Für sauberes Wasser und gute Luft
Landwirtschaft Von der neuen Düngeverordnung sollen Umwelt und Verbraucher profitieren. Für die Landwirte ist sie vor allem eins: sehr aufwändig und zum Teil auch teuer
Unterallgäu Pflanzen – das weiß jeder Hobbygärtner – brauchen Nährstoffe, um zu gedeihen. Deshalb sind Dünger in der Landwirtschaft unerlässlich. Problematisch wird es allerdings, wenn die Pflanzen die Nährstoffe, die in der Gülle oder auch mineralischen Düngern enthalten sind, nicht aufnehmen: Der Regen spült sie ins Grund- und damit letztlich ins Trinkwasser.
Das ist in Deutschland mancherorts so stark mit Nitrat belastet, dass sich die EU-Kommission an den Europäischen Gerichtshof gewandt hat. Sie wirft der Bundesregierung vor, den Grundwasserschutz zu vernachlässigen. Mit der seit wenigen Wochen geltenden neuen Düngeverordnung, um die zuvor jahrelang gerungen worden war, will die Bundesregierung gegensteuern: Strengere Vorgaben dazu, wann wo wieviel gedüngt werden darf, sollen die Nitratbelastung des Wassers, aber auch die Ammoniakkonzentration in der Luft verringern.
Was viele Verbraucher freuen dürfte, ist für die Landwirte jedoch mit einigem Aufwand verbunden. Sie müssen größere Abstände zu Gewässern einhalten und die Düngergaben genau berechnen und dokumentie- Nach der Ernte der Hauptfrucht dürfen sie nun bis zum 31. Januar keinen Dünger mehr ausbringen, erklärt Josef Peis vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Mindelheim. Bislang war das durchaus üblich, um die Verrottung des Getreidestrohs in der Erde zu beschleunigen. Ausnahmen sind möglich, wenn auf dem Acker gleich im Anschluss Winterraps, Wintergerste, Zwischenfrüchte oder Feldfutter ausgesät werden, die die Nährstoffe bis zum Winter noch aufnehmen. Auf Grünland und beim mehrjährigen Feldfutterbau darf vom 1. November bis zum 31. Januar nicht mehr gedüngt werden.
Diese neuen Sperrfristen zwingen manchen Landwirt dazu, die Fruchtfolge auf seinen Flächen umzustellen und verstärkt auf Zwischenfrüchte wie Ölrettich, Leindotter, Phazelia oder auch Buchweizen zu setzen – schon allein, um die Gülle loszuwerden, die die Tiere Tag für Tag produzieren. Ohne zusätzliche Güllegruben wird es trotzdem kaum gehen, schätzt Peis. Er will die Landwirte zusammen mit seinem Kollegen Mathias Eberle dafür sensibilisieren, dass sie jetzt noch etwas tun können – und nicht nur die technische Seite der Düngeverordnung in den Blick nehmen.
auch zum Ausbringen gibt es neue Vorgaben: Güllefässer, bei denen der Güllestrahl auf einen Prallteller trifft und so in weitem Bogen verteilt wird, sollen auf bestelltem Ackerland ab 2020 und auf Grünland ab 2025 der Vergangenheit angehören. Der Dünger darf dann nur noch streifenförmig ausgebracht oder direkt eingearbeitet werden.
Hugo Mayer von der Mayer und Wißmiller GbR in Apfeltrach ist darauf schon vorbereitet: An seinem Traktor hängt ein modernes Gülleren. fass mit so genanntem SchleppschuhVerteiler: Statt des Pralltellers befindet sich an der Stirnseite des Fasses ein ausklappbares Gestänge, an dem Schleppschläuche hängen. Am Ende jedes Schlauchs sitzt eine Metallkufe, der sogenannte Schleppschuh. Er schlitzt den Boden ein wenig auf, sodass die Gülle über den Schlauch direkt in die Erde fließt. Sie kommt so gleich dort an, wo sie gebraucht wird, nämlich an den Wurzeln. Die Nährstoffe werden dadurch laut Peis besser ausgenutzt – und es stinkt weniDenn ger. „Der Geruch ist nach einem halben Tag weg“, sagt Hugo Mayer. „Wenn man mit dem Breitverteiler fährt, riecht’s zwei Tage.“
Wirklich überzeugt ist er von der neuen Technik, die er seit etwa einem Jahr nutzt, trotzdem nicht. Er fürchtet, dass die Grasnarbe durch die Schleppschläuche Schaden nehmen könnte und glaubt, dass auch mit dem Prallteller eine schonende Düngung möglich ist. Denn letztlich hänge vieles auch vom Wetter ab. Das neue Güllefass hat ihn 80 000 Euro gekostet, die zusätzliche Güllegrube, die er vorsorglich gebaut hat, 50000 Euro. Zwar gibt es dafür Zuschüsse, einen großen Teil der Investitionen müssen die Landwirte aber alleine tragen.
Mayer bezweifelt, dass diese Kosten im Verhältnis zum Nutzen stehen. „Aber für die Bevölkerung ist das schon ein Vorteil“, glaubt er. Und für die Natur im besten Falle auch: Die Zwischenfrüchte binden nämlich nicht nur Nährstoffe, die sonst ins Wasser gelangt wären, sondern lockern auch den Boden auf, der dadurch fruchtbarer wird. Sie erhöhen die Artenvielfalt, sind Nahrung für Bodenlebewesen und Insekten und verhindern, dass der Boden weggeschwemmt wird. Und schön anzusehen sind sie auch noch.