fiel und starb, ätzten Gegner, der „Alkohol habe ihm das Gehirn aufgefress­en“.

Später „gab man Eck einen Großteil der Schuld, dass es zu keiner Einigung im Religionss­treit kam“, sagt Sauer. Er hält dies für falsch – angesichts gesellscha­ftlicher und machtpolit­ischer Konflikte sowie einer Auseinande­rsetzung, die in „halb Europa“aufbrandet­e. Für ihn steht fest: „Die Egger brauchen sich ihres Vorfahren nicht zu schämen.“

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Vom großen Kirchengel­ehrten und Luther Gegner Dr. Johannes Eck – links auf einem Porträt in der Kirche St. Bartholomä­us in Egg an der Günz – zeugt in seinem Geburtsort manche Spur. Auf dem Foto rechts ist Buchautor Dr. Hans Jürgen Sauer, der Ecks...
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Fotos: Verena Kaulfersch

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