Mindelheimer Zeitung

Wo Engelchen wie Schmetterl­inge sind

Kunst Kulturamts­leiter Schedler erklärt bei der Kunstfahrt Details der Gestaltung und stößt dabei auf großes Interesse

- VON TINA SCHLEGEL

Mindelheim Wenn der Kunstverei­n Mindelheim zu einer seiner Kunstfahrt­en lädt, dann ist die Nachfrage stets groß, das Programm ausgesproc­hen vielfältig – in diesem Jahr geht es auch noch nach Darmstadt und Frankfurt. Dass sich allerdings so viele Leute angemeldet hatten, um die „Kleinode des Kirchenbau­s im Unterallgä­u“kennenzule­rnen, das freute Christel Klemenjak, Vorsitzend­e des Vereins, und Margarete Mayer, Verantwort­liche für die Kunstfahrt­en, doch sehr.

Gewiss war dies auch Kulturamts­leiter Christian Schedler zu verdanken, der die Exkursion begleitete. Über 40 Mitglieder des Vereins starteten mit dem Bus in Mindelheim, um in der kleinen Kir- che „Unserer lieben Frau“in Oberrammin­gen mit der Führung zu beginnen. Schedler erzählte fachkundig und so eloquent wie charmant über die Kirchenarc­hitektur und Gestaltung der Innenräume. Fünf Kirchen standen auf dem Programm, wobei aus Zeitgründe­n die Kirche St. Martin in Tussenhaus­en nicht mehr zu schaffen war: Das große Interesse der Teilnehmer und das scheinbar unerschöpf­liche Wissen Schedlers sorgten für längere Aufenthalt­e in den einzelnen Kirchen – schon ein Grund für eine weitere Kunstfahrt.

Die Auswahl der Kirchen war freilich nicht willkürlic­h: Die Baumeister­und Stuckatore­nfamilie Stiller aus Wessobrunn/Etringen hat die Kirchen geprägt, außerdem der Stuckateur Andreas Henkel aus Mindelheim und Johann Baptist Enderle, der die hell erstrahlen­den Fresken malte. Henkel und Enderle arbeiteten immer zusammen, Gemälde und Stuck ergänzen sich zu einem Gesamtkuns­twerk voller beflügelnd­er Leichtigke­it, die Engel etwa seien so pudrig „wie Schmetterl­inge am Himmel“, sagte Schedler.

Von Ober- ging es nach Unterrammi­ngen in die Kirche St. Magnus, die Schedler für eine der herausrage­nden Rokokodorf­kirche in ganz Bayern hält. Ungeheuer transparen­t die Ausgestalt­ung der Kirche, alles in dezenten Farben, ein filigranes Zusammensp­iel aus Flüchtigke­it der Figuren in den Bildern und der zarten Stuckarbei­ten, die die Gemälde umspielen, wieder eine Zusammenar­beit von Henkel und Enderle und Schedler konnte seine Bewunderun­g für deren Kunstferti­gkeit nicht verbergen.

Tatsächlic­h empfiehlt sich ein Besuch in den Kirchen und ein Blick nach oben an die Decke, die sich scheinbar zum Himmel hin öffnet. Wunderhübs­ch auch die vielen verschiede­nen Putti, die von oben herab auf die Kirchengem­einde blicken, schelmisch und verspielt zaubern sie ein Lächeln auf die Gesichter all jener, die sie erblicken.

Schedler konnte einerseits einen Einblick in die außerorden­tliche Gestaltung der Kirchen geben; gleichzeit­ig eben an diesen ausgewählt­en Kirchen auch einen Stilwandel aufzeigen, denn von Rammingen ging es nach Kirchsiebn­ach in die Pfarrund Wallfahrts­kirche St. Georg. Hier erwartet den Besucher schon ein anderes Bild, die Luftigkeit der Rokokozeit tritt zurück, der Klassizism­us hält Einzug und mit ihm die Forderung nach Klarheit und Kühle. Für die Stuckateur­e bedeutete dies das Aus. Ein Einschnitt, so Schedler, den die Stuckatore­nhochburg Wessobrunn nie überwunden hat. Dies setzt sich fort in der Pfarrkirch­e St. Martin und Nikolaus in Ettringen, die nach einer Mittagspau­se im „Wirtshaus beim Füchsle“in Kirchsiebn­ach besichtigt wurde.

Dem Kunstverei­n gelingt es mehr und mehr, ein fester Anlaufpunk­t für Kulturinte­ressierte zu werden. Welch außerorden­tliche Schätze das Unterallgä­u in seinen Kirchen zu bieten hat, konnte Christian Schedler eindrucksv­oll vermitteln. Gewiss war dies nicht die letzte Exkursion zu den Kirchen in der Region.

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Auch die Ettringer Pfarrkirch­e war ein Ziel der Kunstfahrt. Der Mindelheim­er Kulturamts­leiter Christian Schedler (stehend) er läuterte den Teilnehmer­n die Besonderhe­iten des Gotteshaus­es.
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Fotos: Schlegel Die Kirche in Oberrammin­gen ist „Unserer lieben Frau“gewidmet. Sie birgt viele lie benswerte Details, wie die kleine Putte.

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