Den Hausherren bleibt nur das Lob
Fußball Bei weiß-blauem Himmel und vollen Rängen entführt der TSV 1860 München die Punkte aus Memmingen
Memmingen Es gibt Ereignisse, die sind wie maßgeschneidert für einen Eintrag in die Vereinschronik, Marke Ewigkeitscharakter. Am Donnerstagabend war für den FC Memmingen so ein Termin: Offizielles Auftaktspiel der Regionalliga Bayern gegen den TSV 1860 München, flankiert mit reichlich Prominenz aus Sport, Politik und Wirtschaft, ausverkauftes Stadion, tolles Rahmenprogramm, Liveübertragung im Fernsehen. Alleine das Ergebnis sorgte für Ernüchterung bei den Allgäuern: Der Favorit aus der Landeshauptstadt behielt vor 5000 Zuschauern mit 4:1 die Oberhand.
Der FCM weiß längst, wie man große Spiele inszeniert. Mit schmissiger Blasmusik der Schönegger Almmusikanten, mit Heißluftballons, mit Kurzinterviews auf dem Spielfeld, mit der Bayernhymne oder einer Fußballshow. Da geriet nicht nur Verbandsspielleiter Josef Janker ins Schwärmen, sondern auch jener Stadiongast mit der mutmaßlich weitesten Anreise – der italienische Sportreporter-Kollege Roberto, der eigens aus Mailand anreiste, um eine Löwen-Reportage für das Internetportal Mundofutbol zu schreiben: „Tolle Atmosphäre, ich bin tief beeindruckt.“
Beeindruckt dürfte er auch vom offenen Schlagabtausch gewesen sein, den sich beide Teams von der ersten Minute an lieferten. FCMTrainer Stefan Anderl war am Tag zuvor 52 Jahre alt geworden und von seiner Frau mit Eintrittskarten für ein Outdoor Film Festival beschenkt worden (Sarah AnderlStraub: „Er war aber ausschließlich auf dieses Spiel fokussiert.“). Seine Spieler allerdings wollten sich zunächst an einer Präsentübergabe nicht beteiligen – und gerieten nach elf Minuten durch Christian Köppel mit 0:1 in Rückstand. „Schon bei diesem Treffer hat man die hohe Qualität der Löwen erkannt“, sagte Anderl. Die Hausherren fanden nach einer halben Stunde wieder jenen Faden, den sie vorübergehend verloren hatten. Im Abschluss aber waren sie wenig erfolgreich. Anderl: „Natürlich schmerzt der Abgang unseres letztjährigen Torjägers Stefan Schimmer.“Selbst eine intensive Ansprache des Trainers in der Pause konnte nicht mehr die sportliche Wende herbeiführen, „weil die Löwen einfach eiskalt ihre Torchancen ausgenützt haben“, wie Mittelfeldspieler Branko Nikolic lobte.
Nach 50, 72 und 91 Minuten durften die Sechziger erneut jubeln – nach Treffern von Nico Karger und dem Ex-Memminger Timo Gebhart. Der sprach nach der Partie von einem besonderen Gefühl, das ihn beim Einlaufen aufs Spielfeld überkommen habe. „Hier habe ich viele Jahre verbracht und noch immer viele Freunde“, sagte er. Aller- dings habe er den Wunsch für einige Bekannte nach Eintrittskarten nicht erfüllen können. Zu schnell war die Memminger Arena mit 5000 Besuchern ausverkauft.
Auch der FC Memmingen ging am Ende leer aus. Statt Punkten blieben den Unterallgäuern lediglich der Ehrentreffer durch Fabian Krogler (85.) und das Lob der bayerischen Verbandsspitze für eine tolle Organisation. Löwen-Trainer Daniel Bierofka hatte derweil noch ein Sonderlob für Gebhart parat: „Er hat seinen Part sehr gut erfüllt. Er ist ein guter Typ. Jeder macht mal Fehler. Das ist vorbei. Er will Verantwortung übernehmen und das ist gut so.“
Gut war es auch, wie sich die Fans verhalten haben. Allen voran die der Löwen: Sowohl die Anreise in das Stadion als auch die Abreise der Fans verliefen nach Angaben der Polizei störungsfrei. Neben Kräften der Bereitschaftspolizei aus Dachau waren das dortig ansässige Unterstützungskommando, Pferde der Reiterstaffel aus München, Diensthunde, umfangreiche Kräfte der Polizeiinspektion Memmingen sowie ein Polizeihubschrauber im Einsatz. Der Einsatzleiter der Polizeiinspektion Memmingen, Polizeioberrat Eberhard Bethke, sprach gegenüber den Gästen aus München „ein großes Lob für das friedliche Verhalten und die gute Stimmung, welche die Sechziger-Fans im Stadion verbreitet haben“aus und zeigte sich mit dem Einsatzverlauf sehr zufrieden.
Zufrieden waren auch die hochrangigen Sportfunktionäre auf der Tribüne. „Schöner kann man sich ein Fußballspiel nicht vorstellen“, schwärmte etwa DOSB-Präsident Alfons Hörmann aus Sulzberg, der extra für das Spiel von einer Sportministerkonferenz aus Saarbrücken per Zug anreiste. In letzter Minute kam aus Frankfurt über den Flughafen München auch DFB-Vize- und BFV-Präsident Rainer Koch: „Das ist ein grandioser Einstieg in die Saison. So ein Topspiel hat sich der FCM zum 110. Geburtstag redlich verdient.“