Hartes Urteil nach Krawallen
Gericht geht über Forderung der Staatsanwältin hinaus
Hamburg Im ersten Prozess rund um die G20-Krawalle hat das Amtsgericht Hamburg einen 21-Jährigen zu zwei Jahren und sieben Monaten Haft verurteilt. Der Niederländer wurde am Montag des schweren Landfriedensbruchs, der gefährlichen Körperverletzung, des besonders schweren Angriffs auf Vollstreckungsbeamte und des Widerstands schuldig gesprochen. Nach Überzeugung des Richters hatte er am späten Abend des 6. Juli bei Krawallen im Hamburger Schanzenviertel zwei Flaschen auf einen Polizeibeamten geworfen. Seiner Festnahme hatte er sich widersetzt.
Der Angeklagte saß seit dem 7. Juli in Untersuchungshaft. Ein Berliner Polizist schilderte als Zeuge vor Gericht, wie er am Abend nach der „Welcome to Hell“-Demonstration im Schanzenviertel von zwei Flaschen getroffen wurde. Er habe kurze Zeit einen Schmerz gefühlt. Trotzdem sei er losgelaufen und habe den mutmaßlichen Werfer festgenommen. Der Niederländer habe sich dagegen gewehrt, indem er sich in „Embryonalstellung“gebracht habe.
Die Staatsanwältin hatte ein Jahr und neun Monate gefordert, die Verteidigerin Freispruch. Die rund 40 Zuschauer reagierten geschockt auf das Urteil. Es war der erste Prozess im Zusammenhang mit den G20-Krawallen Anfang Juli in Hamburg.
Insgesamt ermittelt die Hamburger Polizei wegen mutmaßlicher Straftaten von G20-Gegnern in mehr als 2000 Fällen. Das zeigen interne Zahlen der Sonderkommission „Schwarzer Block“, die dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel vorliegen. Ein Polizeisprecher sagte am Montag auf Nachfrage: „Ich kann die Zahlen bestätigen.“
Die Statistik mit dem Stichtag 22. August umfasst dem Bericht zufolge vom 1. Januar bis Ende Juli 2036 Straftaten. Aus den Daten gehe jedoch nicht hervor, wie viele Taten es an den Gipfeltagen am 7. und 8. Juli gegeben haben soll. Die meisten Delikte beträfen Sachbeschädigung mit 575 Fällen, gefährliche Körperverletzung (330 Fälle) und Landfriedensbruch (303). Dann folgten besonders schwere Fälle von Landfriedensbruch (126) und Brandstiftung (123). In 45 Fällen gehe es um Widerstand gegen Polizeibeamte.
Am Donnerstag beginnt die Hamburgische Bürgerschaft mit der politischen Aufarbeitung des G20-Gipfels, in dessen Umfeld es zu schweren Krawallen gekommen war. In der ersten Sitzung des vereinbarten Sonderausschusses soll der Zeitplan für die wohl bis Sommer 2018 dauernden Beratungen festgelegt werden. Angehört werden sollen unter anderem externe Experten, Betroffene, Verantwortliche in den Behörden sowie Vertreter der Politik – darunter auch Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz.