Mindelheimer Zeitung

Die Frage der Woche Soll Charles noch König werden?

- STEFANIE WIRSCHING LEA THIES

Ach, die Menschen sind so leicht zu gewinnen. Hat jemand ein Strahlegri­nsen, kann gut winken und zieht ab und zu seinen properen Nachwuchs an der Hand umher so wie derzeit Prinz William, schon würden sie ihm ein ganzes Königreich schenken. Und dafür den schrägen Alten einfach beiseitesc­hubsen. Also eben Typen wie Prinz Charles. Der Mann schreibt krude Briefe an Politiker, wettert gegen moderne Architektu­r, verkauft trockene Biokekse in alle Welt und angeblich köpft er auch noch jeden Morgen acht Eier und verspeist nur das schönste. Soll so einer wirklich auf dem Thron sitzen, wenn es doch den smarten Sohn im Angebot gibt? Of course! Nach über 60 Jahren erscheint es zwar unwahrsche­inlicher denn je, dass die Queen jemals die Position räumen wird, aber die Briten sollten sich ruhig schon mal auf Charlie freuen. Wenn schon Monarchie, dann doch bitte nicht so bieder. Dafür vielleicht einen Außenminis­ter, der etwas honoriger auftritt. Als König wäre Charles ein Charakterd­arsteller, eine Mischung aus Woody Allen und Daniel Craig, irrer Typ, gestählt in all den Jahren unter dem Regiment von M(ajesty). Kein Winkebubi, sondern einer, der selbst neben Camilla so wirkt, als habe er die Hosen an, aber auch super souverän im Rock aussieht. Vielleicht sogar einer, gegen den man eine klitzeklei­ne Revolution anzetteln könnte, zum Beispiel, wenn er ganz Wales von seinen Bioschafen abgrasen lassen würde. Jedenfalls: Wäre die Queen nicht so wahnsinnig queenesque, vielleicht hätten die Briten sich dann nicht mit diesem blödsinnig­en Brexit aus der elisabethi­anischen Ödnis befreit. Der Untertan hat Recht auch auf Unterhaltu­ng. Ein Königreich daher für Charles! Seit 30 Jahren trägt er den gleichen Mantel! Wenn einer das königliche Recht haben soll, Salpeter zu schürfen, dann er!

Herrje, die Royals! Die Nachrichte­n, die man aus England mitbekommt, lassen einen ja des Öfteren denken: Monarchie sinnlos, ganz abschaffen! Sogar die Briten scherzen unter der Hand über ihre „teuersten Sozialhilf­eempfänger“, obwohl es sich offiziell natürlich nicht gehört, Negatives über die königliche Familie zu sagen. Zugegeben, einen gewissen Spaßfaktor hat das ganze „Geroyal“dann ja irgendwie schon, wenn man mal wieder beim Zahnarzt sitzt, es mal wieder etwas länger dauert und einen die Klatschmag­azine im Wartezimme­r schier zurufen „lies mich“. Ohne die Royals wäre diese Lektüre wohl nur halb so lustig. Das liegt natürlich auch an Charles und Camilla, ihrer Liebesgesc­hichte und dem ganzen Drumherum. Vermutlich sind die beiden sehr nette Menschen, möglicherw­eise auch sehr interessan­te Zeitgenoss­en, mit denen man sich gut und gerne ein paar Stündchen unterhalte­n möchte. Aber die beiden als König und Königin von Großbritan­nien? Als Oberhaupt von weltweit 16 Ländern und der Church of England? Bitte nicht! Dafür gab es in der Vergangenh­eit zu viele unschöne Details aus dem Leben der beiden, die nicht gerade königlich sind. Natürlich macht das Charles und Camilla auch menschlich – aber ein Königspaar sollte auch als Vorbild und moralische Instanz fungieren. Und als dieses taugen die beiden leider nicht. Von daher sollten C&C lieber Platz für W&K machen, auf den Thron verzichten und sich einfach ihren Hobbys widmen. William und Kate sind die größeren Sympathiet­räger. In einer konstituti­onellen Monarchie hat der König nun einmal die Hauptaufga­be zu repräsenti­eren – und das können W&K einfach besser, wie man diese Woche übrigens mal wieder beim Besuch in Deutschlan­d sehen konnte.

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