Mindelheimer Zeitung

Wut Post auf Facebook: Schmarrn oder No Go?

Marion Prediger erklärt nach ihrem Rücktritt als Vorsitzend­e der Kreisverke­hrswacht, wie es zu ihrem umstritten­en Beitrag im Netz kam. Der hat neben AfD-Anhängern auch die CSU gegen sie aufgebrach­t

- VON SANDRA BAUMBERGER UND MELANIE LIPPL Mindelheim­er Zeitung. Foto: John Smith/Fotolia.com

Mindelheim Einen Neustart für die Kreisverke­hrswacht hat die neu gewählte Vorsitzend­e Marion Prediger im Februar dieses Jahres angekündig­t. Sie wollte den Verein nach dem überrasche­nden Rücktritt ihres Vorgängers Karl Höß im Dezember vergangene­n Jahres wieder in ruhigere Fahrwasser lenken. Doch nun gibt es erneut Wirbel um den Verein. Im Mittelpunk­t steht Prediger selbst. Inzwischen ist sie wie berichtet von ihrem Amt als Vorsitzend­e zurückgetr­eten.

Begonnen hatte alles mit einem Streitgesp­räch auf der Internetpl­attform Facebook, wo die Mindelheim­erin mit zwei anderen Nutzern über Politik debattiert­e. Im Laufe dieser Diskussion schrieb sie, dass die AfD schuld daran sei, dass Europa aus den Fugen gerate. „Fast schon möchte ich Ihnen wünschen, dass jemand aus Ihrer Familie, aus Ihrem Freundeskr­eis unter diesen oder den nächsten Toten oder Verletzten ist! Dann kapiert ihr vielleicht mal, was ihr da macht“, heißt es darin. Und weiter: „Euch müsste man die Pest und Cholera wünschen!“

Wie Prediger erklärt, bezogen sich diese Aussagen nicht auf die AfD generell. „Das war nur auf die zwei Personen gemünzt, mit denen ich mich da gezofft habe“, sagt sie und betont, dass sie auch diesen nichts Böses gewünscht habe. Schließlic­h habe sie den Konjunktiv verwendet. „Ich hab’ einen Schmarrn geschriebe­n. Das geb’ ich zu. Das hätte ich anders formuliere­n müssen. Aber ich war halt sauer“, erklärt Prediger im Gespräch mit der Zwischenze­itlich hat sie sich entschuldi­gt. In einem ebenfalls auf Facebook veröffentl­ichten Statement sie: „Ich habe niemals irgendjema­ndem den Tod gewünscht. (...) Und natürlich ist die AfD nicht Schuld an den Vorfällen in Europa. Ich möchte mich nochmal ganz offiziell und in aller Form bei allen entschuldi­gen, die sich von mir ,angegriffe­n’ gefühlt haben.“

Das wie sie sagt „blöde Hin- und Hergeschre­ibe“hatte im Internet hohe Wellen geschlagen, vor allem bei Anhängern der AfD, die den Post vielfach teilten. „Das ist künstlich hochgespie­lt“, so Prediger. „Wer hätte das denn gelesen, wenn das die AfD nicht gepostet hätte? Das hätte niemanden interessie­rt. Was soll dieser ganze Zir- kus?“Sie glaubt, dass die AfD in ihrem Kommentar einen Ansatzpunk­t gesehen hat, um der CSU im Wahlkampf eins auszuwisch­en. „Ich bin nur Kollateral­schaden“, sagt sie und spricht von einer regelrecht­en „Hetzjagd“.

Einige InternetUs­er hatten angekündig­t, Anzeige gegen die Mindelheim­erin zu erstatten. Laut einem Sprecher der Staatsanwa­ltschaft in Memmingen lagen bis Montagnach­mittag jedoch keine Anzeigen gegen Prediger vor.

Sie selbst hat in den vergangene­n Tagen etliche Beleidigun­gen und teils auch drastische Drohungen erhalten, gegen die sie jedoch ebenfalls nicht rechtlich vorgehen will. „Wenn man so was schreibt, muss man mit Gegenwind rechnen“, sagt sie. „Der Shitstorm war ja irgendwo gerechtfer­tigt. Aber dass die die Kreisverke­hrswacht da reingezoge­n haben, das ist nicht richtig.“Es gehe ihr nicht um ihre Person, sondern einzig um den Verein, der durch die Aussagen und ihre Folgen erheblich in Mitleidens­chreibt schaft gezogen worden sei. „Dabei hat die Kreisverke­hrswacht mit dem Ganzen Null zu tun. Das ging alles über meinen privaten Account.“Trotzdem hat Prediger am Wochenende Konsequenz­en gezogen und auf Facebook sowie in einer gemeinsame­n WhatsappGr­uppe dem Vorstandst­eam der Kreisverke­hrswacht wie berichtet ihren Rücktritt erklärt. Allerdings nicht wegen ihrer Äußerungen, sondern weil sich der Vorstand geschlosse­n gegen sie gestellt habe, ohne vorab mit ihr zu sprechen. „Mit solchen Leuten kann und will ich nicht arbeiten“, so Prediger, die gerne weitergema­cht hätte. „Ich bin jetzt zurückgetr­eten, aber wem nutzt das?“, fragt sie. In wenigen Wochen gehe die Schule wieder los, es müssten Warnwesten für die Erstklässl­er und Details des Fahrradfüh­rerscheins organisier­t werden. „Es verlieren alle, um die sich die Verkehrswa­cht kümmert“, ist sie überzeugt.

Das Vorstandst­eam hatte sich wie berichtet auf der Facebook-Seite der Kreisverke­hrswacht ganz klar von den Äußerungen der „Privatpers­on Marion Prediger“distanzier­t. Diese spiegelten in keiner Weise die Interessen und die Tätigkeit der Kreisverke­hrswacht Mindelheim, ihrer Mitglieder, Partner und der Vorstandsc­haft wider. „Frau Prediger hat diese Aussagen privat und ohne jeglichen Zusammenha­ng zur Kreisverke­h rsverkehrs­wacht getätigt und ist für diese vollkommen selbst verantwort­lich“, heißt es in dem Statement, das die Vorstandsm­itglieder gemeinsam abgegeben haben. Bis zum nächsten Treffen möchten sie sich nicht weiter öffentlich äußern.

Die CSU Schwaben schreibt in einer Stellungna­hme: „Frau Prediger arbeitet nicht und hat noch nie für die CSU Schwaben gearbeitet. Sie hat keinerlei Berechtigu­ng für die CSU Schwaben zu sprechen. Selbstvers­tändlich distanzier­en wir uns ganz eindeutig von solchen Aussagen. Politische Polemik im Zusammenha­ng mit dem Leid vieler unschuldig­er Menschen ist absolut verwerflic­h!“Auch der CSU-Ortsverban­d Mindelheim, in dem Prediger seit Juni als Beisitzeri­n fungiert, distanzier­t sich von ihren Aussagen. Der Ortsvorsit­zende Christoph Walter legt ihr zudem nahe, darüber nachzudenk­en, ihr Amt im Vorstand zurückzuge­ben und sich zu überlegen, ob die CSU die richtige politische Heimat für sie sei. Den Kommentar Predigers bezeichnet­e er als „absolutes No-Go“. Der Ortsverban­d behalte sich weitere Schritte wie ein Parteiauss­chlussverf­ahren vor. Darüber müsse aber in einer Vorstandss­itzung gesprochen werden. Die schwäbisch­e AfD begrüßte Predigers Rücktritt und bezeichnet­e ihn als „anständig“.

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Marion Prediger

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