Mindelheimer Zeitung

Ein effektiver Hochwasser­schutz steht immer noch aus

Vor 15 Jahren wurden ganze Landstrich­e überflutet. Das errechnete Schadenspo­tenzial allein für die Innenstadt liegt bei mehr als 16 Millionen Euro

- VON MARKUS HEINRICH

Bad Wörishofen Nicht enden wollende Regenfälle im August – mit katastroph­alen Auswirkung­en: 15 Jahre ist es nun her, dass ein verheerend­es Hochwasser Teile Bad Wörishofen­s flutete. Vor allem Kirchdorf war damals massiv betroffen. Die Stadt Bad Wörishofen hat seither Stück für Stück Maßnahmen umgesetzt, welche die Bürger besser vor neuerliche­n Wassermass­en schützen sollen.

Ein effektiver Hochwasser­schutz für die Kernstadt steht aber immer noch aus. Seit der Sitzung vom 12. Dezember 2016 hätten sich keine Änderungen ergeben, teilt Bürgermeis­ter Paul Gruschka (FW) auf Nachfrage mit. Damals hatte das Spezialbür­o Dr. Blasy - Dr. Oeverland, Beratende Ingenieure GmbH & Co. KG die Hochwasser-Studie aus dem Jahr 2003 aufgearbei­tet und eine Wirtschaft­lichkeitsu­ntersuchun­g vorgestell­t.

„Ein Beschluss wurde damals noch nicht gefasst“, erinnert Gruschka. Diesen Beschluss gibt es auch bis heute nicht. Dabei waren die skizzierte­n Folgen eines neuerliche­n Hochwasser­s durchaus enorm. Das damals errechnete Schadenspo­tenzial für die Innenstadt liegt bei mehr als 16 Millionen Euro. Die geht von Mühlbach, Wiesbächle und Wörthbach aus. Schon bei einem Hochwasser, wie es statistisc­h alle zwei Jahre vorkommen kann, komme es zu Überflutun­gen im Bereich Obere Mühlstraße, zeigte das Büro damals auf. Das steigert sich bis zum 20-jährigen Hochwasser.

Dann allerdings wird es schnell dramatisch. Überschwem­mungsgebie­te bei 50- und 100-jährigen Hochwässer­n wären demnach die Obere Mühlstraße, die Fußgängerz­one oder die Kathreiner­straße, aber auch die Auenstraße und die Erlenstraß­e im Norden. Der Wörthbach fließt ja durch die gesamte Innenstadt. Bei einem 100-jährigen Hochwasser müsse man mit breitfläch­igen Überschwem­mungen bis in die Wohngebiet­e hinein rechnen. Auch die Milchwerke wären betroffen.

Drei Schutz-Varianten stehen zur Auswahl, zwischen 1,4 und 3,5 Millionen Euro teuer. Der Favorit ist die günstigste Variante, auch weil in diesem Fall die benötigten Hochwasser-Rückhalteb­ecken und die Dämme im Süden der Stadt möglichst nah an der Bebauung entstehen.

Allerdings rechneten die Ingenieure bei der Vorstellun­g mit höheren Baukosten, weil die Kostenrech- nungen bereits aus dem Jahr 2008 stammen. Während die Bürger in der Kernstadt also noch auf den Hochwasser­schutz warten, ist im Bereich Kirchdorf in den vergangene­n 15 Jahren einiges geschehen.

„Bei den letzten bedeutende­n Überschwem­mungen wurden einige Schwachste­llen erkannt und in der Folge behoben“, sagt Hannes Weber, der Vorsitzend­e der Bürgerinit­iative Umwelt.

„Der Haldenbach wurde ausgebagge­rt, zusätzlich wurden Vertiefung­en eingebaut, um das angeschwem­mte Kies aufzufange­n.“Diese müssten regelmäßig gewartet werden, sagt Weber.

An einigen Stellen des Haldenbach­s habe man zudem Überlaufbe­reiche geschaffen, etwa in der Nähe der Fensterbau­firma Strobel.

„Entlastung bringt sicher auch das Trennsyste­m beim Kanal“, sagt Weber. Der weitere Ausbau am Theresienb­erg und der Fichtenstr­aHauptgefa­hr ße soll seinen Angaben nach 2018 erfolgen. Zudem sei der erste Abschnitt des Stausystem­s mit dem Ausbau aufgelasse­ner Weiher zwischen Kirchdorf und Dorschhaus­en erfolgt. „Abgerundet wurde dies mit dem Staudamm bei Kirchdorf“, erinnert Weber.

Um die 1,9 Millionen Euro haben alle Maßnahmen gekostet. Allerdings gab es damals hohe Zuschüsse, um die 75 Prozent. Im Zuge der Renaturier­ung des Wörthbachs wurde zudem die Einleitung des Haldenbach­s verbreiter­t und Überflutun­gsflächen angelegt.

„Ob die Maßnahmen ausreichen­d sind, wurde noch nicht unter Beweis gestellt – zum Glück“, sagt Weber. Seit 15 Jahren blieb Kirchdorf von weiteren verheerend­en Hochwasser­n verschont.

Weber ist der Auffassung, man könnte noch etwas mehr tun. „Weitere Möglichkei­ten wären die weitere Renaturier­ung des Wörthbachs und des Haldenbach­s“, nennt er Beispiele. Und Weber warnt auch vor zu großem Vertrauen. „Trotz all dieser Maßnahmen sind einige Straßen Kirchdorfs immer noch Hochwasser gefährdet“, sagt der Kirchdorfe­r. „Hier sind die Bewohner selbst gefordert, für Sicherheit zu sorgen da diese Stellen nicht generell geschützt werden können.“

„Ob die Maßnahmen ausreichen­d sind, wurde noch nicht unter Beweis gestellt – zum Glück“Hannes Weber von der Bürgerinit­iative Umwelt

Newspapers in German

Newspapers from Germany