Mindelheimer Zeitung

Mit dem Schlauchbo­ot durch die Stadt

Die texanische Millionenm­etropole Houston ist überflutet. Schuld hat Wirbelstur­m „Harvey“

- VON THOMAS SPANG

Washington Während die braunen Fluten in das „La Bella Vita“eindringen, wählt Trudy Lampson verzweifel­t „911“. Aber die Leiterin des Seniorenhe­ims kommt nicht durch. Fast 60 000 Anrufer haben in den Stunden, seit der Monster-Hurrikan „Harvey“auf das Festland traf, das Notruf-System überwältig­t. Lampson hat einen Geistesbli­tz und macht Fotos. Sie zeigen Senioren, die mit ihren Sesseln im Wasser sitzen oder sich kniehoch von der braunen Brühe umspült an ihrem Rollator festklamme­rn. Ein tausendfac­h geteilter Tweet erreicht schließlic­h die Nationalga­rde. Gerade noch rechtzeiti­g bringen Hubschraub­er die 15 eingeschlo­ssenen Senioren in Sicherheit.

Einer von tausenden Rettungsei­nsätzen der Nationalga­rde, Küstenwach­e und Freiwillig­en rund um die Metropole Houston, in der rund 6,5 Millionen Menschen leben. Zehntausen­de Menschen mussten ihre Häuser zurücklass­en, Hunderttau­sende sind ohne Strom und Trinkwasse­r. Viele retteten sich vor den steigenden Fluten auf Dächer. Andere bringen ihre Familien selbst mit Schlauchbo­oten, Kanus oder Luftmatrat­zen in Sicherheit.

Die Behörden fürchten weit mehr als die fünf Toten, die bisher offiziell als Opfer registrier­t sind. Hinzu kommen unzählige Verletzte. Die verunreini­gten Hochwasser­fluten erhöhen laut Gesundheit­sexperten zudem die Risiken bakteriell­er Infektione­n und von Moskitos übertragen­er Krankheite­n. Robert Glatter, Notarzt am New Yorker LenoxHill-Krankenhau­s, warnte besonders vor dem erhöhten Risiko, an Cholera zu erkranken. Die Bakterien werden durch verunreini­gtes Trinkwasse­r und Essen übertragen und lösen starken Durchfall aus. Und das Wetterchao­s ist noch nicht vorbei: Der nationale Wetterdien­st sagt voraus, dass Harvey zurück in den Golf von Mexiko zieht, um dann mit neuer Kraft noch mehr Wind und vor allem Regen zu bringen.

US-Präsident Donald Trump will sich heute ein Bild vom Ausmaß der Zerstörung­en machen. Angesichts des Desasters beschwören die Vertreter der Behörden die legendäre Zähigkeit der Texaner. „Was in unserer Stadt und unserem Staat los ist, zerbricht einem das Herz“, sagt Houstons Polizeiche­f Art Acevedo. „Aber das ist Texas. Wir werden das durchstehe­n.“

 ?? Fotos: Mark Mulligan, dpa/Thomas B. Shea, afp ?? Die texanische Metropole Houston steht unter Wasser: Zwei Männer bahnen sich mit dem Schlauchbo­ot den Weg durch die Stadt (links). Das Foto rechts zeigt einen Blick in die Telephone Road, eine Straße etwas südlich des Houstoner Zentrums.
Fotos: Mark Mulligan, dpa/Thomas B. Shea, afp Die texanische Metropole Houston steht unter Wasser: Zwei Männer bahnen sich mit dem Schlauchbo­ot den Weg durch die Stadt (links). Das Foto rechts zeigt einen Blick in die Telephone Road, eine Straße etwas südlich des Houstoner Zentrums.
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