Mindelheimer Zeitung

Von Stetten aus in die ganze Welt

Bei der Hans Sauter GmbH gehen schwere Metallvera­rbeitung und Feinmechan­ik Hand in Hand. Warum das Familienun­ternehmen lieber auf Beständigk­eit als auf Wachstum setzt

- VON JENS REITLINGER

Stetten Ein Ballett vollautoma­tischer High-Tech-Maschinen: In jeder Ecke der Werkshalle­n werden schwere Stahlteile ausgeschni­tten, gebohrt und abgekantet. Zwischen den Geräten laufen Arbeiter mit blauen Latzhosen und Sicherheit­sschuhen umher. Manche von ihnen tragen Werkzeuge und Schutzbril­len, andere schieben große Kisten mit Metallspän­en, wieder andere sind auf dem Weg in die Mittagspau­se. Keine Pause gibt es für die drei Schweißrob­oter, die in einer Ecke der Halle hinter einem Schutzvorh­ang zu Gange sind. An der gläsernen Rückwand sieht man vereinzelt­e Funken aufspringe­n. Längs der Verkehrswe­ge reihen sich palettenwe­ise Metallbaut­eile verschiede­ner Größen und Formen, die auf ihre Weitervera­rbeitung warten. Roboterarm­e haben sie millimeter­genau aufeinande­rgestapelt. Nur wenige Meter weiter werden die Stücke später zu einer Konstrukti­on von mehreren hundert Kilogramm Gewicht zusammenge­baut, für die sich Landwirte aus der ganzen Welt interessie­ren. Die Firma Sauter stellt Montagevor­richtungen für Traktorenz­ubehör her.

Inmitten des Treibens steht Christian Selig im kurzärmlig­en Hemd. In der geräumigen Werkshalle herrscht der typisch metallisch­e Geruch einer warmgelauf­enen Bohrmaschi­ne. Jeder Arbeitssch­ritt ist Selig ebenso wohl bekannt wie die 97 Mitarbeite­r, die als Mechaniker, Schweißer, Metallvera­rbeiter oder Pulverbesc­hichter angestellt sind. Seit sieben Jahren ist Selig Betriebsle­iter bei der Hans Sauter GmbH in Stetten und damit unter anderem für die Produktion verantwort­lich, die fast ausschließ­lich auf sogenannte­n Frontkraft­hebern basiert – das sind Adapter für Traktoren, an denen Frontgerät­e wie Mähwerke und Schneepflü­ge befestigt werden können. „Weltweit sind wir der zweitgrößt­e Hersteller für diese Produkte“, sagt Selig. Jährlich liefert Sauter rund 10000 Exemplare in insgesamt 35 Länder weltweit.

Die Kraftheber sind zudem mit einer Zapfwelle gekoppelt, über die die Frontgerät­e angetriebe­n und gesteuert werden können. Auch ein Getriebe ist darin verbaut, das die Energie des fahrenden Traktors in verschiede­nen Übersetzun­gsverhältn­issen auf die Gerätschaf­ten überträgt. Dieses Bauteil stellt die Firma ebenfalls in ihren Hallen her.

Die Herausford­erung liegt laut Selig in den verschiede­nen Traktorent­ypen. In Sachen Höhe, Größe und Länge gibt es teils große Unterschie­de, weswegen die solide Stahl- Hinter den konstrukti­on nicht universell an die Vorderseit­e eines jeden Schleppers montiert werden kann. Für die populärste­n Marken und Modelle bietet Sauter das rund 5000 Euro teure Zubehörtei­l bereits an. „Sobald ein neuer Traktor auf den Markt kommt, wird er von uns vermessen und eine Lösung für den Frontkraft­heber erarbeitet“, erklärt Selig. Dafür beschäftig­t die Firma sechs Konstrukte­ure. Nach zwei Wochen sei ein Prototyp fertig, ausliefern könne man nach sechs Wochen. „Das ist in der Regel schneller als bei vielen Konkurrent­en“, sagt Selig.

Die Stärke der Firma Sauter liege, wie der Betriebsle­iter betont, in der überschaub­aren Größe des Unternehme­ns. Kurze Wege ermöglicht­en schnelle Entscheidu­ngen. Durch den großen Lagerbesta­nd sind auch die nötigen Einzelteil­e stets vorrätig. Große Traktorenh­ersteller wie Fendt liefern ihre Fahrzeuge ab Werk bereits mit eigenen Kraftheber­n aus.

Wie viele andere Landmaschi­nenherstel­ler geht auch Firma Sauter auf eine Dorfschmie­de zurück. Seit 1967 befindet sich das Unternehme­n an seinem jetzigen Standort am Stettener Ortsrand. Wegen der schwierige­n Konkurrenz­situation habe man den Landmaschi­nenhandel im Jahr 2001 aufgegeben, wie Brigitte Sauter erzählt. Ihr Mann, mit dem sie das Unternehme­n seit 1976 führt, habe noch das Hufschmied­ehandwerk gelernt. „In den 1980er Jahren waren wir ständig mit dem Traktor unterwegs und haben unser Produkt vermarktet“, sagt Sauter. Damals wie heute bestehe der Kundenkrei­s noch immer überwiegen­d aus Händlern, nicht aus Landwirten. Neue Kunden findet das Unternehme­n auch heute noch auf Landwirtsc­haftsmesse­n wie der Agritechni­ca in Hannover und zahlreiche­n weiteren Großverans­taltungen in ganz Europa. „Die Zahl der Landwirte halbiert sich etwa alle zehn Jahre“, sagt Sauter. Auch Traktoren gebe es deutlich weniger, dafür jedoch größere. Ein fester Kundenkrei­s bedeute aus Unternehme­nssicht Stabilität und Beständigk­eit.

Die geschäftig­ste Zeit des Jahres ist bei der Hans Sauter GmbH vorerst vorbei. Die Hauptsaiso­n endet im Juli, bis dahin werden die meisten Neutraktor­en verkauft. Das ist auch bei den Zubehörher­stellern bemerkbar. Insgesamt blickt das Unternehme­n laut Betriebsle­iter Christian Selig zuversicht­lich in die Zukunft. Der Umsatz habe sich in den vergangene­n Jahren stabilisie­rt und hinsichtli­ch des Maschinenb­estands könne das Familienun­ternehmen modernste Standards vorweisen. Einzig der Fachkräfte­mangel sei ein Grund zur Sorge. Auch das Interesse an den Ausbildung­splätzen sei gering, obwohl ein Lehrling der Firma im vergangene­n Jahr erster Bundessieg­er beim Leistungsw­ettbewerb der Handwerksk­ammer geworden ist. Viele geeignete Kandidaten zieht es zu größeren Unternehme­n im Landkreis, doch Teile der Produktion auszulager­n, ist laut Selig aktuell kein Thema: „Uns ist es wichtig, dass unsere Wertschöpf­ungskette hier in Stetten bleibt, am Heimatort der Firma.“

Kulissen

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Fotos: jmr Unmittelba­r nach der Pulverbesc­hichtung fahren die Bauteile an Haken hängend zum Aushärten durch einen Ofen. Anschließe­nd drehen sie zum Abkühlen mehrere Schleifen durch die Werkhalle.
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Betriebsle­iter Christian Selig (Mitte) im Gespräch mit Metallvera­rbeiter Jochen Zug maier (links) und Schweißer Manfred Moser (rechts).
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Mithilfe dieser soliden Stahlkonst­ruktion, dem Frontkraft­heber, lassen sich Geräte wie Schneefräs­en und Mähwerke anbringen.

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