Mindelheimer Zeitung

Warum Tillerson im Abseits steht

USA Der Außenminis­ter pflegt einen undiplomat­ischen Führungsst­il, meidet die Presse, reist wenig und igelt sich ein. Im Weißen Haus wird er nicht gehört. Bewahrheit­en sich nun die schlimmste­n Befürchtun­gen der Experten?

- VON THOMAS SPANG Foto: Mark Wilson, afp

Washington Eigentlich sei Rex Tillerson ein „ganz vernünftig­er“Mann, verraten Besucher aus Europa, die mit dem Chefdiplom­aten Donald Trumps in Berührung gekommen sind. Der ehemalige Chef des Ölkonzerns ExxonMobil sei nicht besonders gesprächig, aber durchaus sachkundig. Er kenne sich vor allem in Regionen wie dem Nahen Osten und Russland aus, wo er über Jahrzehnte Öl- und Gasgeschäf­te gemacht hatte. Die große Frage sei bloß, für wen der Minister spricht – für sich selbst, für sein Ministeriu­m oder für Donald Trump? „Das macht die Konzeption von Außenpolit­ik in der Trump-Ära ausgesproc­hen schwierig“, räumte kürzlich ein regierungs­naher Außenpolit­iker aus Berlin ein.

Tillerson kann die Frage vermutlich selber nicht beantworte­n. Manchmal sieht es so aus, als verfolge Trump eine ganz andere Politik als Tillerson. Beispiel: Während sich der Außenminis­ter darum bemühte, Spannungen im Golf-Kooperatio­nsrat (GCC) abzubauen, schürte der Präsident diese mit einer Reihe von Tweets. Darin bezog er im Konflikt zwischen Saudi-Arabien und Katar klar Position für das absolutist­ische Königshaus, aus dessen Reich 15 der 19 Attentäter vom 11. September stammen.

Während das Weiße Haus SaudiArabi­en und Ägypten aufstachel­te, eine Liste mit Forderunge­n gegen die Heimat des Fernsehsen­ders

aufzustell­en, ermunterte Tillerson seine alten Freunde in Ka- tar, ihre Positionen zu formuliere­n. Analysten sehen bereits Anzeichen dafür, dass im Weißen Haus Trumps Schwiegers­ohn Jared Kushner und Chefstrate­ge Stephen Bannon Stimmung gegen den Außenminis­ter machen.

Tillerson steht sich mit seinem Führungsst­il im „State Department“allerdings auch selbst im Weg. Sein Verhalten ist alles andere diplomatis­ch. Er verlässt selten sein Büro in der siebten Etage, das einige ergebene Gefolgsleu­te abschirmen. Er ruft den Sachversta­nd in seinem Ministeriu­m nicht ab, sondern droht den Mitarbeite­rn, den Etat um ein Drittel zu kürzen. Die Mehrzahl der Schlüsselp­ositionen im Ministeriu­m sind bislang unbesetzt. Darunter die Ministeria­ldirektore­n-Posten für Südasien (wichtig wegen Pakistan und Afghanista­n), Ostasien (Nordkorea) und Westeuropa. Mehrere Diplomaten vertrauten der an, weil ihnen im Ministeriu­m die Ansprechpa­rtner fehlten, riefen sie in ihrer Not beim Nationalen Sicherheit­srat im Weißen Haus an.

Hinzu kommt ein geradezu feindselig­es Verhältnis zum diplomatis­chen Pressecorp­s, das im Außenals

New York Times

ministeriu­m seine Büros hat. Tillerson lädt nicht zu Hintergrun­dgespräche­n, gibt keine Pressekonf­erenzen, beantworte­t keine Fragen und nimmt auf seinen seltenen Reisen so gut wie keine Reporter mit.

Nicht einmal im Kongress hat er Verbündete. Der republikan­ische Vorsitzend­e im Auswärtige­n Ausschuss, Bob Corker, nannte es „reine Zeitversch­wendung“, sich mit dem Kahlschlag-Haushalt des Ministers überhaupt nur zu befassen. Das Insider-Magazin hatte schon zu Beginn seiner Amtszeit schlimmste Befürchtun­gen für

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