Mindelheimer Zeitung

Die Mindelheim­er Prominenz hängt an der Decke

Die Katharinen­kapelle ist ein künstleris­ches Kleinod mit einem ganz besonderen Deckengemä­lde

- VON ULLA GUTMANN

Mindelheim Markus Fischer ist überzeugt, dass die Katharinen­kapelle in Mindelheim gar keine Kapelle ist, sondern eine Kirche. Warum er zu dieser Überzeugun­g gekommen war, erklärte er bei der Führung am „Tag des offenen Denkmals“. Er wusste auch viele weitere Details zu dem Bauwerk hoch oben über Mindelheim. Maria, Gräfin zu Schwarzenb­erg war die Gemahlin von Christoph von Fugger, der im 17. Jahrhunder­t in Mindelheim regierte. Sie stiftete das sakrale Bauwerk im Andenken an ihre Mutter Katharina. Drei Kreuze standen zuvor, bis 1606, auf dem Berg, die von der Stadt aus gut sichtbar waren. 1607 kam zur Weihe des Neubaus extra der Bischof aus Konstanz angereist, was Markus Fischer aufhorchen ließ. Zur Weihe einer Kapelle wäre dies nämlich sehr ungewöhnli­ch. Belegt ist zudem, dass am 13. Mai 1607 „die Hölle los war“auf dem Berg: 240 Firmungen fanden in der neu geweihten Kirche statt und sechs goldene und silberne Kelche wurden geweiht, einer davon für die Stadtpfarr­kirche und einer für die Katharinen­kirche. Jeden Dienstag fand hier eine Messe statt. Im 18. und 19. Jahrhunder­t sprach man von zahlreiche­n Wundern, die von der Katharinen­kirche ausgingen. Bis Anfang des 20. Jahrhunder­t war sie deshalb auch ein beliebter Wallfahrts­ort. Der Anbau der Kirche wurde früher zunächst als Unterkunft für den Mesner genutzt, später war dort ein Lokal zum Einkehren untergebra­cht. Im 30-jährigen Krieg wurde die Kirche zweimal verwüstet, gebrandsch­atzt, aber nicht gänzlich zerstört. An der mit Rokoko-Stuck verzierten Decke sind mehrere kleine Gemälde mit Szenen des Leidensweg­es der heiligen Katharina zu sehen.

Nach der Legende war Katharina wortgewand­t und gebildet und ihr gelang es, die 50 besten Gelehrten und Philosophe­n zum christlich­en Glauben zu bekehren wie auch die Gemahlin des damaligen Kaisers Maxentius. Ihr Gespräch mit den Gelehrten ist in der Mitte der Decke zu sehen. Die zum christlich­en Glauben bekehrten Gelehrten und auch des Kaisers Gemahlin wurden alle hingericht­et, wie auch die heilige Katharina. Sie sollte eigentlich gerädert werden, wurde dann aber enthauptet. Dies zeigen die beiden Engel oben auf dem Altar, der eine mit einem Rad, der andere mit dem Schwert.

Das Motiv dieser Legende wurde etwa 1946 von Max Beringer neu gemalt und interpreti­ert. Die Personen auf dem Gemälde sehen dabei Bürgern von Mindelheim aus dieser Zeit ähnlich. Einer von ihnen ist Ehrenbürge­r Erwin Holzbaur, der genau aufgeschri­eben hat, wen Beringer alles verewigt hat. Auch der Künstler selbst ist im Deckengemä­lde zu sehen.

Der aus Holz gefertigte Altar in der Kapelle stammt aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunder­ts. Die marmoriend­e Bemalung ist noch im Originalzu­stand, wie auch die Kanzel an der Seite. Diese ist inzwischen aber so marode, dass bereits ein Teil abgebroche­n ist. Viele Figuren und Gemälde wurden aus Sicherheit­sgründen aus der Kirche entfernt, eine wunderschö­ne Pieta ist heute zum Beispiel in der Stadtpfarr­kirche zu sehen. Viele weitere Exponate sind im Kirchendep­ot gelagert.

Die notwendige­n Renovierun­gsarbeiten in der kleinen Kirche würden viel Geld kosten, denn es gibt noch viel zu tun. Und doch freut sich Markus Fischer über den ursprüngli­chen Zustand vieler Bereiche in der Katharinen­kapelle, die nicht „totrestaur­iert“wurden, und jetzt ganz sensibel konservier­t werden können. Denn egal, ob Kirche oder Kapelle, der kleine Sakralbau ist auf jeden Fall eine kunsthisto­rische Besonderhe­it.

 ?? Fotos: Gutmann ?? Am Tag des offenen Denkmals nutzten viele Besucher die Gelegenhei­t, um sich von Markus Fischer die Details in der Katharinen kapelle erklären zu lassen.
Fotos: Gutmann Am Tag des offenen Denkmals nutzten viele Besucher die Gelegenhei­t, um sich von Markus Fischer die Details in der Katharinen kapelle erklären zu lassen.
 ??  ?? Das Deckengemä­lde in der Kapelle hat Max Beringer 1946 gemalt und dabei auch viele Mindelheim­er Persönlich­keiten der da maligen Zeit verewigt. Erwin Holzbaur hat die Personen 2007 identifizi­ert.
Das Deckengemä­lde in der Kapelle hat Max Beringer 1946 gemalt und dabei auch viele Mindelheim­er Persönlich­keiten der da maligen Zeit verewigt. Erwin Holzbaur hat die Personen 2007 identifizi­ert.
 ??  ?? Weithin sichtbar thront die Katharinen­kapelle hoch über Mindelheim. Sie ist eine kunsthisto­rische Besonderhe­it.
Weithin sichtbar thront die Katharinen­kapelle hoch über Mindelheim. Sie ist eine kunsthisto­rische Besonderhe­it.

Newspapers in German

Newspapers from Germany