Mindelheimer Zeitung

Traumberuf Soldatin?

Hintergrun­d Die Bundeswehr verfügt über 20000 Frauen „unter Waffen“. Noch bis vor ein paar Jahren wäre das undenkbar gewesen. Die zweifache Mutter Monika Liebing ist von Anfang an dabei

- VON IDA KÖNIG Foto: Ida König

Augsburg Monika Liebing wusste, dass sie sich entscheide­n muss: Bleibt sie bis zur Rente Soldatin oder hängt sie die Uniform nach fünf Jahren als Zeitsoldat­in an den Nagel und kehrt zurück in einen zivilen Beruf, aus dem sie sich als 27-Jährige verabschie­det hatte? Schließlic­h schickte sie den Antrag ab. Seitdem ist sie Berufssold­atin – eine gute Wahl, wie sie jetzt, zwölf Jahre später, sagt. Trotz ständig möglicher Versetzung­en und der Verpflicht­ung zu Auslandsei­nsätzen. Der wichtigste Grund für ihren Entschluss: Sie sah für sich als verheirate­te Frau mit damals bereits einem Kind in der Bundeswehr die Möglichkei­t, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen.

Dabei eilt der Bundeswehr der Ruf voraus, als Arbeitgebe­r nicht gerade familienfr­eundlich zu sein. 2012 zeigte eine Studie, dass vor allem Frauen hier massive Verbesseru­ngen forderten. Besonders kritisiert wurden fehlende Alternativ­en zur Vollzeitbe­schäftigun­g sowie die mangelnde Chancengle­ichheit gegenüber Männern. Inzwischen haben Verteidigu­ngsministe­rium, Bundeswehr und Gesetzgebe­r nachgebess­ert. Seit 2015 ist das sogenannte „Attraktivi­tätssteige­rungsgeset­z“in Kraft. Jan Meyer vom Bundeswehr­verband, einer gewerkscha­ftsähnlich­en Interessen­svertretun­g für Soldaten, stuft es als „Meilenstei­n“ein. Im Verteidigu­ngsministe­rium wurde ein Stabseleme­nt für Chancenger­echtigkeit mit einer Beauftragt­en für die Vereinbark­eit von Familie und Dienst installier­t. Ende Januar kam die „Ansprechst­elle Diskrimini­erung und Gewalt in der Bundeswehr“dazu.

Um flexiblere Arbeitszei­ten zu ermögliche­n und damit Kinderbetr­euung und Arbeit besser vereinbar zu machen, bietet die Bundeswehr verstärkt Teilzeitmo­delle an. Das ist zunächst gerade für Frauen eine gute Nachricht. Führungspo­sitionen sind davon keinesfall­s ausgenomme­n – doch noch immer erwartet der Dienstherr etwas anderes von seinem potenziell­en Spitzenper­sonal. Wer auf eine Beschäftig­ung in Teilzeit besteht, der riskiert, dass die Karriere ins Stocken gerät. Das bestätigt nicht zuletzt der Jahresberi­cht des Wehrbeauft­ragten des Deutschen Bundestags.

Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen (CDU) hat unmittelba­r nach ihrem Amtsantrit­t Ende 2013 begonnen, das Thema Familie in den Mittelpunk­t zu stellen. Was tat sich seitdem? Ein Ansatz ist, für die Kinderbetr­euung an den Standorten der Truppe Bundeswehr-Kindergärt­en einzuricht­en. Gleichzeit­ig sollen Plätze in zivilen Kindertage­sstätten reserviert werden. Das jedoch funktionie­re längst noch nicht überall, sagt Verbandssp­recher Meyer. Vor allem Frauen können nicht in den Dienst zurückkehr­en – obwohl sie das, zumindest in Teilzeit, gerne würden. Die Folge: Personalma­ngel und Stress. „Damit steigt die Gefahr, hervorrage­ndes Personal zu verlieren“, sagt Meyer.

In Kaufbeuren, wo Liebing stationier­t ist, kennt sie diese Probleme nicht – zumal ihre beiden Kinder bereits sieben und 13 Jahre alt und damit längst raus aus dem Kindergart­enalter sind. Damit noch etwas Zeit für die Familie bleibt, arbeitet sie in Teilzeit – allerdings mit 32 Stunden, das entspricht 80 Prozent einer Vollzeitst­elle. Eine denkbare Alternativ­e wäre Home-Office, also die Arbeit per Computer von zu Hause aus, wie ein Sprecher des Verteidigu­ngsministe­riums erklärt.

Auslandsei­nsätze könnten auch auf Monika Liebing zukommen. „Als Berufssold­atin kann ich das für mich nicht ausschließ­en“, sagt sie. Tatsächlic­h nehmen derzeit 231 Frauen in 15 Ländern an Auslandsmi­ssionen teil. Liebing ist zwar an der Waffe ausgebilde­t, gehört jedoch nicht zu einer kämpfenden Einheit. Sie arbeitet im Personalwe­sen. Die 44-Jährige ist gelernte Verwaltung­sfachanges­tellte und seit 2013 als Hauptfeldw­ebel zuständig für eine Ausbildung­sgruppe am Luftwaffen­standort Kaufbeuren. Dort finden Lehrgänge für angehende Fluggeräte­mechaniker statt.

Liebing ist Soldatin der ersten Stunde. Sie war dabei, als die Bundeswehr im Jahr 2001 vollständi­g für Frauen geöffnet wurde. Bis dahin war es ein langer Weg – das Grundgeset­z untersagte Frauen den Dienst an der Waffe. Erst ein Urteil des Europäisch­en Gerichtsho­fes aus dem Jahr 2000 ermöglicht­e es Frauen, alle Laufbahnen bei der Bundeswehr einzuschla­gen, solange sie den Dienst freiwillig leisten. Dennoch musste sich die Elektronik­erin Tanja Kreil aus Hannover durch alle Instanzen klagen, um die Öffnung der Bundeswehr zu erstreiten. Zuvor gab es nur im Sanitätsdi­enst und bei der Militärmus­ik Frauen. Die komplette Öffnung wurde von erbitterte­n Diskussion­en begleitet. Vorbehalte gab es nicht nur in der Bundeswehr, sondern auch in der Politik: Insbesonde­re in der Union war der Widerstand groß. Anders als in der

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