So viel Regen fällt nur alle hundert Jahre
Flut Wasserfälle in U-Bahn-Stationen und eine Frau, die im Gully versinkt: Ein Tief versetzt Berlin in den Ausnahmezustand
Berlin Nach den sintflutartigen Regenfällen in Nord- und Ostdeutschland hat sich die Lage am Freitag leicht entspannt. Die Berliner Feuerwehr hob am Nachmittag den Ausnahmezustand auf. Die Auswirkungen des Unwetters waren noch deutlich spürbar, aber der Jahrhundertregen ebbte etwas ab.
Alle U-Bahnen fuhren am Nachmittag wieder, viele Keller waren ausgepumpt. Nach Angaben der Berliner Wasserbetriebe fielen seit Donnerstagmittag in Spandau 153 Liter Regen pro Quadratmeter, in Wilmersdorf 150 Liter, wie Sprecher Stephan Natz sagte. „Durch- schnittlich für Berlin sind rund 580 Liter im Jahr. Es ist also die Menge eines Vierteljahres innerhalb von 18 Stunden gefallen.“Solche Ereignisse wiederholten sich statistisch gesehen nur alle 100 Jahre.
Weder Klärwerke noch unterirdische Speicher hätten die Wassermassen aufnehmen können, Schmutzwasser sei in Berliner Gewässer gelaufen. Das Landesamt für Gesundheit riet vom Schwimmen in Badeseen ab. Die Feuerwehr rückte bis Freitagmittag mit 1400 Helfern zu rund 1750 Einsätzen aus.
Am Flughafen Tegel lief der Betrieb seit dem frühen Freitagmorgen wieder normal. In der Nacht hatten dort noch rund 180 gestrandete Fluggäste übernachtet.
Videos im Internet zeigen die Flut in allen Varianten: Eine Frau versinkt inmitten einer tiefen Regenpfütze bis zur Hüfte im Gully, weil der Deckel weggeschwemmt wurde und das Loch nicht zu sehen war. Wasserfälle stürzen U-Bahn-Treppen hinunter, Stationen schließen, ganze Strecken bleiben gesperrt. Unter den S-Bahn-Brücken an der Yorkstraße, die Kreuzberg und Schöneberg verbindet, nehmen es Berliner Jungs mit Humor. Ein Mann lässt sein Schlauchboot vom Auto durch den Regensee ziehen. Ein anderer krault in der Badehose über die Kreuzung. Es ist eben doch Sommer.
Die Polizei und die Berliner Verkehrsbetriebe versuchen, die Bewohner der Hauptstadt mit Späßen bei Laune zu halten. „Trotz der aktuellen Wetterlage werden wir unseren Fährverkehr nicht auf die Innenstadt ausweiten“, witzeln die Verkehrsbetriebe im Internet.
Bei den Wasserbetrieben sieht Sprecher Natz für den Moment auch etwas Positives: „Die Natur hat den Regen dringend gebraucht. Wir hatten ja Niedrigwasser.“