Schwierige Entscheidungen
Ich bin unentschlossen. Das beschränkt sich nicht nur auf mangelnde Entscheidungsfreudigkeit, denn ich kann einfach keine Entschlüsse fassen. Wenn ich mich durchgerungen habe, dann stelle ich meine Entscheidung noch einige Zeit in Frage. So wird es mir auch bei der Bundestagswahl im September gehen. Beruhigend ist dabei der Gedanke, dass meine Stimme vermutlich nicht die Welt verändern wird. Einen Anteil trägt sie dennoch und meiner demokratischen Bürgerpflicht möchte ich natürlich nachkommen. Während ich mir vor meiner Volljährigkeit wenig Gedanken über Politik gemacht habe, laufe ich nun mit offeneren Augen durch die Straßen und achte auf jedes Wahlplakat. Schließlich wird mir eine Entscheidung abverlangt! Vor mir liegt ein langer Weg.
Ganz am Anfang steht der Wahlo-mat. Kurze, knapp formulierte Sätze denen ich zustimmen oder widersprechen kann: ideal! Von der Zusammenarbeit der Europäischen Union über Verkehr bis hin zur Landwirtschaft: Plötzlich habe ich auch eine Meinung zu Themen, mit denen ich mich bisher nicht beschäftigt hatte. Der „Neutral-Button“bietet Menschen wie mir einen optimalen Schleichweg: Ich muss mich nicht entscheiden. Auch musste ich vor meiner Zustimmung oder Ablehnung nicht erst tiefschürfende Recherchen über das angesprochene Thema anstellen. Aber ob das zielführend ist?
Deshalb starte ich einen zweiten Durchgang. Aus Ehrgeiz will ich mich dieses Mal zu konkreten Entscheidungen zwingen – ganz egal, wie verzwickt und kompliziert die Themen sein mögen! Am Ende bietet mir der Wahl-o-mat eine Übersicht an, mit welchen Parteien sich meine Ansichten prozentual am häufigsten decken. Die Themen, die ich als besonders wichtig empfand, durfte ich doppelt werten lassen. Mein Problem an der Sache: Ich durfte meine Antworten nur mit den Linien von höchstens acht zur Wahl stehenden Parteien vergleichen lassen.
Das Resultat: Darüber, welche Parteien ich auf keinen Fall wählen wollte, war ich mir von Anfang an im Klaren. Die, die ich in die engere Auswahl mit einbezog, wiesen so gut wie die gleiche Übereinstimmung mit meinen hart gefällten Entscheidungen auf. Was sagt das über die politische Landschaft aus? Vermutlich heißt es daher für mich doch noch: Für eine wirklich informierte Wahl muss ich die Wahlprogramme wälzen. Ein bisschen Zeit für Unentschlossenheit bleibt mir ja noch.