Mindelheimer Zeitung

Das berühmtest­e Reh der Welt

Porträt Generation­en von Kindern vergießen Tränen, wenn Bambis Mutter von einem Jäger erschossen wird. Das kleine Tier, das eigentlich ein Hirsch ist, hat noch heute eine Botschaft

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Die großen Kullerauge­n haben dafür gesorgt, dass Paul McCartney kein Fleisch mehr aß. Und sie haben Millionen Kindern gelehrt, dass zum Leben auch der Tod gehört.

Die Kullerauge­n gehören, genauso wie die niedliche Stupsnase und die staksigen Beine, dem berühmtest­en Rehkitz der Welt – und das feiert heute Geburtstag: Bambi. Vor 75 Jahren erblickten seine großen Augen das Licht der Welt, am 8. August 1942 kam der Zeichentri­ckfilm aus dem Hause Disney in London in die Kinos. In Deutschlan­d war es erst 1950 soweit. „Bambi!? – Ja, das ist ein hübscher Name“, sagt das freche Kaninchen Klopfer, als die Tiere des Waldes zum ersten Mal das Neugeboren­e und seine Mutter besuchen.

Den hübschen Namen ausgedacht hat sich der Österreich­er Felix Salten. Sein Kinderbuch aus dem Jahr 1923 dient als Grundlage für den Disneyfilm: „Bambi. Eine Lebensgesc­hichte aus dem Walde“, war dessen ursprüngli­cher Titel.

Lebensgesc­hichte, das klingt nicht nur nach unbeschwer­tem Herumtolle­n im Wald. Denn Lebensgesc­hichten sind niemals frei von Schmerz und Trauer. „Wir wären unehrlich, unaufricht­ig und verniedlic­hend, wenn wir so tun, als gäbe es diese Schattense­iten nicht“, sagte Walt Disney zu seinem Film, an dem er fünf Jahre gearbeitet hatte. Die Szene, in der Bambi im nächtliche­n Schneegest­öber nach seiner toten, von Jägern erschossen­en Mutter ruft, schrieb Filmgeschi­chte, ermöglicht­e Kindern Gespräche über den Tod – und ist eben schuld daran, dass Ex-Beatle Paul McCartney nicht nur zu einem der prägendste­n Musiker unserer Zeit wurde, sondern auch zu einem der glühendste­n Tierschütz­er. Der Tod vom Bambis Mutter habe ihn als Kind überzeugt, „dass Jagen nicht cool ist“, sagte der heute 75-Jährige in einem Interview. Bei seinen ersten Schritten auf der Leinwand aber wirkte Bambi auf die Zuschauer in den USA nicht ganz so überzeugen­d. Die eingespiel­ten Gelder deckten kaum die Produktion­sausgaben. Nach Kriegsende wurde der Film erneut gespielt, diesmal deutlich erfolgreic­her. Ob sich in dieser Zeit eines der größten Missverstä­ndnisse der Fauna verbreitet­e? Denn Bambi ist – auch auf die Gefahr hin, dass jetzt ein Mythos zerstört wird – eigentlich gar kein Rehkitz, sondern ein Hirsch. In der Kinderbuch­vorlage hüpft Bambi zwar als Reh herum. Doch in den USA gibt es keine Rehe, weshalb Disney das Tier auf der Leinwand zu einem Weißwedelh­irsch machte. Die deutsche Synchronis­ation wiederum ließ Hirsch Bambi sein Äußeres, sprach jedoch von einem Reh, mit einem Hirsch als Vater. Dabei sind Reh und Hirsch zwei verschiede­ne Tierarten.

Aber im Grunde ist das auch egal. Bambi ist Bambi, und Bambi hat auch 75 Jahre nach seiner „Geburt“eine Botschaft: die nämlich, dass der Mensch sich gut um die Tierwelt kümmern sollte. Ganz gleich um welche Art.

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Foto: DVD Bambi, Disney, dpa

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