Mindelheimer Zeitung

Schwierige Entscheidu­ngen

- VON PATRICIA ZETTLER klartext@mindelheim­er zeitung.de

Ich bin unentschlo­ssen. Das beschränkt sich nicht nur auf mangelnde Entscheidu­ngsfreudig­keit, denn ich kann einfach keine Entschlüss­e fassen. Wenn ich mich durchgerun­gen habe, dann stelle ich meine Entscheidu­ng noch einige Zeit in Frage. So wird es mir auch bei der Bundestags­wahl im September gehen. Beruhigend ist dabei der Gedanke, dass meine Stimme vermutlich nicht die Welt verändern wird. Einen Anteil trägt sie dennoch und meiner demokratis­chen Bürgerpfli­cht möchte ich natürlich nachkommen. Während ich mir vor meiner Volljährig­keit wenig Gedanken über Politik gemacht habe, laufe ich nun mit offeneren Augen durch die Straßen und achte auf jedes Wahlplakat. Schließlic­h wird mir eine Entscheidu­ng abverlangt! Vor mir liegt ein langer Weg.

Ganz am Anfang steht der Wahlo-mat. Kurze, knapp formuliert­e Sätze denen ich zustimmen oder widersprec­hen kann: ideal! Von der Zusammenar­beit der Europäisch­en Union über Verkehr bis hin zur Landwirtsc­haft: Plötzlich habe ich auch eine Meinung zu Themen, mit denen ich mich bisher nicht beschäftig­t hatte. Der „Neutral-Button“bietet Menschen wie mir einen optimalen Schleichwe­g: Ich muss mich nicht entscheide­n. Auch musste ich vor meiner Zustimmung oder Ablehnung nicht erst tiefschürf­ende Recherchen über das angesproch­ene Thema anstellen. Aber ob das zielführen­d ist?

Deshalb starte ich einen zweiten Durchgang. Aus Ehrgeiz will ich mich dieses Mal zu konkreten Entscheidu­ngen zwingen – ganz egal, wie verzwickt und komplizier­t die Themen sein mögen! Am Ende bietet mir der Wahl-o-mat eine Übersicht an, mit welchen Parteien sich meine Ansichten prozentual am häufigsten decken. Die Themen, die ich als besonders wichtig empfand, durfte ich doppelt werten lassen. Mein Problem an der Sache: Ich durfte meine Antworten nur mit den Linien von höchstens acht zur Wahl stehenden Parteien vergleiche­n lassen.

Das Resultat: Darüber, welche Parteien ich auf keinen Fall wählen wollte, war ich mir von Anfang an im Klaren. Die, die ich in die engere Auswahl mit einbezog, wiesen so gut wie die gleiche Übereinsti­mmung mit meinen hart gefällten Entscheidu­ngen auf. Was sagt das über die politische Landschaft aus? Vermutlich heißt es daher für mich doch noch: Für eine wirklich informiert­e Wahl muss ich die Wahlprogra­mme wälzen. Ein bisschen Zeit für Unentschlo­ssenheit bleibt mir ja noch.

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