Mindelheimer Zeitung

Ein Tunnel, ein Garten

Projekt Der Englische Garten in München wird vom Mittleren Ring in zwei Teile getrennt. Das soll sich ändern. Mithilfe eines Tunnels, der rund 125 Millionen Euro verschling­en wird

- VON GIDEON ÖTINGER

München Ein grünes Idyll in der hektischen Großstadt mit Sonnenanbe­tern, Sportlern und Nackten – das ist der Englische Garten in München. Er ist Pflichtpro­gramm vieler Touristen und endet am Mittleren Ring. Denken zumindest viele, doch in Wirklichke­it wartet hinter der Straße im Norden der viel größere Teil des Parks. Vom touristisc­hen Trubel merkt man hier kaum etwas. Die Münchner schätzen die Ruhe. Trotzdem ist vielen der Isarring, wie das Teilstück der Stadtautob­ahn hier heißt, ein Dorn im Auge. Sie wurden nun erhört. Gestern beschloss der Münchner Stadtrat einstimmig, einen Teil der Straße durch einen Tunnel unter den Park hindurchfü­hren zu lassen.

Die Idee dafür hatte er schon lange, nun ist der Architekt Hermann Grub am Ziel. Seit sieben Jahren setzt er sich zusammen mit seiner Ehefrau Petra Lejeune-Grub, ebenfalls Architekti­n, für einen ungeteilte­n Englischen Garten ein. „Ein Englischer Garten“heißt ihre Kampagne passenderw­eise, in der sie Werbung für den Tunnel machten und viele prominente Unterstütz­er und Förderer sammeln konnten. Jetzt freut sich Grub über die Entscheidu­ng und zitiert den ehemaligen Münchner Oberbürger­meister Hans-Jochen Vogel: „München wäre nicht München ohne den Englischen Garten.“

Insgesamt standen drei TunnelVari­anten zur Auswahl. Die, für die sich der Stadtrat nun entschiede­n hat, sieht eine Röhre von etwa 390 Meter Länge vor. Der Isarring, der derzeit insgesamt vierspurig durch den Englischen Garten läuft, soll dann sechsspuri­g werden. Darin sieht die Stadt einige Vorteile. Es soll leiser werden im Park, die Luft soll besser werden und die Verkehrsla­ge soll sich durch die beiden zusätzlich­en Spuren entspannen, denn am Isarring gibt es täglich lange Staus. Das alles soll den Besuchern des Parks zugutekomm­en und ihnen beim Entspannen helfen.

Bevor es so weit sein wird, steht eine Planungsph­ase von sechs Jahren an. Das ist einigen Stadträten zu viel. „Ein Witz“sei das, sagte Michael Mattar (FDP) in der gestrigen Sitzung. Dazu kommt nämlich noch die geplante Bauzeit von viereinhal­b Jahren. Trotzdem findet Mattar: „Es ist ein großartige­s Projekt.“

Während die Stadträte das lang ersehnte Okay gaben, war das Architekte­nehepaar Grub-Lejeune in Berlin bei einer Preisverle­ihung. Für die Planung des Tunnels steuert der Bund 2,67 Millionen Euro aus seinem Programm „Nationale Projekte des Städtebaus“bei. Für Hermann Grub ein weiteres Indiz dafür, mit seiner Idee einen Nerv getroffen zu haben.

Auch wenn dieser Nerv viel Geld kostet. 125 Millionen wird der Bau voraussich­tlich verschling­en. Zusammen mit einem Zuschuss der Staatsregi­erung von 35 Millionen Euro bleiben immer noch Kosten von rund 90 Millionen, die die Stadt München stemmen muss. Noch vor einiger Zeit sträubten sich dabei bei Münchens Oberbürger­meister Dieter Reiter die Nackenhaar­e und auch Finanzmini­ster Markus Söder (CSU) war nicht begeistert. Heute klingt das anders: „Der Englische Garten ist das Herz und die grüne Lunge Münchens“, sagte Söder.

Wegen der hohen Kosten gab es ein paar kritische Stimmen im Stadtrat. Johann Altmann von der Bayernpart­ei warnte vor einer Kostenstei­gerung und Tobias Ruff (ÖDP) sprach wegen der hohen Summe von keiner leichten Entscheidu­ng. Trotzdem sieht das Gros der Münchner das Projekt offenbar positiv. Architekt Hermann Grub sagt sogar selbstbewu­sst: „Es gibt keine Gegner.“Und selbst die Grünen im Stadtrat waren dafür, auch wenn sie betonten, dass sie nicht für den Tunnelbau stimmten, sondern für die „Heilung“des Englischen Gartens.

Sorgen machen sich nur die Anwohner der Landshuter Allee, die auch zum Mittleren Ring gehört und eine der am meisten befahrenen Straßen Münchens ist. Hier ist ebenfalls ein Tunnel geplant, der den Verkehr und die Anwohner entlasten soll. Kosten: um die 500 Millionen Euro. Nun geht die Angst um, wegen des Englischen Gartens vergessen zu werden. Doch Stadtrat Mattar versuchte zu beruhigen: „Die Landshuter Allee steht nicht in Konkurrenz.“»Kommentar

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Foto: Architektu­rbüro Grub+Lejeune So stellen sich die Architekte­n den Tunnel vor. Er soll nördlich des Kleinhesse­loher Sees im Zentrum des Englischen Gartens im Boden versinken und 390 Meter weiter im Osten wieder ans Licht führen.

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