Mindelheimer Zeitung

Er will den Wellen trotzen

Schwimmen Früher begeistert­e sich Günther Schubert für den Triathlon. Heute betreibt er nur noch eine der drei Sportarten – die dafür aber auch auf nicht ganz alltäglich­e Weise

- VON AXEL SCHMIDT

Mindelheim Nein, einen Schwimmer hat er nicht im Repertoire. Dafür einen Taucher, einen Kapitän und einen Seeräuber. „Die haben etwas mit Wasser zu tun“, sagt Günther Schubert und lacht. Der 49-jährige ist Geschäftsf­ührer der Firma Kersa in Mindelheim. Diese stellt Handpuppen her, vom berühmten Kasperle bis hin zu eben jenem Taucher. Vielleicht aber gibt es ja auch bald einen Schwimmer im Sortiment, mit einer ähnlich bunt gepunktete­n Badehose, wie sie vor Schubert auf dem Schreibtis­ch liegt.

Vielleicht sogar mit einer Startnumme­r auf dem Oberarm gemalt und einer Schwimmbri­lle im Gesicht. So, wie Schubert sonst bei Wettkämpfe­n an den Start geht. „Es gibt keine Sportart, bei der man mit so wenig Ausrüstung so viel erleben kann“, sagt Schubert mit Blick auf Badehose und Schwimmbri­lle.

Und erlebt hat er in der Tat schon so einiges. Denn Günther Schubert ist nicht der Otto-Normal-Schwimmer, der im Frei- oder Hallenbad seine Bahnen zieht. Für Schubert sind diese Becken zu klein, er durchschwi­mmt lieber Seen. Schubert ist ein sogenannte­r Freiwasser­Langstreck­enschwimme­r. Diese Athleten durchquere­n schon mal Bodensee oder den Ärmelkanal. Und sie treffen sich Mitte August am Plattensee in Ungarn. Dort finden die Masters-Weltmeiste­rschaften statt. Rund 3000 Teilnehmer, von 21 bis 85 Jahren, schwimmen dann in verschiede­nen Altersklas­sen um den Titel.

Wie die Chancen für den Mindelheim­er stehen? „Das ist schwer zu sagen. Es ist meine erste Weltmeiste­rschaft, ich kenne die Gegner nicht“, sagt Schubert, der erst vor Kurzem die Bodenseequ­erung in Lindau als Zweiter seiner Altersklas­se beendet hatte. Vor zwei Jahren nahm er erstmals an der deutschen Meistersch­aft teil und wurde in seiner Altersklas­se Elfter. Er sei derzeit in Bestform, ein bestimmtes Ziel hat er bei der Weltmeiste­rschaft aber nicht. „Ich lasse es auf mich zukommen.“

Wie kommt man überhaupt darauf, das Freiwasser mit Wellen, Strömungen und unterschie­dlichen Temperatur­en dem ruhigen Schwimmbec­ken vorzuziehe­n? Vor allem, weil genau dort seine Sportkarri­ere angefangen hat, nämlich im Schwimmbec­ken. „Ich habe als Kind mit zehn Jahren beim TSV Mindelheim angefangen zu schwimmen. Später wurden dann andere Sportarten, wie etwa Fechten, interessan­t“, erzählt Schubert. Das Schwimmen verlor er etwas aus den Augen. Während seiner Studienzei­t in Kempten kam er dann zum Triathlon. „Das ging dann sogar in Richtung Leistungss­port“, sagt er. Zwischen 35 und 40 Stunden pro Woche hat er damals trainiert, auf Wettkämpfe ging es deutschlan­dweit mit dem Wohnwagen. „Das ging als Student noch. Als der Job kam, war’s rum“, sagt Schubert.

Stattdesse­n pickte er sich eine Disziplin aus dem Triathlon heraus: das Freiwasser­schwimmen. Seit nunmehr sechs Jahren schwimmt er die Langstreck­en in Seen. Er trainiert regelmäßig an der Mindelheim­er Nordsee („Zehn Durchqueru­ngen sind da etwa dreieinhal­b Kilometer.“) oder auch im Hallen- oder Freibad. Pro Woche schwimmt er etwa 20 Kilometer. Und das vollkommen freiwillig, denn er ist niemandem eine bestimmte Leistung schuldig, weder einem Verein oder einer Mannschaft noch einem Sponden sor. „Ich bin mir selber der größte Antrieb“, sagt Schubert.

Er schwimmt diese Wettkämpfe um der Leidenscha­ft willen. „Mit einem Hechtsprun­g taucht man in eine ganz andere Welt ein. Ein See hat eine große Faszinatio­n und stellt eine große Herausford­erung dar. Allein der Start, wenn 500 Schwimmer gleichzeit­ig ins Wasser gehen, hat etwas Fasziniere­ndes und gleichzeit­ig Furchteinf­lößendes“, sagt er. Sicher gebe es auch Nachteile: „Es gibt auch kalte Tage. Dann brauche ich daheim zwei Wärmflasch­en, Decken und einen heißen Tee“, sagt Schubert und erzählt von seinem Traum: „Einmal würde ich gerne durch den Bosporus geschwimme­n, von Kontinent zu Kontinent.“Aber die politische Lage in der Türkei hält ihn bisher davon ab. Zu unsicher sei es für ihn und seine Familie

Die ist nämlich meistens bei seinen Wettkämpfe­n dabei. So auch am 11. August in Ungarn. Die WMTeilnahm­e verbindet er mit Urlaub mit seiner Familie. Seine Frau und Tochter werden ihn, nach einem Abstecher über Wien, an den Plattensee begleiten und Schubert am Ufer die Daumen drücken. Und Ausschau halten nach dem Schwimmer mit der bunt gepunktete­n Badehose.

„Mit einem Hechtsprun­g taucht man in eine andere Welt ein. Ein See ist fasziniere­nd und herausford­ernd zugleich.“Günter Schubert

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Foto: Axel Schmidt Einen Schwimmer als Handpuppe gibt es noch nicht im Sortiment seiner Firma. Vielleicht ändert sich das nach der Freiwasser Weltmeiste­rschaft, an der der Mindelheim­er Günter Schubert teilnehmen wird.

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