Mindelheimer Zeitung

Kleine Unachtsamk­eit führte in den Tod

Weil ein Bergsteige­r auf einem Gletscher ausgerutsc­ht ist, reißt er seine Seilschaft in die Tiefe. Fünf Menschen sterben. Ob der einzige Überlebend­e sich je erinnern wird?

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Krimml Es war nur ein Moment der Unachtsamk­eit eines Alpinisten. Ein falscher Schritt wurde offenbar am Sonntag für fünf Bayern auf einer Bergtour zum Todesurtei­l. Nach dem Absturz der deutschen Seilschaft im Salzburger Land hat die Polizei ihre Befragung von Zeugen weitgehend abgeschlos­sen – und kann das schrecklic­he Ereignis inzwischen rekonstrui­eren. Das Unglück gilt als eines der schlimmste­n seit Jahren in Österreich.

Der einzige Überlebend­e der Katastroph­e habe bisher aber noch nicht befragt werden können, teilte die Polizei mit. Der 75-Jährige befinde sich zwar nicht mehr in Lebensgefa­hr, aber in kritischem Zustand. Er wird im Salzburger Landeskran­kenhaus behandelt. Es sei fraglich, ob er sich angesichts der Kopfverlet­zungen an den Unfall erinnern könne, sagten die Behörden.

Alle Verunglück­ten im Alter von 34 bis 70 Jahren kamen aus der Nähe von Altötting. Einer der Bergsteige­r rutschte den bisherigen Erkenntnis­sen zufolge Sonntagfrü­h in rund 3000 Metern Höhe aus, als er umzukehren versuchte. Dabei soll er seine Bergkamera­den 200 Meter mit in die Tiefe gerissen haben. Die Gruppe stürzte in eine Spalte. Der Hang nahe dem Ort Krimml hat an der Unfallstel­le eine Neigung von rund 40 Grad und ist komplett mit blankem Eis bedeckt. „Die letzten zwei versuchten den Sturz noch mit Pickeln zu halten, jedoch vergeblich“, sagte der zuständige Einsatzlei­ter der Bergrettun­g. Ein anderer Bergführer beobachtet­e den Unfall, wes- halb der Hergang gut rekonstrui­ert werden konnte.

Die Bergung gestaltete sich wegen des unwegsamen Geländes sehr schwierig. Ein Retter wurde bei dem Einsatz von Steinen getroffen und verletzt. Klar sei mittlerwei­le, dass die Gruppe von dem 70-jährigen Verunglück­ten geführt wurde. Ob er auch geprüfter Bergführer war, stand noch nicht fest. Die Gruppe war am Morgen von der Zittauerhü­tte aufgebroch­en und wollte den Gabler besteigen.

Auf dem Gletscher Wildgerlos­kees habe die Gruppe umdrehen wollen. Drei der Todesopfer wohnten in Burgkirche­n an der Alz, wie das Polizeiprä­sidium Oberbayern Süd mitteilte. Ein Toter, 65, stammte aus Garching an der Alz, ein weiterer, 56, aus Emmerting. Der einzischwe­ren ge Überlebend­e des Unglücks, 75, kommt aus Kastl. Mit einer Ausnahme gehörten alle Opfer der Sektion Burgkirche­n des Deutschen Alpenverei­ns (DAV) an.

Der DAV zeigte sich betroffen. „Unser tiefes Mitgefühl gilt den Hinterblie­benen der Verstorben­en“, teilte der Alpenverei­n mit. Es handle sich um einen typischen sogenannte­n Mitreißunf­all. „Bergsteige­r müssen auf dem Gletscher situativ entscheide­n, ob sie die Möglichkei­t eines Spaltenstu­rzes höher werten als die Wahrschein­lichkeit eines Mitreißunf­alls“, erläuterte DAVSpreche­rin Andrea Händel. Aufgrund dieser Einschätzu­ng entscheide sich, ob man sich anseilt oder nicht. Die verunglück­te Gruppe hatte sich für das Anseilen entschiede­n.

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Foto: Zoom.Tirol, dpa Die Leichen der Verunglück­ten werden per Hubschraub­er zu Tal transporti­ert.

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