Im Betriebsrat und im Allgäu zuhause
Die ambitionierte Kandidatin der Linken, Susanne Ferschl aus Kaufbeuren
Am 24. September ist Bundestagswahl. Im Wahlkreis 257, der das Ostallgäu, Kaufbeuren, Memmingen und große Teile des Unterallgäus umfasst, bewerben sich zehn Kandidaten um das Direktmandat. In loser Folge stellen wir diese mit einem Porträt vor.
„Wichtig ist, dass die Leute zur Wahl gehen. Das ist meine Empfehlung“, betont Susanne Ferschl. „Und nicht die AfD wählen“, fügt die Bundestagskandidatin für Die Linke an. Denn damit werde das demokratische Lager gestärkt. Für eine Direktkandidatin ist das ein bemerkenswert freimütiges Credo. Doch der 44-jährigen Kaufbeurerin ist die Demokratie viel Wert. Schließlich erlebt sie als Betriebsrätin und Gewerkschafterin fast täglich deren Vorzüge.
Ferschl wurde im österreichischen Schwaz geboren, als ihre Eltern dort zu Besuch bei Verwandten waren. Doch eigentlich kommt Ferschl aus dem Allgäu. „Und dort bin ich auch nie weggezogen.“Nach dem Abitur wurde sie bei Nestlé in Biessenhofen zur Chemielaborantin ausgebildet, da ihr Biologie und Chemie Spaß machten. „Danach wollte ich eigentlich studieren, aber meine Betriebsratstätigkeit kam dazwischen“, erläutert Ferschl.
Denn ihr Ausbildungsgang war damals noch sehr jung: „Ich sah Bedarf für mein Engagement“. Inzwischen ist Ferschl sogar Gesamtbetriebsratsvorsitzende bei Nestlé und Hauptvorstandsmitglied in der Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten. „Ich habe gesehen, wenn man sich engagiert, kann man auch etwas verändern.“Insofern schließe sich für sie der Kreis mit ihrem politischen Engagement bei der Linken. Den Menschen in Bayern gehe es zwar relativ gut, aber auch dort spreize sich die soziale Schere immer weiter. Andere Parteien seien für sie keine politische Option, dafür sei ihr die soziale Gerechtigkeit zu wichtig. Als die 44-Jährige deshalb 2015 von den Linken angesprochen wurde, schien ihr das die richtige Lösung. „Das ist eine junge Partei, die mit der SED nichts mehr zu tun hat. Sie übt Kritik an den Auswüchsen des Kapitalismus, aber stellt Gerechtigkeit und Solidarität, Gleichheit und Freiheit in den Vordergrund.“Als bodenständige Allgäuerin habe sie auch keinen Bezug zu den ehemaligen Funktionären, die die Vorgänger der Partei Die Linke prägten: „Ich bin seit 25 Jahren in Betriebsräten engagiert und im Allgäu verankert“. Die Partei trete gegen den Niedriglohnsektor und für gerechtes Entgelt an, wolle die Renten erhöhen und die Umweltzerstörung stoppen. „Und wir haben ein Steuerkonzept, mit dem alle Menschen, die weniger als 7000 Euro verdienen, entlastet werden sollen“, erklärt Ferschl. Ängste vor der Linken seien deshalb unbegründet, denn die Partei stehe für soziale Gerechtigkeit. Und die sei nötig, um eine Spaltung der Gesellschaft zu verhindern – in Arme und Reiche. Denn in diesem Klima gedeihen Vorurteile und profitieren Populisten: „Bestimmte Gruppen wie Flüchtlinge müssen dann als Sündenböcke dienen. Plakative Forderungen sind auch leicht darzustellen, Argumente viel schwieriger“, sagt Ferschl. Die aber wolle sie im Bundestag vorbringen – wenn sie gewählt werde.
Ihre Chancen stehen gut. Denn auf der Landesliste steht Ferschl auf Platz drei. Derzeit kommen vier Abgeordnete der Partei aus dem Freistaat – zumindest nach den derzeitigen Prognosen ist der Listenplatz von Ferschl eine sichere Bank. Das Allgäu hätte auch etwas davon: „Eine Bundestagsabgeordnete aus der Praxis, die einen anderen Blickwinkel als die CSU hat und sich um soziale Gerechtigkeit kümmert“.