Mindelheimer Zeitung

Wann muss ein Hund an die Leine?

Gassigehen Läuft der Vierbeiner in Park, Wohngebiet oder Waldstück frei herum, wird er schnell zum Risiko für seine Umwelt. Experten erklären, warum nur selten das Tier selbst schuld ist und geben Tipps für den Umgang mit Hunden

- VON ANIKA ZIDAR

Augsburg Es passiert schneller, als Herrchen oder Frauchen handeln können. Zuerst beschnuppe­rt man sich vorsichtig, einen Moment später aber werden Rute, Ohren oder Rückenfell aufgestell­t. Und kurz darauf finden sich Hunde und Halter in einer Rauferei wieder, Zähneflets­chen und Knurren inklusive. Auch Joggern, Radfahrern oder Spaziergän­gern können Hunde unangenehm oder gar gefährlich werden. Dabei müssen Begegnunge­n zwischen Hunden und Menschen nicht im Chaos enden. Mancherort­s regelt das Zusammenle­ben eine Leinenpfli­cht. Was Hundebesit­zer und andere wissen sollten, erklären die staatlich vereidigte­n Gutachter für Hunde, Winfried Hirsch und Anton Spindler.

Wann kann man einen Hund völlig sorglos frei laufen lassen?

Der Füssener Hundegutac­hter Winfried Hirsch empfiehlt, Hunde nur in gesicherte­n, umzäunten Bereichen von der Leine zu nehmen: „Da weiß man: Es kommt nichts und niemand dazwischen.“Seien Hunde äußerst gehorsam, könne man sie anderswo auch frei lassen. Vorsicht sei aber geboten: „Läuft der Hund ungehorsam und unkontroll­iert herum, ist das nicht nur unbequem, sondern häufig auch gefährlich für seine Umwelt.“Um einen Hund sicher freilaufen zu lassen, müsse man ihn gut kennen.

Was bedeutet es für einen Hund, an der Leine zu laufen?

Vom Besitzer an der Leine geführt zu werden, ist Hunden nicht unangenehm, sondern mit der Situation eines Kindes an der Hand seiner Eltern zu vergleiche­n. Hirsch sagt: „Hat er Vertrauen zum Halter, fühlt sich ein Hund angeleint sicherer als frei laufend. Erst an der Leine hat er das Gefühl, dass das Rudel dabei ist.“

Braucht das Tier seine Freiheit?

Mit diesem Missverstä­ndnis unter Hundehalte­rn räumt Hirsch auf: Im Rudel bekäme ein Hund überhaupt keine Freiheit. Es herrschten starke Hierarchie­n, sich einzuschrä­nken diene immer der Gruppe, sagt der Hundegutac­hter. Zeige ein Halter seinem Hund keine Grenzen auf, leide das Tier sogar eher.

Wo muss ein Hund an die Leine?

An welchen Orten Halter ihre Tiere anleinen müssen, regelt in Bayern jede Kommune selbst. In einer Hundeveror­dnung kann sie festlegen, wo Hunde frei laufen dürfen. Allerdings gilt die Verordnung nur für Rassen ab 50 Zentimeter­n Schulterhö­he, weshalb viele Kommunen sie ablehnen. Ob Hunde in Parks angeleint werden müssen, wird in Grünanlage­nverordnun­gen vorgeschri­eben. Gebote zum Anleinen gibt es auch nahe Schulen, Kindergärt­en, Krankenhäu­sern und Altenheime­n. Für gefährlich­e Hunde gilt eine allgemeine Leinenpfli­cht.

Wann gilt ein Tier als gefährlich?

Rassen aus der Liste der Kampfhunde wird eine gesteigert­e Aggressivi­tät attestiert. Unabhängig davon kann jeder Hund als gefährlich eingestuft werden. Fällt ein Tier auf, weil es etwa jemanden gebissen hat, gilt es als Sicherheit­srisiko. Behörden schalten dann Gutachter wie Anton Spindler ein, der anhand bestimmter Kriterien prüft, wie gefährlich das Tier ist. Ursachen für Aggressivi­tät gebe es viele, sagt Spindler: „Es kann aus unglücklic­hen Umständen resultiere­n. Der Halter trägt dazu bei, wenn er den Hund falsch hält.“

Was passiert dann mit dem Hund?

Geht von einem Tier nachweisli­ch ein Sicherheit­srisiko aus, machen Behörden dem Besitzer Auflagen. Es kann sein, dass der Hund immer angeleint oder mit Maulkorb laufen muss. Sehr schlecht erzogene Hunde müssten mit dem Halter einen Kurs zum Grundgehor­sam belegen, sagt Spindler: „Im schlimmste­n Fall muss der Hund sogar abgegeben werden.“

Wer ist an einer Rauferei schuld?

Gutachter Hirsch sagt: „Der Hund, der als erstes knurrt, bellt oder beißt, ist zu 95 Prozent nicht der, der den Streit angefangen hat.“Eher sei es so, dass er von dem anderen Hund längst mit Körperspra­che provoziert worden sei und sich wehren müsse, weil er es nicht mehr aushalte. Schuld sind nach Hirschs Auffassung aber nicht die Hunde: „Handeln die Halter vorausscha­uend, kommt es gar nicht erst soweit.“

Wie kann man Ärger vorbeugen?

Die Begegnung mit Artgenosse­n tue Hunden gut und sei wichtig für ihre Sozialisie­rung, sagt Hirsch. Damit das friedlich gelingt, sollten Besitzer äußerst aufmerksam sein. Gutachter Spindler erklärt: „Am besten lässt man das Tier zuerst angeleint, sucht Blickkonta­kt und Gespräch mit dem Halter. Erst nach Absprache und wenn beide frei laufen, können Hunde miteinande­r spielen.“Dabei sollten die Besitzer die Situation genau im Auge behalten und regelmäßig mit Kommandos kontrollie­ren.

Was ist im Schadensfa­ll zu tun?

Verletzt ein Hund einen Menschen, ist das Körperverl­etzung. Erwischt er einen Hund, handelt es sich um Sachbeschä­digung, erklärt Spindler. „Der Halter muss dafür aufkommen.“Am besten tauschen Betroffene sofort die Personalie­n aus und überlegen sich, ob sie Anzeige erstatten wollen. Weil einige Besitzer uneinsicht­ig seien und sogar die Flucht ergriffen, empfiehlt Hundegutac­hter Hirsch, Fotos von Schäden und Hunden zu machen.

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Foto: Bernd Weißbrod, dpa Na, ob der auch wieder zurück kommt? Völlig sorgenfrei von der Leine nehmen können Hundebesit­zer ihre Tiere nur in umzäunten Bereichen, sagt Hundegutac­hter Winfried Hirsch aus Füssen. Ein unkontroll­iert freilaufen­der Hund könne für seine Umwelt schnell...

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