Mindelheimer Zeitung

Herzlichen Glückwunsc­h, lieber Landkreis!

Geburtstag Vor 45 Jahren wurde das Unterallgä­u gegründet, das damals allerdings noch nicht so hieß. Dass es seither mit drei Landräten auskam, ist eine Besonderhe­it. Und wissen Sie eigentlich, wie der Landkreis zu seinem Namen kam?

- VON HARRY KLOFAT UND SANDRA BAUMBERGER Foto: Hartmann

Mindelheim Wenn das kein Grund zum Feiern ist: Der Landkreis Unterallgä­u wird heuer 45 Jahre alt. Bemerkensw­ert ist dabei jedoch weniger die Zahl – 45 ist in der heutigen Zeit ja kein Alter mehr – sondern vor allem die Tatsache, dass heute wohl den meisten auch tatsächlic­h zum Feiern zumute ist. Denn bei der Geburt 1972, als aus den ehemaligen Kreisen Memmingen und Mindelheim sowie Teilgebiet­en der Kreise Kaufbeuren, Krumbach und Illertisse­n im Zuge der Gebietsref­orm ein neuer Landkreis entstehen sollte, sah das noch ein wenig anders aus.

„Kleinkarie­rte Lösung, kein Ausweg“, schrieb damals die Memminger

Zeitung und die Mindelheim­er Zeitung titelte sogar: „Das Schicksal ruft Mindelheim“. Es ging um die Frage, wo denn nun die Wiege, das Landratsam­t des neuen Kreises, stehen sollte: in Mindelheim oder in Memmingen? Erst als sich der damalige bayerische Innenminis­ter Bruno Merk klar äußerte – „ich betrachte Mindelheim als Kreissitz“–, war die Debatte beendet und am 1. Juli 1972 entstand die neue, noch namenlose Gebietskör­perschaft.

Denn wie sicher alle Eltern wissen, ist so ein Name gar nicht so leicht zu finden. Immerhin sollte er im Falle des Landkreise­s alle in ihm zusammenge­schlossene­n Gebiete miteinande­r verbinden und idealerwei­se auch einen Bezug zum Allgäu herstellen. Nachdem Vorschläge wie „Vorderallg­äu“, „Sieben-Schwaben-Kreis“oder „Kneipps Heimat“ins Gespräch gebracht und wieder verworfen worden waren, entschied sich der Kreistag am 7. November 1972 für „Unterallgä­u“. Er steht seither über den 52 Gemeinden des Landkreise­s und passte außerdem gut zu den damals ebenfalls neuen Nachbarlan­dkreisen Ost- und Oberallgäu. Die Taufurkund­e ließ allerdings ein wenig auf sich warten: Der Name wurde erst mit einem Schreiben des bayerische­n Innenminis­teriums vom 1. Mai 1973 offiziell bestätigt.

Nach der schwierige­n Geburt entwickelt­e sich das Kind prächtig. Dass das Unterallgä­u heute zu den wirtschaft­lich attraktivs­ten Regionen in ganz Deutschlan­d zählt, dass hier Vollbeschä­ftigung herrscht und Umfragen die hohe Zufriedenh­eit der Bürger bestätigen, hängt gewiss auch der politische­n Kontinuitä­t zusammen. Nur drei Landräte hat es hier in 45 Jahren gegeben, das dürfte rekordverd­ächtig sein.

Von 1972 bis 1978 war es die Aufgabe von Landrat Otto Weikmann, Ressentime­nts zu überwinden und den Bürgern die veränderte­n Strukturen zu vermitteln. „Die Verwaltung muss auf die neuen Verhältnis­se eingestell­t werden, ohne dass für den einzelnen Bürger Nachteile entstehen“, formuliert­e er. Sein heutiger Amtsnachfo­lger Hans-Joa- Weirather würdigt ihn als „kompetente­n Geburtshel­fer für den neu gegründete­n Landkreis Unterallgä­u“. Weikmann habe mit viel Feingefühl und Engagement die Verwaltung­sund Gebietsref­orm begleimit tet. Besonders habe ihm das Thema Bildung am Herzen gelegen, sagt Weirather und erinnert an die Schulen – unter anderem das Gymnasium und die Realschule in Ottobeuren, das Gymnasium Türkheim, die Realschule Babenhause­n und Berufsund Wirtschaft­sschule Bad Wörishofen, die in Weikmanns Amtszeit gebaut wurden. „Die Schulen wurden damals mit Weitsicht und großzügig geplant – qualitativ werthaltig“, so Weirather, der Weikmanns Arbeit gewisserma­ßen fortchim führt: Seit 2011 flossen mehr als 60 Millionen Euro in die Sanierung und Erweiterun­g der kreiseigen­en Schulen, um sie den aktuellen Anforderun­gen anzupassen.

Richtungsw­eisend waren die Jahre von 1978 bis 2006, in denen Hermann Haisch als Landrat die Weichen stellte, um den fast ausschließ­lich landwirtsc­haftlich geprägten Kreis zu einer modernen Produktion­sund Dienstleis­tungsregio­n zu entwickeln. Dabei gelang ihm, dem gelernten Tierarzt, der Spagat, die bäuerliche­n Strukturen mit den Interessen von Wirtschaft und Tourismus in Einklang zu bringen.

Viele wichtige Entscheidu­ngen fielen in Haischs Amtszeit. Er trug etwa maßgeblich dazu bei, dass die Autobahn A 96 letztlich durchs Unterallgä­u führte und nicht am Alpenrand entlang. „Eine knifflige Herausford­erung für Dr. Hermann Haisch war auch die Lösung der Krankenhau­sprobleme“, sagt sein Nachfolger Weirather. Haisch habe die Bedarfspla­nung wesentlich verbessert. „Für das Kreiskrank­enhaus in Ottobeuren wurden in seiner Amtszeit ein neuer Bettentrak­t und ein neuer Funktionst­rakt gebaut, das Kreiskrank­enhaus in Mindelheim wurde erweitert und saniert.“Daneben hätten Haisch die Senioren am Herzen gelegen: „In seiner Ära entstanden unsere drei Kreis-Seniorenwo­hnheime in Türkheim, Bad Wörishofen und Babenhause­n“, erinnert Weirather. Er selbst steht seit elf Jahren an der Spitze des Landkreise­s, der sich – wie unter seinen Vorgängern – weiterhin prächtig entwickelt: Die wirtschaft­lichen Daten sind hervorrage­nd, die Einwohnerz­ahl steigt und auch finanziell steht der Landkreis gut da. Alles Gute zum Geburtstag darf man ihm freilich trotzdem wünschen.

 ??  ?? Manch einem mag diese Postkarten­idylle kitschig erscheinen: grüne Wiesen, gepflegte Häuser und die Kirche im Dorf. Aber was will man tun, wenn es – wie in weiten Teilen des Unterallgä­us (wie hier in Mindelau) – der Realität entspricht?
Manch einem mag diese Postkarten­idylle kitschig erscheinen: grüne Wiesen, gepflegte Häuser und die Kirche im Dorf. Aber was will man tun, wenn es – wie in weiten Teilen des Unterallgä­us (wie hier in Mindelau) – der Realität entspricht?
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O. Weikmann
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H. J. Weirather
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H. Haisch

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