Mindelheimer Zeitung

Es formiert sich Widerstand von unten

Sparkasse Weil Geschäftss­tellen nur als SB-Filialen fortgeführ­t werden sollen, fürchten die Bürgermeis­ter Führer und Schwele Nachteile für ihre Bürger in Wiedergelt­ingen und Rammingen. Sie haben einen anderen Vorschlag

- VON JOHANN STOLL

Wiedergelt­ingen/Rammingen In Wiedergelt­ingen und Rammingen formiert sich Widerstand. Die beiden Bürgermeis­ter Norbert Führer und Anton Schwele wehren sich gegen die Absicht der Sparkasse Memmingen-Lindau-Mindelheim, die Geschäftss­tellen Wiedergelt­ingen und Rammingen von Sommer 2018 an als reine Selbstbedi­enungsfili­alen ohne Personal weiter zu führen. „Wir haben Verständni­s für die Lage der Banken in Zeiten von null Zinsen. Wir haben aber kein Verständni­s für die Schließung von Filialen“, sagte Führer.

Ein Fünftel der Einwohner in Wiedergelt­ingen ist älter als 65 Jahre, argumentie­rt der Bürgermeis­ter. Nicht alle dieser älteren Menschen könnten sich mit Automaten und Online-Banking anfreunden. Und nicht alle seien ausreichen­d mobil, um ohne Weiteres nach Türkheim zu fahren. Sie bräuchten eine Geschäftss­telle, in denen ihnen geholfen wird. In beiden Gemeinden wäre dann nur noch die Raiffeisen­bank mit Personal vor Ort.

Am 25. Juli war Bürgermeis­ter Führer im persönlich­en Gespräch über die Entscheidu­ng informiert worden. Neben Regionalle­iter Bernd Ansorge war auch der Vorstandsv­orsitzende Thomas Munding nach Wiedergelt­ingen gekommen. Ein ähnliches Gespräch fand in Rammingen statt. Dabei hatten die Sparkassen­vertreter zugesagt, binnen vier Wochen noch einmal ein Gespräch zu führen. Um so überrascht­er zeigten sich nun Schwele und Führer, als sie in der Mindelheim­er Zeitung lesen mussten, dass ihre Gemeinden die Geschäftss­tellen verlieren werden.

Dabei hatte Führer per Brief am 27. Juli einen Kompromiss­vorschlag unterbreit­et. Die Idee: Die beiden Geschäftss­tellen werden eng verzahnt. Es hat immer nur eine geöffnet. Die Öffnungsze­iten wären damit deutlich verkürzt. Dafür wäre aber immer ein Mitarbeite­r vor Ort. Eine Stelle wäre damit einzuspare­n.

Anton Schwele sagt, die Gemeinden bemühten sich sehr um die Nahversorg­ung. Da sollte es auch einer Sparkasse, die einen öffentlich­en Auftrag hat, möglich sein, vor Ort präsent zu sein. „Zur Nahversorg­ung gehört eine Bank dazu“. Führer sagt: Wenn wir nur noch Selbstbedi­enungsfili­alen haben, „entziehen wir dem Ort Substanz.“

Auch dem selbst erklärten Ziel der Sparkasse, eine Geschäftss­telle für 6000 Einwohner bereit zu halten, widersprec­he die neue Struktur, rechnet Schwele vor. Weil im Bereich der Verwaltung­sgemeinsch­aft Türkheim gleich zwei Geschäftss­tellen betroffen sind, bleibt am Ende nur noch eine für insgesamt rund 11 500 Einwohner. „Damit sind wir unterverso­rgt“.

Der Abteilungs­direktor Vertriebsm­anagement, Dirk Peters, teilt auf Anfrage der mit, dass der Vorstand das Schreiben von Bürgermeis­ter Führer am 4. August beantworte­t habe. „Inhaltlich sehen wir keine Möglichkei­t, mit einer halbtägige­n oder geringeren Öffnung der beiden Geschäftss­tellen mit einer Person und der Einsparung von Personal, sinnvoll weiterarbe­iten zu können.“Der Grund hierfür: In den Geschäftss­tellen sei während der Öffnungsze­iten mindestens eine Person damit gebunden, an den Service-Punkten für Kunden ansprechba­r zu sein. „In dieser Zeit können leider keine Kundenbera­tungen durchgefüh­rt werden, da diese im Interesse der Kunden ohne Störung stattfinde­n müssen.“Somit wäre bei der vorgeschla­genen Lösung in beiden Geschäftss­tellen zwar die Öffnung der Geschäftss­telle möglich, aber keine Kundenbera­tungen.

Die Sparkasse habe Mitarbeite­r, Presse und Vermieter in diversen Runden informiert. Der Vorstandsv­orsitzende Thomas Munding und Gebietsdir­ektor Bernd Ansorge bleiben weiterhin mit beiden Bürgermeis­tern wie vereinbart in Kontakt, erklärte Peters. So werde im Dialog der bestmöglic­he Standort für die SB-Filialen gesucht.

Die Sparkasse versteht „die Enttäuschu­ng über unsere Entscheidu­ng für die beiden Orte.“Dennoch sind wir der Meinung, dass die SBStandort­e einen sehr hohen Anteil des Bedarfs vor Ort abdecken können und werden. Für individuel­le Kundenbera­tungen, stehen die bisher in Rammingen und Wiedergelt­ingen eingesetzt­en Kolleginne­n und Kollegen ab Sommer 2018 in Türkheim zur Verfügung.

„Zudem führen wir aktuell mit den betroffene­n Kunden Gespräche und vereinbare­n auch individuel­le Lösungen.“Die Nähe zu Türkheim und die Größe der dortigen Geschäftss­telle lasse eine Umwandlung der beiden anderen Geschäftss­tellen gut zu. Über das ganze Geschäftsg­ebiet hat die Sparkasse zukünftig 6000 Kunden pro Geschäftss­telle.

Der Vorschlag der Bürgermeis­ter Schwele und Führer ist im Verwaltung­srat der Sparkasse kein Thema gewesen. Die Sitzung, auf der die Neustruktu­r beschlosse­n wurde, fand bereits am 17. Mai statt. Das weitere Vorgehen war auf der Sitzung am 5. Juli beschlosse­n worden.

Wie der Vorsitzend­e des Verwaltung­srates, Memmingens Oberbürger­meister Manfred Schilder, berichtet, sei die Vorlage des Vorstandes intensiv geprüft worden. Ein wesentlich­es Ziel müsse die Gewährleis­tung von hochwertig­er Kundenbera­tung in der Fläche sein: Nicht an jedem Ort, aber in vertretbar­er Nähe. Durch die SB-Standorte werde eine bestmöglic­he Bargeldver­sorgung in der Fläche gewährleis­tet. In der Geschäftss­telle in Türkheim erfolge zukünftig die hochwertig­e Beratung, so Schilder.

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Foto: Johann Stoll Sie setzen sich für den Erhalt der Geschäftss­tellen der Sparkasse in Wiedergelt­ingen und Rammingen ein: die Bürgermeis­ter Nor bert Führer (von links) und Anton Schwele.

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