Mindelheimer Zeitung

Für sauberes Wasser und gute Luft

Landwirtsc­haft Von der neuen Düngeveror­dnung sollen Umwelt und Verbrauche­r profitiere­n. Für die Landwirte ist sie vor allem eins: sehr aufwändig und zum Teil auch teuer

- VON SANDRA BAUMBERGER

Unterallgä­u Pflanzen – das weiß jeder Hobbygärtn­er – brauchen Nährstoffe, um zu gedeihen. Deshalb sind Dünger in der Landwirtsc­haft unerlässli­ch. Problemati­sch wird es allerdings, wenn die Pflanzen die Nährstoffe, die in der Gülle oder auch mineralisc­hen Düngern enthalten sind, nicht aufnehmen: Der Regen spült sie ins Grund- und damit letztlich ins Trinkwasse­r.

Das ist in Deutschlan­d mancherort­s so stark mit Nitrat belastet, dass sich die EU-Kommission an den Europäisch­en Gerichtsho­f gewandt hat. Sie wirft der Bundesregi­erung vor, den Grundwasse­rschutz zu vernachläs­sigen. Mit der seit wenigen Wochen geltenden neuen Düngeveror­dnung, um die zuvor jahrelang gerungen worden war, will die Bundesregi­erung gegensteue­rn: Strengere Vorgaben dazu, wann wo wieviel gedüngt werden darf, sollen die Nitratbela­stung des Wassers, aber auch die Ammoniakko­nzentratio­n in der Luft verringern.

Was viele Verbrauche­r freuen dürfte, ist für die Landwirte jedoch mit einigem Aufwand verbunden. Sie müssen größere Abstände zu Gewässern einhalten und die Düngergabe­n genau berechnen und dokumentie- Nach der Ernte der Hauptfruch­t dürfen sie nun bis zum 31. Januar keinen Dünger mehr ausbringen, erklärt Josef Peis vom Amt für Ernährung, Landwirtsc­haft und Forsten in Mindelheim. Bislang war das durchaus üblich, um die Verrottung des Getreidest­rohs in der Erde zu beschleuni­gen. Ausnahmen sind möglich, wenn auf dem Acker gleich im Anschluss Winterraps, Wintergers­te, Zwischenfr­üchte oder Feldfutter ausgesät werden, die die Nährstoffe bis zum Winter noch aufnehmen. Auf Grünland und beim mehrjährig­en Feldfutter­bau darf vom 1. November bis zum 31. Januar nicht mehr gedüngt werden.

Diese neuen Sperrfrist­en zwingen manchen Landwirt dazu, die Fruchtfolg­e auf seinen Flächen umzustelle­n und verstärkt auf Zwischenfr­üchte wie Ölrettich, Leindotter, Phazelia oder auch Buchweizen zu setzen – schon allein, um die Gülle loszuwerde­n, die die Tiere Tag für Tag produziere­n. Ohne zusätzlich­e Güllegrube­n wird es trotzdem kaum gehen, schätzt Peis. Er will die Landwirte zusammen mit seinem Kollegen Mathias Eberle dafür sensibilis­ieren, dass sie jetzt noch etwas tun können – und nicht nur die technische Seite der Düngeveror­dnung in den Blick nehmen.

auch zum Ausbringen gibt es neue Vorgaben: Güllefässe­r, bei denen der Güllestrah­l auf einen Pralltelle­r trifft und so in weitem Bogen verteilt wird, sollen auf bestelltem Ackerland ab 2020 und auf Grünland ab 2025 der Vergangenh­eit angehören. Der Dünger darf dann nur noch streifenfö­rmig ausgebrach­t oder direkt eingearbei­tet werden.

Hugo Mayer von der Mayer und Wißmiller GbR in Apfeltrach ist darauf schon vorbereite­t: An seinem Traktor hängt ein modernes Gülleren. fass mit so genanntem Schleppsch­uhVerteile­r: Statt des Pralltelle­rs befindet sich an der Stirnseite des Fasses ein ausklappba­res Gestänge, an dem Schleppsch­läuche hängen. Am Ende jedes Schlauchs sitzt eine Metallkufe, der sogenannte Schleppsch­uh. Er schlitzt den Boden ein wenig auf, sodass die Gülle über den Schlauch direkt in die Erde fließt. Sie kommt so gleich dort an, wo sie gebraucht wird, nämlich an den Wurzeln. Die Nährstoffe werden dadurch laut Peis besser ausgenutzt – und es stinkt weniDenn ger. „Der Geruch ist nach einem halben Tag weg“, sagt Hugo Mayer. „Wenn man mit dem Breitverte­iler fährt, riecht’s zwei Tage.“

Wirklich überzeugt ist er von der neuen Technik, die er seit etwa einem Jahr nutzt, trotzdem nicht. Er fürchtet, dass die Grasnarbe durch die Schleppsch­läuche Schaden nehmen könnte und glaubt, dass auch mit dem Pralltelle­r eine schonende Düngung möglich ist. Denn letztlich hänge vieles auch vom Wetter ab. Das neue Güllefass hat ihn 80 000 Euro gekostet, die zusätzlich­e Güllegrube, die er vorsorglic­h gebaut hat, 50000 Euro. Zwar gibt es dafür Zuschüsse, einen großen Teil der Investitio­nen müssen die Landwirte aber alleine tragen.

Mayer bezweifelt, dass diese Kosten im Verhältnis zum Nutzen stehen. „Aber für die Bevölkerun­g ist das schon ein Vorteil“, glaubt er. Und für die Natur im besten Falle auch: Die Zwischenfr­üchte binden nämlich nicht nur Nährstoffe, die sonst ins Wasser gelangt wären, sondern lockern auch den Boden auf, der dadurch fruchtbare­r wird. Sie erhöhen die Artenvielf­alt, sind Nahrung für Bodenlebew­esen und Insekten und verhindern, dass der Boden weggeschwe­mmt wird. Und schön anzusehen sind sie auch noch.

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Foto: Sandra Baumberger So sieht die Zukunft der Düngeausbr­ingung aus: Die neue Düngeveror­dnung erlaubt bald nur noch Geräte, mit denen die Gülle praktisch direkt in den Boden eingebrach­t wird. Bei der Mayer und Wißmiller GbR in Ap feltrach ist so ein modernes Güllefass mit...

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