„Die Existenz des Tierheims ist in Gefahr“
Nach den Bauarbeiten an der Bahnlinie wurde das Vereinsgelände von „Hund, Katze & Co.“von einer Rattenplage heimgesucht. Jetzt hofft der Verein auf Schadensersatz, doch die Bahn weist die Vorwürfe zurück
Türkheim Im Zuge des Ausbaus der Bahnlinie München/Lindau wurden Anfang dieses Jahres auch im Bereich des Türkheimer Bahnhofes umfangreiche Baumaßnahmen vorgenommen.
Eine der Leidtragenden ist Elke Schuhmann, die das Tierheim des Vereins „Hund, Katze & Co.“betreibt. Sie sieht jetzt sogar den Fortbestand des Tierheims in Gefahr, denn in den umfangreichen Bauarbeiten im Winter und Frühjahr sieht Elke Schuhmann die Ursache für erhebliche Schäden an den Gebäuden, die sie vor gut 25 Jahren von der Bahn abgekauft hat. Hier hat sie ein Tierheim für alte und kranke Tiere aufgebaut.
Und noch viel schlimmer: Seit die Bagger an der Bahnlinie wieder abgerückt sind, wurde ihr Anwesen von einer regelrechten Rattenplage überzogen. Elke Schuhmann ist sicher: Die Ratten kamen aus einem ehemaligen Kabelschacht entlang der Bahngleise.
Dieser alte Kabelschacht liegt dort laut Elke Schuhmann seit gut 25 Jahren und als im Februar und März die Bagger anrückten und immer nachts in den tiefgefrorenen Boden direkt neben dem bestehenden einen neuen Kabelschacht einzogen, dachte sich die Tierschützerin erst mal nichts Böses.
Niemand habe sie zwar auch damals informiert über die anstehenden Bauarbeiten, die immer in der Ruhephase des Bahnverkehrs in der Zeit zwischen 0.30 und 4.30 Uhr durchgeführt wurden – das sollte sich jedoch als das kleinste Übel herausstellen.
Wenige Wochen später bemerkte sie, dass eine Decke im Keller durch die Erschütterungen abgebrochen war. Sie griff zum Telefonhörer und musste sich zunächst durch ein schier unüberwindliches Gewirr an nicht-zuständigen Vertretern der Bahn hindurch telefonieren, ehe ihr dann doch geholfen wurde. Die Schäden wurden behoben, alles schien in Ordnung.
Doch dann kam der Schock: Auf dem gesamten Gelände des Tierheims unmittelbar an der Bahnlinie hatten sich Ratten eingenistet und erhebliche Schäden angerichtet. Die gefräßigen Nager hatten unter anderem die Wände und Böden einiger Container durchgenagt.
Elke Schuhmann hat für die Rattenplage keine andere Erklärung als die: Die Ratten wurden durch die Bauarbeiten aus dem alten Kabelschacht vertrieben und suchten sich einen neuen Lebensraum. Und da mussten die Ratten gar nicht lange suchen: Das Gelände des Tierheims dürfte in den Augen der Nagetiere fast ein „Schlaraffenland“gewesen sein, in dem sie sich unter anderem auch an den Nahrungsvorräten der rund 40 bis 50 dort untergebrachten Tiere gütlich taten.
Elke Schuhmann griff kurzerhand wieder zum Telefonhörer – und verhedderte sich erneut im Zuständigkeits-Dschungel der Bahn. Partout wollte sich keiner der von ihr angerufenen Sachbearbeiter für diesen Schadensfall zuständig fühlen. Immer wieder und immer wieder wurde sie vertröstet, verbunden – und in die Warteschleife gelegt. Ergebnis: null. Irgendwann hatte dann aber offenbar jemand ein Einsehen und es wurde Rattengift ausgelegt. Das Ergebnis: Auf dem Gelände des Tierheims verendeten zahlreiche Ratten. Für Elke Schuhmann und die rund 40 Mitglieder des Tiervereins aber ganz und gar kein Grund zur Freude, denn: „Niemand hat uns informiert, dass Gift ausgelegt wird. Wir mussten dann die verendeten Ratten entsorgen und konnten nur hoffen, dass keines unserer Tiere vergiftet wird.“
Bei der Bahn reagiert man auf die Vorwürfe kurz und knapp: „Uns sind die vorgebrachten Beschwerden seit vielen Jahren bekannt. Die DB sucht den Dialog. Wir halten die Vorwürfe in dieser Form fachlich für nicht nachvollziehbar und weisen sie daher allesamt zurück. Das Problem tritt auf 141 Kilometern Streckenlänge der Allgäubahn nur an dieser Stelle auf“, so eine Bahnsprecherin zur Mindelheimer Zeitung.
Auch wer für die Giftköder verantwortlich gewesen sei, könne die Bahn nicht sagen.
Und jetzt? Elke Schuhmann ist ratlos, will aber weiterhin versuchen, bei der Bahn einen Verantwortlichen zu finden, der den Schaden reguliert. Sie schätzt den Schaden auf „mehrere tausend Euro“, und der müsse ja wohl vom Verursacher beglichen werden – und dies sei ja wohl eindeutig die Bahn, die mit den Gleisbauarbeiten den Stein erst ins Rollen gebracht habe. Wird der Schaden nicht ersetzt, dann, so Schuhmann, drohe dem Tierheim das finanzielle Aus. „Und wohin dann mit unseren Tieren, die hier ihr Gnadenbrot bekommen?“, fragt die Tierschützerin verzweifelt. Der Verein nimmt kranke, alte und nicht mehr vermittelbare Tiere – vorwiegend Hunde und Katzen, aber auch Kleintiere, Vögel oder Schildkröten – auf und bietet ihnen ein würdevolles Leben bis zu ihrem Tod.
Dieses Engagement steht jetzt auf dem Spiel, doch noch will Elke Schuhmann nicht aufgeben: „Irgendwann werde ich schon noch einen wirklich Verantwortlichen bei der Bahn finden“, hofft sie.
Wie bereits mehrmals berichtet, ändert sich einiges am Türkheimer Bahnhof. Um den Komfort beim Ein- und Aussteigen zu verbessern, werden Gleise erneuert und höhengleich ausgerichtet. Gleis zwei wird nur noch das Durchfahrtgleis für Güterzüge und die internationalen Reisezüge sein. Zwischen Gleis drei und vier soll ein neuer Mittelbahnsteig entstehen, der durch eine Unterführung sicher und über eine Rampe barrierefrei zu erreichen sein wird. Im Rahmen der Elektrifizierung plant die Bahn auch die höhengleiche Querung an der Mindelheimer Straße (Nähe der Firma Finsterwalder) wieder mit einer Schranke zu ertüchtigen.
„Die Beschwerden sind seit vielen Jahren bekannt. Die DB sucht den Dialog. Wir halten die Vorwürfe in dieser Form für nicht nachvollziehbar“Eine Sprecherin der Bahn