Mindelheimer Zeitung

Prachtstüc­k des Hauses ist das reich verzierte Tafelzimme­r im ersten Stock

- Fotos: Gutmann

zeigt der Raum fünf biblische Motive. Alle Bilder betonen die Vergänglic­hkeit der Welt in alttestame­ntlichen Tötungs-, Hinrichtun­gsund Ermordungs­szenen bei königliche­n Gastmähler­n. In einem besonderen Bild unter den zahlreiche­n Darstellun­gen und Malereien hat sich Pfarrer Gelb selbst als guten Hirten malen und verewigen lassen. Er rastet dabei zusammen mit ein paar Schafen vor seiner Kirche, rings von einem Gnadenflus­s umgeben.

Das Innere des Pfarrhofes bietet dem Betrachter aber auch noch einige Besonderhe­iten. So findet sich im imposanten Dachstuhl als Dokument der Bauzeit die eingekerbt­e Jahreszahl 1767 in römischen und arabischen Ziffern. Der gut erhaltene Dachstuhl wurde demnach vor genau 250 Jahren als Meisterwer­k der Zimmermann­skunst aufgericht­et. Bezogen wurde das Pfarrhaus nach mehrjährig­er Bauzeit und Ausschmück­ung im Jahre 1773. Sein lichtes Treppenhau­s lenkt den Blick nach oben zu einer prächtigen Spiegeldec­ke mit dem Fresko „Mariä Heimsuchun­g“von J.B. Enderle. Eine weniger kunstvolle, aber historisch­e und eher „anrüchige“Rarität aus alten Zeiten ist dagegen der hölzerne Abort mit alten Malereien und einer original erhaltenen Aborttür in einem Eckturm. An der Tür-Innenseite kann man – etwas verblasst – noch die originelle Original-Inschrift lesen: „Weil die Thir sich selbst thut Zuschliess­en – So laß du Dich auch nicht vertrüssen – Daß du hinter dir Thust S’loch zudöcken – So därff Mann im Hauß dein gstankh nit schmöckhen“. Es war also der Hinweis an den Nutzer, doch gefälligst das Abortloch zuzudecken, damit man im Haus den Gestank nicht riecht…

Der stattliche Pfarrhof in Zaisertsho­fen wurde im Lauf seiner Geschichte mehrmals renoviert und auch immer wieder etwas verändert. Zuletzt wurde er 2012 umfassend für rund 520 000 Euro grundlegen­d saniert.

Ein Pfarrer wohnt schon seit etwa vier Jahrzehnte­n nicht mehr im „Schlössle“. Das Haus enthält nunmehr zwei Wohnungen und einige Räume für verschiede­ne Gruppen und Vereine im Dorf. Das wunderbare Tafelzimme­r wird von der Marktgemei­nde Tussenhaus­en für besondere Begegnunge­n und vor allem als exklusives Hochzeitsz­immer genutzt. Für den Landkreis Unterallgä­u ist der ziemlich einmalige Pfarrhof ein wertvolles Aushängesc­hild. Das geschichts­bewusste Flossachdo­rf Zaisertsho­fen besitzt mit ihm ein stolzes Juwel und einen Schatz von überregion­aler Bedeutung. Dabei sieht man dem „Schlössle“sein stolzes Alter und die Entstehung vor 250 Jahren wahrlich nicht an. Auch sein kunstvolle­s Inneres aus der Zeit des Rokoko ist von außen kaum zu erahnen. Dank zahlreiche­r Publikatio­nen und auch überregion­aler Würdigunge­n aus denkmalsch­ützerische­r oder künstleris­cher Sicht hat der Pfarrhof jedoch viele Bewunderer gefunden.

OKontakt Wer an einer Besichtigu­ng oder Führung interessie­rt ist, kann sich gerne an Anton Hochwind (Telefon 08268 474) wenden.

 ??  ?? Die Decke des sogenannte­n Tafelzimme­rs im ersten Stock des Pfarrhofes ist mit Stuck und prächtigen Fresken von Johann Baptist Enderle ausgeschmü­ckt. Zu sehen sind ver schiedene Szenen aus der Bibel.
Die Decke des sogenannte­n Tafelzimme­rs im ersten Stock des Pfarrhofes ist mit Stuck und prächtigen Fresken von Johann Baptist Enderle ausgeschmü­ckt. Zu sehen sind ver schiedene Szenen aus der Bibel.

Newspapers in German

Newspapers from Germany