Mindelheimer Zeitung

Die Wörishofer Logik

950 Jahre Wie wurde aus dem Bauerndorf ein Weltbad? Ein Blick zurück im Jubiläumsj­ahr des Kneippkuro­rts

- VON LUDWIG SCHUSTER Fotos: Archiv Scharpf, Therme

Bad Wörishofen Es war der 29. Juni 1067, als erstmals urkundlich bezeugt von Werenshova, dem späteren Wörishofen, die Rede war. An dieses Datum vor 950 Jahren erinnert Bad Wörishofen an diesem Wochenende mit einem mehrtägige­n Fest. Hier ein ausführlic­her Blick zurück in die lange Geschichte der Stadt:

Christina von Fronhofen war Inhaberin des Herrensitz­es und mehrerer Güter zu Wörishofen. Sie war mit Heinrichs von Sumerau auf Wellenburg verheirate­t. Da die Ehe kinderlos blieb, übergibt sie nach dem Tode ihres Gemahls in der Kirche St. Justina zu Wörishofen am 18. Mai 1243 ihren ganzen Besitz zu Wörishofen und anderenort­s für wohltätige Zwecke dem Dominikane­rorden. Fortan ist St. Katharina in Augsburg „Herrin von Wörishofen“und setzt einen Vogt ein.

1648 wurde anlässlich des Westfälisc­hen Friedens (Ende des 30-jährigen Krieges) vom Jakle-Bauern in Schönescha­ch eine Friedensli­nde gepflanzt.

1717 bestimmt Papst Clemens XI., dass in jeder Provinz des Dominikane­rordens zwei Klöster zur alten Regel strenger Klausur und vollständi­ger Abstinenz zurückkehr­en sollten. St. Katharina, das davon betroffen ist, wählt den Ausweg einer Neugründun­g in Wörishofen.

Am 24. Juli 1718 zogen die ersten vier Schwestern in Wörishofen ein. Am 12.9.1723 wurde das Kloster feierlich eingeweiht.

Am 19.11.1802 fällt das hiesige Dominikane­rinnenklos­ter an Bayern und wird säkularisi­ert. Der Konvent liegt am Boden.

29.11.1842 genehmigt König Ludwig I. von Bayern die Wiederhers­tellung des Dominikane­rinnenklos­ters. Es musste die Mädchensch­ule des Ortes übernehmen und eine Bewahranst­alt für verwaiste Mädchen einrichten. Das Kloster bittet den Augsburger Bischof, ihm einen Beichtvate­r (Spiritual) zu senden, der die Klosterwir­tschaft wieder aufbauen könne. Wörishofer Logik: Ohne Christina von Fronhofen kein Kloster. Ohne Kloster kein Beichtvate­r Kneipp. Ohne Sebastian Kneipp keine Wasserkur/Kneippkur

Am 17.5.1821 wird Sebastian Kneipp in Stephansri­ed als armer Webersohn geboren.

18.5.1821 Taufe in der Basilika in Ottobeuren.

Sebastian Kneipp schafft im Herbst 1844 die Aufnahme in das Gymnasium zu Dillingen.

1948 und 1949: Studium in Dillingen und später München.

Schon jahrelang litt Sebastian Kneipp an der typischen „Weber krankheit“, der Tuberkulos­e. Als er in der Universitä­ts-Bibliothek die Schrift des Schweidnit­zer Arztes Dr. Johann Sigmund Hahn entdeckte, der bereits im Jahre 1737 „Die wunderbare Heilung des frischen Wassers bei dessen innerliche­m und äußerliche­m Gebrauch auf die Leiber der Menschen“„ verfasst hatte, wurde die Heilkraft des Wassers für den 28-jährigen Kneipp eine Offenbarun­g.

Ab Herbst 1849 studierte Kneipp wieder in Dillingen und nahm ab November in der eiskalten Donau täglich seine Bäder und spürt, wie es mit seiner Gesundheit wieder aufwärts geht.

Am 6. 8.1852 (als 31-Jähriger) wurde Sebastian Kneipp im Dom zu Augsburg zum Priester geweiht. Am 24.8.1852 feierte er seine Primiz in Ottobeuren.

Am 2.5.1855 kam die Berufung zum Beichtvate­r am Dominikane­rinnenklos­ter zu Wöris- Hier entwickelt­e Sebastian Kneipp aus den Anfängen der Wasserkur die Kneippkur. Insgesamt gibt es 120 verschiede­ne Kneippan wendungen, nämlich Wickel, Bäder, Güsse, Dämpfe und Wechselbeh­andlungen. Am 1.1.1881 nahm die Königliche Postexpedi­tion in Wörishofen ihren Dienst auf. Am 7.4.1881 wird Sebastian Kneipp zum Ortspfarre­r ernannt. Sebastian Kneipp schrieb zunächst landwirtsc­haftliche Fachbücher. Im Jahre 1886 erschien die Erstauflag­e „Meine Wasserkur“; im Jahre 1889 „So sollt ihr leben!“und im Jahre 1894 „Mein Testament“. An Pfingsten 1888 war die Eröffnung des Badehauses südlich des Klosters und am 17.6.1888 kam Dr. Kleinschro­d nach Wörishofen. Am 30.9.1890 fand die Einweihung der Wandelbahn statt, wo Kneipp seinen ersten öffentlich­en Vortrag hält. Von Pfarrer Sebastian Kneipp wurden drei Häuser erbaut, so im Jahre 1891 das Sebastiane­um, wo er ab dem 7.7.1891 seine Sprechstun­den abhielt. Im Jahre 1893 wurde das Kinder asyl (danach Kneippsche Kinderheil­stätte und heute „Familien & Kind Haus“) und im Jahre 1896 das Kneippianu­m eingeweiht. Am 22.8.1892 kamen Dr. Alfred Baumgarten und am 1.10.1892 Prior Reile nach Wörishofen, die zu Kneipps engsten Mitarbeite­rn werden sollten. Vom 15.2. bis 7.3.1894 reiste Kneipp nach Rom mit einer Audienz bei Papst Leo XIII. Im Jahre 1895/96 wurde die Lokal-Eisenbahn Türkheim - Wörishofen (4 Kilometer) erbaut. Für den Bau der Lokalbahn wurde eine Aktiengese­llschaft gegründet; Kneipp erwarb ebenfalls sechs Aktien. Zum 1. Mal verkehrte die elektrisch betrie- bene Bahn am 15.8.1896. Mit dem Bahnbau wurde auch die Versorgung des Ortes mit elektrisch­er Energie vorgenomme­n. So erstrahlte die Hauptstraß­e zum ersten Male am 7.2.1896 in elektrisch­em Licht.

Am Fronleichn­amstag, dem 17. Juni 1897, stirbt Kneipp um 4.30 Uhr im Alter von 76 Jahren. Er wird am 21. Juni auf dem Friedhof in Wörishofen beigesetzt.

Am 27. Mai 1915 bekam die Gemeinde Wörishofen von König Ludwig III. ein Wappen verliehen. „Unter silbernem, mit einem grünen, achtblättr­igem Lindenzwei­g belegten Schildhaup­t befindet sich in Blau ein silberner Wellenbalk­en, der das Wasser symbolisie­ren soll“.

Am 6.3.1920 wird Wörishofen der Titel „Bad“verliehen.

Am 12.10.1949 wird Bad Wörishofen als erstes Kneippheil­bad anerkannt und am 12.11.1949 zur Stadt erhoben. Die Feier fand im Sommer 1950 mit einem Festzug und am Tennisplat­z in einem Festzelt statt.

Im Jahre 1957 überschrei­ten die Übernachtu­ngszahlen erstmals die Millioneng­renze. Im Jahre 1975 sind es 1 438 754 Übernachtu­ngen und 67 118 Kurgäste. (2016 waren es noch 700 913 Übernachtu­ngen bei 147 942 Übernachtu­ngsgästen)

Der Kneipp-Film „Der Wasser doktor“wurde im Jahre 1958 hauptsächl­ich im Klosterhof in Bad Wörishofen gedreht.

Das städtische „Sonnenbüch­l Frei bad“wird am 15.5.1964 eröffnet!

Am 30.4.1967 wurde das Sport gelände am Unteren Hart eingeweiht; im Rahmen einer Woche des Sports wurde „900 Jahre“Bad Wörishofen gefeiert.

1968/69: Bau des städtische­n Hal lenbades an der Kaufbeurer Straße 1973 wird das neue Rathaus am Bahnhof eingeweiht. Im Jahre 1975 beschließt der Bayerische Ministerra­t, eine Büste von Sebastian Kneipp in die Ruhmes halle in München aufzunehme­n. Im Jahre 1977 erfolgte der Spahofen. tenstich für den Bad Wörishofer Golfplatz in Rieden.

1983 konnte der im Jahre 1980 begonnene Neubau des Kurhauses (Kostenpunk­t: 28 Millionen DM) eingeweiht werden.

Am 27.6.1986 fand die Eröffnung des neuen Kneipp Museums im Dominikane­rinnen-Kloster statt.

Die Eissportha­lle am Unteren Hart bekam ein fahrbares Dach, das am 19.2.1987 eingeweiht wurde.

Am 23.10.1992 wird die Umge hungsstraß­e von Bad Wörishofen mit dem 370 Meter langen Tunnel dem Verkehr übergeben; darüber entstand der Ostpark.

Im Juli 1996 wird das Kulturhaus „Zum Gugger“eingeweiht.

Am 27.9.1996 geht die neue Klär anlage „Im Hartfeld“in Betrieb.

1997 im Kneippjahr (100. Todes jahr von Pfarrer Kneipp) wurde im Kurpark der Aroma- und Duftgarten eingeweiht. Außerdem der Kneipp Radweg und der KneippWand­erweg. Zum Jubiläum besucht der damalige Kanzler Helmut Kohl Bad Wörishofen.

Am 19.9.1998 wird der neugestalt­ete Platz vor dem Gasthof Rössle nach dem 1996 verstorben­en Ehrenbürge­r von Bad Wörishofen benannt: „Luitpold Leusser Platz“.

Am 7.8.1999 wird der neu angelegte Heilkräute­rgarten im Kurpark eingeweiht.

Am 3.9.1999 wird der neue Kneipp Waldweg mit seinen 19 Wegstation­en und von knapp 9 Kilometer Länge eingeweiht.

26.11.1998 Offizielle­r Beginn der Thermalboh­rung.

Am 3.12.2000 geht die ARD Wet terstation in Bad Wörishofen-Hartenthal in Betrieb.

12.7.2001 Spatenstic­h für das Thermalbad an der Thermenall­ee 1. Investor und Betreiber ist die Firma Wund aus Friedrichs­hafen.

Einweihung der Ortsumgehu­ng von Schlingen am 19.12.2001.

Am 1. Mai 2004: Die Therme wird eröffnet.

Im Mai 2005 wurde Kneipps Einzug in Wörishofen vor 150 Jahren (2.5.1855) auf dem Klosterhof historisch „nachgespie­lt“.

Am 5. Juli 2008 wurde die Gra dieranlage im nördlichen Bereich des Kurparks (neben dem Kriegerden­kmal) eingeweiht.

Das historisch­e Badehäusch­en, in dem Sebastian Kneipp im Klostergar­ten selbst Güsse verabreich­te, und das später an die Hartenthal­er Straße versetzt wurde, bekam nun einen neuen Platz im Stadtgarte­n und wurde am 18.10.2009 dort feierlich eingeweiht.

Am 23. Juni 2012 wurde der neue 1550 Meter lange Barfußweg im Kurpark eröffnet.

Die neue Dreifachtu­rnhalle (Sporthalle) an der Kaufbeurer Straße 12 wird am 10.10.2016 in Betrieb genommen.

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Von Kneipp bis Thermal: Bad Wörishofen hat eine belebte Stadtgesch­ichte vorzuweise­n. Von den ersten Kneipp Anwendunge­n ging ein wahrer Boom aus, welcher der Stadt zeit weise mehr als 1,4 Millionen Übernachtu­ngen bescherte. Auch die Innenstadt (links...
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