Politik mit Gummibooten
Wie ratlos die Europäische Union den mächtigen Schlepperbanden gegenübersteht, die zehntausende von Menschen übers Mittelmeer schicken, zeigt ihr jüngster Beschluss: Der Export von Schlauchbooten nach Libyen ist künftig strengstens verboten. Doch das Gummiboot-Embargo ist weltfremd und völlig nutzlos. Kenner der Lage wissen, dass die Flüchtlingsboote entweder in kleinen Werkstätten in Libyen aus billiger Kunststoff-Meterware zusammengeklebt werden oder aus fernöstlicher Produktion stammen.
Die Boote sind längst nicht mehr dafür ausgelegt, es übers Mittelmeer zu schaffen. Viele haben kaum Benzin an Bord, manche sind noch nicht einmal motorisiert. Denn das Geschäftsmodell der Schlepperbanden beruht darauf, dass die Flüchtlinge von Rettungsschiffen internationaler Hilfsorganisationen aufgenommen werden, sobald sie die libyschen Hoheitsgewässer verlassen haben, und anschließend weiter nach Italien gebracht werden. Das ist ein unhaltbarer Zustand, der die EU zu spalten droht.
Dabei ist längst klar, nach welchen grundsätzlichen Leitlinien das Dilemma überwunden werden könnte: Niemand darf im Mittelmeer ertrinken. Gerettete werden auf afrikanischen Boden zurückgebracht. Die EU nutzt all ihre Verhandlungsmacht, um die nordafrikanischen Staaten zur Kooperation zu bewegen, und unterstützt diese bei Unterbringung und Versorgung der Bootsflüchtlinge.
Das sind die Hausaufgaben, die die EU jetzt zu erledigen hat. Stattdessen denkt sie sich sinnlose Maßnahmen wie ein Schlauchboot-Embargo aus. Die Menschenschmuggler in Libyen werden mächtig beeindruckt sein.