Mindelheimer Zeitung

Auf den Spuren von Robin Hood

Neuland Beim Bogenschie­ßen kommt es auf Konzentrat­ion, Kraft und Geschickli­chkeit an. Beim Ausprobier­en gibt es schnell erste Erfolge – aber auch so manchen Dämpfer

- VON MARIUS SCHEITLE Fotos: Lenuweit

Während es 80 Millionen Fußballtra­iner gibt, kennen sich die meisten Deutschen in bestimmten Sportarten kaum aus. Aus diesem Grund schauen wir uns in unserer neuen Serie „Neuland“nicht ganz alltäglich­e Sportarten an – und zwar hautnah.

Pfaffenhau­sen Die erste Randsporta­rt bringt mich ein Stück weit zurück in meine Kindheit: Als Indianer im Fasching hatte ich immer Pfeil und Bogen dabei. Geschossen habe ich damit aber nicht – das soll sich nun ändern. Ich besuche ein Schnuppert­raining in Pfaffenhau­sen, bei den Bogenschüt­zen rund um den Vorsitzend­en Bernd Kiehl. Auf einem knapp 9000 Quadratmet­er großen Gelände neben der Baufirma Lutzenberg­er trainieren die Sportschüt­zen mehrmals in der Woche. Ich merke schnell: Das sportliche Bogenschie­ßen hat mit Indianersp­ielen wenig zu tun.

Bevor es für mich an den Bogen geht, muss ich mich erst einmal aufwärmen; das zählt schon im Fußballtra­ining nicht gerade zu meiner Lieblingsb­eschäftigu­ng. Fürs Bogenschie­ßen müssen die Finger geschüttel­t, die Oberarme gekreist und der Rücken gestreckt werden. Nachdem dieser Part endlich abgeschlos­sen ist – und ja, es sah stellenwei­se echt seltsam aus – nimmt sich Thomas Tasler, der eine C-TrainerLiz­enz besitzt, meiner an. Zunächst fragt er mich, was denn mein dominantes Auge sei. Verwirrt von der Frage antworte ich als Rechtshänd­er: „Ich denke mal rechts!“Diese Vermutung überzeugt Thomas Tasler noch nicht richtig. Zur Absicherun­g muss ich mit den Händen ein Dreieck bilden und mit dem Auge durchschau­en. Anschließe­nd soll ich meine Hand zu meinem Gesicht ziehen – so könne man sehen, welche Seite dominant sei. Meine Vermutung bestätigt sich: Rechts ist meine dominante Seite.

Nach einer kurzen Trockenübu­ng ziehe ich den Arm- und Fingerschu­tz an und halte zum ersten Mal einen Bogen in der Hand. Ich bekomme sogar schnell Lob für meine Haltung: „Das sieht gut aus, hast du schon mal mit dem Bogen geschossen?“Habe ich nicht. Vielleicht kommen mir aber meine wenigen Erfahrunge­n mit dem Luftgewehr entgegen – auch wenn die Pfaffenhau­sener Bogenschüt­zen mir versichern, dass das ein komplett anderer Sport sei.

Wichtig beim Umgang mit dem Bogen sind ein hüftbreite­r Stand und eine gerade, stabile Körperhalt­ung. Den 22 Pfund schweren Bogen sollte man natürlich auch halten können – mit dem schwächere­n Arm. Anschließe­nd wird der Pfeil aus einem Köcher genommen und in die Sehne gespannt. Die Sehne muss dabei bis zum eigenen Kinn gezogen werden – soweit so gut. Wenn man die Sehne loslässt, entfaltet der Pfeil seine Kraft: Sie ist gewaltig. Pfeil für Pfeil geht es weiter: Zu Beginn schießen die Pfeile über ihr Ziel hinaus, doch relativ bald stecken sie schon in der Zielscheib­e.

Ein sehr gutes Gefühl – ich muss zugeben, dieser Sport macht echt Spaß! Thomas Tasler zeigt mir immer weitere Verbesseru­ngen, zum Beispiel wie ich am besten meinen linken Arm drehe oder wie ich meinen Daumen und meinen kleinen Finger so halte, dass sie mich nicht stören. Schon bald wage ich mich an die 18-Meter-Entfernung. Auch hier treffe ich nach ein paar Tests relativ schnell die Scheibe. Ich werde etwas übermütig, will mich an einem anderen Bogen mit Visier versuchen. Doch nachdem ich bereits eine Stunde den Bogen mit der linken Hand gehalten habe, wackelt mein linker Arm immer mehr. Dazu kommt, dass der neue Bogen noch etwas schwerer ist. Meine Schussgena­uigkeit wird wieder schlechter, mehr Pfeile gehen neben die Scheibe.

Zum Schluss geht es für mich noch an den Compound. Das ist ein besonders moderner, aber auch komplizier­ter Bogen. Er beschleuni­gt die Pfeile besonders schnell und man benötigt nur kurz Kraft, um den Pfeil mit der Sehne anzuziehen. Danach ist trotz angezogene­r Sehne relativ wenig Kraft notwendig. Trotzdem treffe ich die Scheibe nicht mehr. Mein Selbstvert­rauen, das ich mir bis dahin erarbeitet habe, schmilzt dahin.

Immerhin muntert mich Thomas Tasler ein wenig auf: „Das ist völlig normal. Beim Bogenschie­ßen werden ganz eigene Muskeln beanspruch­t!“Er selbst und die anderen Schützen halten Bögen von mehr als 40 Pfund in der Hand – eine Leistung! Das Fazit meines Selbstvers­uches im Bogenschie­ßen ist jedenfalls positiv – und Muskelkate­r hatte ich am nächsten Tag auch keinen.

 ??  ?? Thomas Tasler (links) weist Marius Scheitle im Bogenschie­ßen ein. Den linken Arm richtig zu drehen, sieht leichter aus, als es ist.
Thomas Tasler (links) weist Marius Scheitle im Bogenschie­ßen ein. Den linken Arm richtig zu drehen, sieht leichter aus, als es ist.
 ??  ?? Mit diesem Test findet man heraus, wel ches Auge dominant ist.
Mit diesem Test findet man heraus, wel ches Auge dominant ist.
 ??  ?? Ein gutes Gefühl, wenn man die Scheibe trifft.
Ein gutes Gefühl, wenn man die Scheibe trifft.
 ??  ?? Und los geht es: In Reih und Glied wird geschossen.
Und los geht es: In Reih und Glied wird geschossen.
 ??  ?? Schießen mit dem Compound Bogen ist noch etwas völlig Anderes.
Schießen mit dem Compound Bogen ist noch etwas völlig Anderes.

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