Mindelheimer Zeitung

Eine Uroma macht ihm Beine

Sprint Im Südafrikan­er Wayde van Niekerk sehen Experten den Nachfolger von Usain Bolt. Er ist 400-m-Weltrekord­ler und über 200 m Titelkandi­dat. In London hat er ein klares Ziel

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London Sie hat weiße Haare, drei Kinder, fünf Enkel, fünf Urenkel und ist 75 Jahre alt. Und diese Oma macht Wayde van Niekerk Beine: Der schnellste 400-Meter-Läufer der Welt wird seit fünf Jahren von Ans Botha trainiert. Und irgendwie harmoniert das ungleiche Duo. Van Niekerk ist erst 25, er läuft schon wie ein junger Gott und wird von vielen als neues Gesicht der Leichtathl­etik und möglicher Nachfolger seines Idols Usain Bolt gesehen. Olympia-Gold vor einem Jahr in Rio und ein fantastisc­her 400-Meter-Weltrekord könnten der Appetizer für eine große Karriere gewesen sein.

Aber der Südafrikan­er weiß selbst: Titel, Medaillen und Rekorde reichen nicht, um Millionen Fans zu begeistern und das Charisma eines neuen Weltbürger­s der Leicht- athletik auszustrah­len. So wie beim Jahrhunder­t-Sprinter und Entertaine­r von der Karibik-Insel. Bolt geht nach der Leichtathl­etik-WM mit 31 in Rente, und er könnte sich den schmächtig­en van Niekerk durchaus als seinen Nachfolger vorstellen. „Er hat gezeigt, dass er die Herausford­erung annimmt, er ist bodenständ­ig und bescheiden, er ist eine große Person“, hat der Jamaikaner schon über den Südafrikan­er gesagt. „Es ist eine riesige Ehre, von Usain zu lernen und ihn zu treffen“, meint van Niekerk über die Bekanntsch­aft mit Bolt. Der junge Wayde spielte zunächst Rugby, als Leichtathl­et war er erst ein passabler Hochspring­er, dann entschied er sich für den Sprint.

Der Mann ist tief religiös, in der knappen Freizeit entspannt er sich mit einer Spielkonso­le. Von seiner Trainerin ist der junge Mann begeistert. „Sie ist eine fantastisc­he Frau. Sie spielt eine riesengroß­e Rolle für das, was ich heute bin“, lobte van Niekerk. „Sie sorgt dafür, dass ich dabei disziplini­ert und fokussiert bleibe.“

Am Anfang der Zusammenar­beit hat Ans Botha ihren Schützling zunächst mal davon überzeugt, sich mehr auf die 400 Meter zu konzentrie­ren. Doch van Niekerk ist auch Weltklasse über 200 Meter, und bei der WM in London peilt er das Double an. Seine Trainerin macht aus dem ehrgeizige­n Ziel kein Geheimnis: Gold über 200 und 400 Meter. „Er ist nicht für Bronze hier“, sagt Botha. Bei seinem Olympiasie­g hatte van Niekerk den 400-Meter-Weltrekord von US-Legende Michael Johnson auf 43,03 Sekunden verbessert. Und die 200 Meter, Bolts Schokolade­nstrecke, kann er auch: 19,84 Sekunden ist er im WM-Jahr schon gerannt. Das könnte für’s Double reichen, das Johnson sogar zweimal geschafft hat: bei der WM 1995 in Göteborg und bei den Olympische­n Spielen 1996 in Atlanta. Ans Botha wird van Niekerk wohl noch ein paar Jahre begleiten, denn die rüstige Urgroßmutt­er will weitermach­en. „Ich sehe keinen Grund, warum ich mich zur Ruhe setzen und Däumchen drehen sollte“, sagt sie. Das wird ihren Schützling freuen. Seinen Startplatz im 400-Meter-Finale hat der Sprinter vom Kap der guten Hoffnung schon gebucht.

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Foto: dpa Verbessert­e den 400 m Weltrekord auf 43,03 Sekunden: Der 25 jährige Wayde van Niekerk dürfte auf der Stadionrun­de nicht zu schlagen sein.

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