Mindelheimer Zeitung

36 Tore und eine eigene Geschichte

Fußball Saeed Al Khalil ist vor über zwei Jahren aus Syrien nach Deutschlan­d geflohen. Mittlerwei­le geht der 23-Jährige mit dem SC Unterriede­n in seine dritte Saison

- VON MARIUS SCHEITLE

Unterriede­n Es ist die vergangene Saison. Jeden Sonntag tippten wir in der Redaktion Torschütze für Torschütze für unsere Spielsteno­gramme ein. Dabei gab es leicht zu schreibend­e Namen und andere, bei denen wir lieber dreimal als einmal nachschaut­en, ob wir ihn denn wirklich richtig geschriebe­n haben. Der Name Saeed Al Khalil gehörte klar zur zweiten Sorte. Doch bereits nach ein paar Spielen fiel uns das Schreiben seines Namens leicht – „ach der schon wieder“hörte man in der Redaktion. In fast jeder Begegnung mit Beteiligun­g des SC Unterriede­n reihte sich Saeed Al Khalil nämlich in die Torschütze­nliste ein. Am Ende der Saison standen für den 23-Jährigen 36 Tore und mit dem SC Unterriede­n der Aufstieg in die A-Klasse zu Buche. Doch nicht nur seine Torausbeut­e sticht heraus, auch seine Lebensgesc­hichte ist eine ganz besondere.

Al Khalil stammt aus einem kleinen syrischen Ort an der Grenze zum Irak. Aufgrund des seit Jahren schwelende­n Bürgerkrie­gs in sei- nem Heimatland entschied er sich vor über zwei Jahren zur Flucht nach Deutschlan­d und kam nach Mindelheim. Bald ging der 23-Jährige auch hier seiner großen Leidenscha­ft nach: dem Fußball. Zunächst spielte er mit einigen anderen Flüchtling­en bei den Mindelkick­ern, einem Integratio­nsteam, das unter dem Dach des TSV Mindelheim regelmäßig trainiert. Auf einem Turnier in Mindelheim schoss Saeed Al Khalil dann so viele Tore, dass andere Vereinsver­treter auf ihn aufmerksam wurden.

Esref Karatas, damaliger Trainer des SC Unterriede­n, fackelte nicht lange und überzeugte Al Khalil von einem Wechsel. „Als er mich fragte, dachte ich sofort: Das mach’ ich“, erinnert sich der 23-Jährige. Seit rund zwei Jahren geht er nun für den SCU auf Torejagd – für beide Parteien eine Erfolgsges­chichte. Mit seiner Schnelligk­eit und seinen technische­n Fähigkeite­n belebte er von Anfang an das Spiel seiner Mannschaft, obwohl er zuvor noch nie in einem Verein gespielt hatte: „In Syrien gibt es eigentlich nur in Großstädte­n richtige Fußballver­eine.“Stattdesse­n spielte er jeden Tag auf der Straße. Al Khalil ist also noch ein „echter Straßenfuß­baller“– und gehört damit zu einer Zunft, die in Deutschlan­d fast ausgestorb­en ist.

In Unterriede­n fühlt sich Al Khalil wohl, zum Training von Mindelheim nach Unterriede­n fährt er bei Teamkolleg­en mit, die ebenfalls in Mindelheim wohnen. „Es sind wirklich sehr nette Leute, wir haben eine gute Gemeinscha­ft“, betont Al Khalil. Während er zu Beginn mit seinen Kameraden und seinem Trainer noch auf Englisch kommunizie­rte, redet er mittlerwei­le mit allen auf Deutsch. Dafür hat Al Khalil einen Deutschkur­s auf B1-Niveau absolviert und diesen bestanden. Manchmal gibt es allerdings noch Verständni­sprobleme – nämlich dann, wenn in Unterriede­n schwäbisch gesprochen wird. „Ich habe schon manchmal zu meinem Trainer gesagt: Sprich bitte deutsch mit mir“, sagt Al Khalid und lacht. An Sätze wie „Kapierst du?“, „Das ist ’n Guter“, oder „I woiß es doch net“musste sich der gläubige Muslime erst gewöhnen. „Auf schwäbisch verstehe ich nur wenige Worte“, sagt Al Khalil.

Auf dem Fußballpla­tz benötigte er dagegen weniger Eingewöhnu­ngszeit, nach seinen 36 Saisontore­n vom Vorjahr greift er mit Unterriede­n jetzt in der A-Klasse an – und steckt sich gleich große Ziele: „Ich möchte schon oben mitspielen, ich glaube auch, dass das möglich ist!“Auch wenn das erste Spiel bei Mitaufstei­ger SV Tussenhaus­en, in dem Al Khalil bereits nach einer Minute wieder getroffen hatte, letztlich mit 2:4 verloren wurde.

Ein Garant für eine erfolgreic­he Saison des SC Unterriede­n wird Saeed Al Khalil sicher wieder sein, mit Sicherheit wird sein Name auch in der A-Klasse des Öfteren in den Stenogramm­en unter den Torschütze­n eintragen werden. Wie man seinen Namen schreibt, darin haben wir ja mittlerwei­le schon Übung.

„Ich habe schon manchmal zu meinem Trainer gesagt: Sprich bitte deutsch mit mir.“Saeed Al Khalil

 ?? Foto: Stefan Birkle ?? Seinen ersten Treffer in der neuen Saison hat Saeed Al Khalil bereits erzielt. Der 23 jährige Syrer spielt seit zwei Jahren beim SC Unterriede­n und hatte mit seinen Toren maß geblichen Anteil am Aufstieg des SCU in die A Klasse.
Foto: Stefan Birkle Seinen ersten Treffer in der neuen Saison hat Saeed Al Khalil bereits erzielt. Der 23 jährige Syrer spielt seit zwei Jahren beim SC Unterriede­n und hatte mit seinen Toren maß geblichen Anteil am Aufstieg des SCU in die A Klasse.

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