Von Menschenhand zerstörte Pracht
Ausstellung Ruinierte Kunstschätze der Wüstenstadt Palmyra erstehen im Museum für zeitgenössische Kunst in Ottobeuren wieder auf: in Fotos und als Korkmodell
Ottobeuren Der Zerstörung von Kulturgütern ein Zeichen entgegensetzen will die Sonderausstellung „Palmyra“im Museum für zeitgenössische Kunst in Ottobeuren, betont Ausstellungsmacher und Museumsleiter Markus Albrecht. Sie ist parallel zu den beiden Schauen „Santorin“von Diether Kunerth und „Gleichzeitig Zwischenwelten“von Wilhelm Holderied unter dem großen Thema „Mythen – Orte – Signale“im Videoraum noch bis zum 16. Juli zu sehen. Der Kunsthistoriker Dr. Walter Geis hat für „Palmyra“zwei verborgene Schätze gehoben und zusammengeführt: bisher nicht gezeigte Fotografien von Horst Hahn und ein Korkmodell des Baalshamin Tempels von Dieter Cöllen.
Das 1980 zum Unesco-Weltkulturerbe erklärte Palmyra in Syrien hatte im zweiten und dritten Jahrhundert eine Blütezeit. Mit seinen Erläuterungen bei der Eröffnung stellte Geis die kulturellen Wurzeln und die Verbindung von Orient und Okzident heraus – in diesem Fall zwischen Syrien und der römischen Alpenprovinz Raetien. Er verglich mit Palmyra die römische Epoche in Kempten mit den Anlagen des Cambodunum. Die 50 000 Quadratmeter große antike Oasenstadt sei mit Säulenstraßen, Thermen, Theater und Tempelbezirk ungleich prachtvoller gewesen, sagte er.
Eine besonders bittere Brisanz liegt darin, dass diese Kunstschätze zerstört wurden und so nicht mehr bestehen. Horst Hahn konnte die antiken Stätten bei zwei Reisen Anfang der 1990er Jahre noch bestaunen. Seine Fotografien in Schwarzweiß habe er nach dem schlimmen Eingriff des IS (des soge- nannten Islamischen Staats) aus seinem Archiv geholt und für diese Ausstellung aufbereitet, erzählte er.
Das bis ins kleinste überaus detailgetreu ausgearbeitete Modell aus Kork im Zentrum der Sonderausstellung hat der Modellbauer (Phel2015 loplastiker) Dieter Cöllen, wie er sagte, „aus seinem persönlichen Widerstand gegen die Zerstörung“gemacht. Er habe Staaten im Nahen Osten seit den 1970er Jahren besucht und dabei viele Archäologen kennengelernt. Diese hätten ihm nun geholfen, mit Plänen den monumentalen Baalshamin Tempel so genau nachzubauen. Ein Jahr an Recherche und Arbeit steckt in dem Objekt aus portugiesischem Kork. Mit Staunen vernahmen Besucher seine Ausführungen am Modell im Maßstab 1:100. Etwa, dass der prächtige Tempel die Stadt 27 Meter hoch überragt hat.
Palmyra passe zur laufenden Ausstellung „Santorin“, sagte Diether Kunerth. Allerdings sei der Mythos, die Insel Santorin sei das untergegangene Atlantis, naturbedingt entstanden und der Untergang von Palmyra jetzt durch Menschen verursacht worden.
Ergänzt wird die Sonderausstellung mit einem ZDF-Video „Verlorene Welten – zerstörtes Kulturgut im Orient“, in dem das Thema weiter gefasst wird. Schade ist, dass es in der Ausstellung keine aktuellen Ansichten nach der Zerstörung gibt.
Leider gibt es keine aktuellen Ansichten der Zerstörung