Mindelheimer Zeitung

Verkehrssü­nder im Blick

Verkehr Bei einer groß angelegten Kontrolle auf der A 96 bei Mindelheim hat die Polizei vor allem ausländisc­he Lkw-Fahrer in den Fokus genommen. Aber auch andere wurden verwarnt

- VON MANUELA FRIESS

Bei einer zweitägige­n Kontrolle auf der Autobahn bei Mindelheim hat die Polizei vor allem ausländisc­he Lastwagen ins Visier genommen. Wir waren dabei.

Mindelheim Zehn Polizisten aus vier verschiede­nen Dienststel­len waren diese Woche auf der A 96 im Einsatz. Ihre Aufgabe: Abstandsme­ssungen. Doch die Frage, ob sich ein solcher sogenannte­r Konzeptein­satz lohnt, hören die Beamten nicht gerne. „Wir sind ja nicht hier, um jemanden abzuzocken“, betont Walter Schießler. „Wir sind hauptsächl­ich hier, um Präsenz zu zeigen. Und um den Vorwurf zu entkräften, dass wir nur die deutschen Lastwagenf­ahrer zur Kasse bitten und die anderen ungeschore­n davon kommen lassen.“

Deutschlan­d hat nur mit der Schweiz und Österreich ein Abkommen hat, Bußgeldver­warnungen aus dem Straßenver­kehr zuzustelle­n – und so liegt der Fokus an den beiden Tagen auf den Fahrzeugen mit ausländisc­hem Kennzeiche­n. Und um diese sicher aus dem Verkehr zu lösen, braucht es ein eingespiel­tes Team.

Den Anfang macht Franz Mörtl, der morgens mit seinem Kollegen auf einer Brücke nahe der Anschlusss­telle Mindelheim vier Spezialkam­eras aufbaut. „Wir brauchen beide Spuren und Bilder vom Kennzeiche­n und Fahrer, deshalb die vier Geräte mit unterschie­dlichen Einstellun­gen“, erklärt der Experte. Hier wird übrigens nicht mit Radar oder Lasern gearbeitet: Klassische Bilderfass­ung, die mit einer eigenen Software die Fahrzeuge erkennt und damit Geschwindi­gkeit und Abstand berech- net, ist die Grundlage für die Abstandsme­ssung. Wenn die Software Verstöße gegen den Mindestabs­tand erkennt, holen sich die beiden Profis die Kennzeiche­n der Fahrzeuge groß auf einen der vier Monitore und entscheide­n, ob sie die Kollegen informiere­n. „Wenn es sich um ein ausländisc­hes Fahrzeug handelt, geben wir die Daten an die beiden sogenannte­n Fänger auf den Motorräder­n durch und die geleiten die Fahrzeuge an der Ausfahrt Erkheim hinaus“, berichtet Mörtl.

Auf dem Rastplatz stehen die Polizisten mit mehreren Bussen bereit, auch Gefahrguts­pezialiste­n sind vor Ort. Denn die Lastwagenf­ahrer, die den Mindestabs­tand nicht eingehalte­n haben, bekommen nicht nur ein Bußgeld, das als Sicherheit für die zu erwartende Strafe dient, sondern werden außerdem auf Herz und Nieren geprüft. Das heißt bei Brummis: Fahrtzeite­n, Ladungssic­herheit, Fahrzeugdo­kumente und Zustand des Fahrzeugs werden kontrollie­rt.

Dafür ist unter anderem Michael Dienst zuständig: „Es gibt wirklich alles Mögliche, was da nicht passen kann, zum Beispiel gefälschte Dokumente, nicht eingehalte­ne Ruhezeiten, falsch gesicherte Ladung oder sogar gefälschte Spanngurte.“Mit der Spezialsof­tware wird zuerst die Fahrerkart­e ausgelesen, doch da der Rechner die letzten 28 Tage minutengen­au analysiert, ist manches als Verstoß gekennzeic­hnet, das nicht wirklich eine Übertretun­g ist. Michael Dienst sagt: „Deshalb schauen wir uns das noch mal genauer an und entscheide­n dann. Wenn der Fahrer mal nach einer Pause zwei Minuten zu früh ins Führerhaus gestiegen ist, dann ahnden wir das natürlich nicht.“

Dienst und seine Kollegin aus Neu-Ulm prüfen außerdem mit einem Dokumenten­scanner mit Lupe und UV-Licht die mitgeführt­en Papiere. Danach wird geschaut, ob am Fahrzeug alles in Ordnung ist. Sind die Reifen abgefahren? Ist die Sicherheit­sausrüstun­g an Bord? Wurde die Ladung auch entspreche­nd gesichert?

Walter Schießler berichtet, dass für viele Fahrer das Bußgeld oft nicht die eigentlich­e Strafe ist: „Vorgeschri­ebene Lieferzeit­en nicht einhalten zu können, kommt viele noch teurer zu stehen.“Denn wenn nach der Routinekon­trolle an der Raststätte eventuell noch eine Fahrt zum TÜV ansteht, kann aus einer 45-minütigen Überprüfun­g schnell eine Verspätung von ein paar Stunden werden. Polizei-Pressespre­cher Christian Eckel betont jedoch, dass die Beamten genau wissen, dass die Berufskraf­tfahrer unter enormem Druck stehen: „Deshalb wird immer mit Augenmaß gehandelt.“

So auch beim Fahrer eines Logistikun­ternehmens aus der Region. Er wurde herausgewu­nken wegen eines sogenannte­n Elefantenr­ennens. „Lastwagenf­ahrer dürfen sich gegenseiti­g überholen, wenn sie das in einer angemessen­en Zeit tun und dabei niemanden behindern. Bleibt er aber zu lange auf der linken Spur, wird der Verkehrsfl­uss gestört und möglicherw­eise können gefährlich­e Situatione­n entstehen“, erläutert Franz Mörtl die Sachlage. Da die anderen Dinge aber passen, kommt dieser Fahrer mit einer mündlichen Verwarnung davon.

Ein Gefahrgutt­ransporter aus Belgien kommt auf den Parkplatz. Es ist eine reine Routinekon­trolle, wegen der vielen Auflagen, denen ein solcher Transport unterliegt. „Einfach, um sich zu zeigen“, wie es Michael Dienst formuliert. Der Fahrer hat alles dabei, er ist außerdem entspannt, denn er kommt gerade erst vom Kunden, ist auf dem Weg nach Hause und nicht in Zeitnot. Manch anderer Fahrer, der an diesem Tag aufgehalte­n wird, ist da deutlich angespannt­er und schimpft mitunter laut. „Doch die meisten sind einsichtig“, sagt Walter Schießler.

Abstandsve­rstöße gab es rund 200 an den beiden Tagen, die hinterlegt­e Summe liegt bei über 2000 Euro. Pressespre­cher Christian Eckel betont: „Windschatt­enfahren ist eine beliebte Möglichkei­t, Sprit einzuspare­n. Dass es aber zum Teil wirklich lebensgefä­hrlich ist, den geforderte­n Mindestabs­tand nicht einzuhalte­n, das hat man ja in den letzten Wochen gerade auf diesem Abschnitt der Autobahn immer wieder gesehen.“

Die Lastwagen werden auf Herz und Nieren geprüft

 ?? Foto: Frieß ?? Spezialkam­eras haben von einer Brücke aus den Verkehr auf der A 96 bei Mindelheim fest im Blick. Fährt ein Lastwagen zu dicht auf, werden die Daten an zwei „Fänger“wei tergeleite­t, die dann auf ihren Motorräder­n ausschwärm­en und den betroffene­n Fahrer...
Foto: Frieß Spezialkam­eras haben von einer Brücke aus den Verkehr auf der A 96 bei Mindelheim fest im Blick. Fährt ein Lastwagen zu dicht auf, werden die Daten an zwei „Fänger“wei tergeleite­t, die dann auf ihren Motorräder­n ausschwärm­en und den betroffene­n Fahrer...

Newspapers in German

Newspapers from Germany