Was Reise Stornierungen kosten dürfen Reiseanbieter müssen Kosten genau aufschlüsseln
Urteil Der Europäische Gerichtshof hat entschieden: Fluglinien können Kosten an Kunden weitergeben – aber nicht alle. Worauf es ankommt und was bei Bus und Bahn gilt
Augsburg Loslassen und Abstand nehmen vom Alltag: Millionen Deutsche starten dieser Tage in die Ferien – mit dem Flieger, mit der Bahn, dem Fernbus oder dem eigenen Auto. Doch was ist, wenn etwas in letzter Sekunde dazwischenkommt? Seien es die Windpocken der Kinder, berufliche Termine oder sonstiges Ungemach. Das Risiko, den Urlaub kurzfristig stornieren zu müssen, bleibt bis zuletzt.
Urlauber bekommen bei Stornierungen nicht alles zurück. Am Donnerstag hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg ein Grundsatzurteil zu Gebühren und Bedingungen bei Rückerstattungen gefällt – und dabei die Rechte von Verbrauchern gestärkt (Az. C-290/16). Hier die wichtigsten Fragen und Antworten:
Was dürfen Fluglinien Passagieren in Rechnung stellen und was nicht?
Die Luxemburger Richter haben entschieden, dass Kunden von Fluggesellschaften sich nicht mit versteckten Gebühren abfinden müssen. Fluglinien sind demnach verpflichtet, die ihren Kunden berechneten Steuern, Flughafengebühren und Zuschläge gesondert im Flugpreis auszuweisen. Das ist wichtig, weil Kunden zumindest diese Zusatzkosten nach einem nicht angetretenen Flug zum Teil zurückverlangen können.
Worum ging es im Rechtsstreit?
Anlass des EuGH-Urteils war eine Klage des Bundesverbands der Verbraucherzentrale gegen Air Berlin. Die Verbraucherschützer monierten, dass die Fluglinie eine Bearbeitungsgebühr von 25 Euro erhebt, wenn ein Passagier einen Spartarif- storniert oder nicht antritt. Zudem kritisierten sie, dass Steuern, Gebühren und Zuschläge nicht genau genug aufgeschlüsselt wurden. Bei Probebuchungen im Jahr 2010 seien diese Zusatzkosten zu niedrig angegeben worden, heißt es in Gerichtsakten.
Der mit der Sache betraute Bundesgerichtshof hatte den Luxemburger EU-Richtern zwei Rechtsfragen zur Klärung vorgelegt. Aus Sicht des BGH darf nach deutschem Recht keine Bearbeitungsgebühr wie bei Air Berlin verlangt werden, weil sie Verbraucher einseitig benachteiligen würde. Die Karlsruher Richter fragten, ob das deutsche Recht in dem Punkt mit EU-Recht vereinbar ist. Der EuGH stimmte der Sicht der deutschen Richter zu. Zudem bestätigte er, dass Fluglinien den Anteil der Zusatzkosten am Flugpreis aufschlüsseln müssen.
Welche Bedeutung hat das Urteil?
Die Maßgaben des EuGH gelten in der gesamten EU. Der deutsche Einzelfall wird auf dieser Grundlage vom Bundesgerichtshof entschieden. Die Verbraucherzentrale begrüßte das Urteil. „Wir freuen uns wirklich darüber, dass es die Verbraucher künftig bei Stornierungen leichter haben werden, an ihr Geld zu kommen“, sagte ihre Expertin Kerstin Hoppe.
Was gilt bei Reisen mit dem Fernbus und mit der Bahn?
Die Entscheidung des EuGH ist aus Sicht des Reiseexperten Oliver Butt- ler von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg richtungsweisend für alle anderen Verkehrsmittel. Allerdings sind Gebühren und Pauschalen nirgendwo so hoch wie bei Flugreisen. Dort fallen die Flughafengebühren ins Gewicht, die Reisende bei Stornierungen erstattet bekommen können. Denn diese fallen für die Anbieter nur an, wenn ein Kunde die Reise tatsächlich antritt.
Gibt es auch bei Bus- und Bahnreisen Ärger mit unzureichenden Preisangaben?
Bei Busreisen kommt es laut Verbraucherrechtler Oliver Buttler vor, dass bei Buchungen nicht von Anfang an klar ist, wie viel Kunden bezahlen müssen. Auch werden dort nicht immer alle Gebühren und mögliche Zuschläge genau aufgeschlüsselt. Beschwerden gibt es dennoch selten. Vermutlich, weil Busreisen so günstig sind, dass Verbraucher sich nicht über die Fehler beschweren. Schließlich können Reisende für wenig Geld mit dem Bus durch ganz Deutschland fahren. Verbraucherschützer sehen derzeit bei Bahnreisen keine Probleme mit der unzureichenden Aufschlüsselung von Preisangaben.
Welche Kosten dürfen Anbieter bei einer Stornierung einbehalten?
Stornokosten bei Pauschalreisen sind prinzipiell zulässig – und sie dürfen steigen, je näher der Reiseantritt rückt. Letztlich ist die Frage entscheidend, ob der Anbieter den Platz im Flugzeug oder im Bus noch mit einem anderen Passagier besetzen kann. Verbraucherschützer Oliver Buttler sagt aber: „Wenn ich storniere, kann der Anbieter nicht ohne Weiteres prozentual StornogeFlug bühren einbehalten.“Stattdessen müssen die Gesellschaften genau nachweisen, auf welchen Kosten sie sitzen bleiben. Daher sollten Kunden Auskunft verlangen, ob der Sitzplatz anderweitig vergeben wurde. Eine zusätzliche Gebühr des Reiseanbieters für die Stornierung ist in jedem Fall unzulässig.
Worauf sollten Verbraucher achten?
Manche Tickets sind stornofähig, andere nicht. Das gilt zum Beispiel bei der Bahn. Verbraucher sollten also im Blick behalten, ob sie Fahrkarten überhaupt stornieren können. Zudem gilt meist: je früher, desto billiger. Denn die Kosten steigen, je näher die Reise rückt.
Welche Ansprüche haben Verbraucher?
Auch Kunden mit einem Spartarif können Geld von der Airline zurückverlangen, wenn sie den Flug etwa aus gesundheitlichen Gründen ausfallen lassen müssen. In jedem Fall steht ihnen die Rückerstattung der Steuern und Flughafengebühren sowie der Kosten für Kerosin und für das Essen an Bord zu. Denn das sind Kosten, die der Airline nicht entstehen, wenn ein Passagier nicht fliegt. Um die Nebenkosten einfordern zu können, müssen sie aber exakt aufgeschlüsselt sein. Oliver Buttler von der Verbraucherzentrale empfiehlt nicht nur bei Flugreisen einen Blick in den Reisevertrag. Darin muss genau aufgeschlüsselt sein, für welche Leistung welche Kosten anfallen. Wichtig ist außerdem: Die Preisauszeichnung muss vor der Buchung korrekt sein. Manchmal werden Gebühren erst nach dem Ende des Buchungsvorgangs angezeigt.