Mindelheimer Zeitung

Eldorado der Schnäppche­njäger

Auktion In Bad Wörishofen wird allerhand Kurioses verloren. Was nicht abgeholt wird, kommt regelmäßig unter den Hammer. Bürger und Gäste lassen sich da nicht lange bitten – das Versteiger­ungsfieber steigt

- VON MARIA SCHMID Fotos (4): Maria Schmid

Bad Wörishofen „Zum Ersten, zum Zweiten und... zum Dritten!“Mindestens 100 Mal ruft Wilhelm Eder an diesem Tag diesen Satz ins Publikum. Es ist der Tag, auf den viele Schnäppche­njäger in Bad Wörishofen schon lange gewartet haben. Die nicht abgeholten Fundsachen der Jahre 2015 und 2016 kommen unter den Hammer – und in Bad Wörishofen wird eine Menge verloren. Mit Eder, dem ehemaligen Kämmerer vom Stadtsteue­ramt, hat die Menge einen hervorrage­nden Zeremonien­meister. Rund 50 Fahrräder stehen in der Tiefgarage des Rathauses bereit und suchen neue Besitzer. Eder macht es den Interessen­ten leicht. Drei Euro als Einstiegsg­ebot, manchmal sogar nur einen Euro – billiger geht es nicht. Oder doch? Bei Eder schon. Denn manchmal packt er auch noch eine Uhr dazu, damit der künftige Besitzer des Drahtesels mit dem Gefährt auch immer pünktlich ist. Manchmal kommen auch zwei Räder gleichzeit­ig unter den Hammer – vor allem dann, wenn eines dabei war, dass sich vielleicht nur noch zum „Ausschlach­ten“eignet. Eder weiß, wie man das Versteiger­ungsfieber entfacht. Der dreizehnjä­hrige Fabian hat sich schon ein Fahrrad ausgesucht und hofft nun, es ersteigern zu können. Finanziell greift ihm sein Opa unter die Arme, Fabian ist gerüstet. Doch es wird ein hartes Rennen. Denn es ist gerade das Fahrrad, das den höchsten Preis von 70 Euro erzielt. Fabian war nicht der einzige Bieter. Eine andere Interessen­tin wollte es auch gerne haben. Doch Fabian bleibt hartnäckig und kann das Rad am Ende stolz sein Eigen nennen.

Auch Julia Leibold und Jürgen Reisach suchen ein Fahrrad. Am Ende kaufen sie sogar drei. Darunter ist ein sehr reparaturb­edürftiges Rad, ein Klappfahrr­ad und eines für Julia, auf das sie sich schon freut.

Hausmeiste­r Jürgen Hartmann hatte zuvor nicht nur alle Räder in die Tiefgarage gebracht. Beim Vorzeigen für die Bieter helfen ihm sogar seine kleine Tochter Jolina, drei Jahre alt, und Sohn Luca, der sich schon auf die Einschulun­g freut. Jolina hat eine wichtige Aufgabe übernommen. Sie klappt die Fahrradstä­nder aus – und ist tief enttäuscht, wenn ein Rad gar keinen Ständer mehr hat. Doch nicht nur Räder warten auf die Schnäppche­njäger. Ein Fahrradanh­änger findet sich, ebenfalls eine interessan­te Truhe – und ein Schaukelpf­erd. Wie gesagt: In Bad Wörishofen wird so Einiges verloren. Hänger und Truhe finden allerdings keinen Abnehmer. Da packt Auktionato­r Eder kurzerhand das Schaukelpf­erd aus dunklem Holz mit obendrauf. So macht man Geschäfte. Bernhard Götzfried aus fackelt da nicht lange und greift zu. Auch ein Roller fand für 20 Euro einen neuen Besitzer. Willi Eder meinte lachend: „Wenn er wieder läuft, vorbeikomm­en und zeigen!“

Für Mona Settele würde der zweite Teil der Versteiger­ung richtig spannend werden. Sie gesteht, dass sie ja selbst gerne mal Dinge verliert ode vergisst – zuletzt insge- samt drei Regenschir­me. Nun hofft sie auf ein günstiges Angebot für eine Ersatzbesc­haffung – womit sich der Kreislauf schließt. Tatsächlic­h wird auch Mona Settele fündig und geht zufrieden mit zwei hübschen Stockschir­men und einigen anderen Kleinigkei­ten nach Hause. Ihre eigenen Schirme waren übrigens nicht unter den Fundsachen.

Die Tische leeren sich – und AukRamming­en tionator Eder wird immer erfinderis­cher. Er packt wahre „Wundertasc­hen“. Da kommt alles hinein, was irgendwie Platz findet: Schals, Mützen, Handschuhe, Taschensch­irme, Uhren und Schmuck und, und, und. Als zusätzlich zur „Wundertasc­he“eine Lederjacke für nur zehn Euro zu ersteigern war, fand sie in Jürgen Gleich einen neuen Besitzer. Seine Begleiteri­n meint dazu nur: „Die ist ja voll geil!“Alles richtig gemacht also. Die „Reste“schließlic­h durften sich die „Käufer“selbst aussuchen und noch einen kleinen Obolus dafür bezahlen.

Die erlösten Beträge, die Veronika Filser und Hermine Kleinheinz kassierten, kommen in die Stadtkasse. Das wiederum wird die Kämmerin der Stadt Bad Wörishofen erfreuen.

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Auf den Gaul gekommen ist Bernhard Götzfried. Zuvor hatte Auktionato­r Wilhelm Eder ein schier unwiderste­hliches Angebot unterbreit­et.
 ??  ?? Zahlreiche Schnäppche­njäger machten vom Angebot Gebrauch, eines der rund 50 Fundräder zu ersteigern. Wilhelm Eder hatte als Auktionato­r alle Hände voll zu tun, um die Fundsachen an den Mann oder die Frau zu bringen.
Zahlreiche Schnäppche­njäger machten vom Angebot Gebrauch, eines der rund 50 Fundräder zu ersteigern. Wilhelm Eder hatte als Auktionato­r alle Hände voll zu tun, um die Fundsachen an den Mann oder die Frau zu bringen.
 ??  ?? Drei auf einen Streich: Eigentlich wollten Julia Leibold und Jürgen Reisach nur ein Rad kaufen – aber bei diesen Schnäppche­npreisen...
Drei auf einen Streich: Eigentlich wollten Julia Leibold und Jürgen Reisach nur ein Rad kaufen – aber bei diesen Schnäppche­npreisen...
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Fotos: Maria Schmid Gut beschirmt: Mona Settele hat bei der Versteiger­ung im Rathaus das Gewünschte auch gefunden.

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