Bergtour? Aber sicher!
Jetzt ist wieder die ideale Zeit für Ausflüge ins Gebirge. Gerhard Groos vom Mindelheimer Alpenverein erklärt, was man beachten sollte, damit keine Unfälle passieren
Jetzt beginnt wieder die ideale Zeit für Bergwanderungen. Damit die Ausflüge unfallfrei über die Bühne gehen, haben wir uns Tipps vom Experten geben lassen.
Unterallgäu Keine Frage, die Berge sind schön. Nicht umsonst zieht es jährlich mehr Menschen dorthin zum Wandern, Bergsteigen, Klettern, Mountainbiken und Genießen. September und Oktober gelten als die klassischen Wandermonate, in denen auch viele Laien gerne die Wanderschuhe schnüren. Dass die Berge aber auch Gefahren bergen, zeigen die 89 Menschen, die im vergangenen Jahr in den bayerischen Alpen ums Leben gekommen sind. Auch heuer musste die Bergwacht bereits viele Male ausrücken – und konnte nicht immer helfen: Nach mehreren tödlichen Unfällen sind vor Kurzem bei Bergtouren auch zwei Unterallgäuer gestorben, die als sehr erfahren galten.
„Das hat mich sehr erschüttert“, sagt Gerhard Groos, der Vorsitzende der Alpenvereins-Sektion Mindelheim. „Das waren fitte und gute Leute.“Die Unfälle, die sich derzeit zu häufen scheinen, führt er darauf zurück, dass insgesamt mehr Sportler und Freizeitwanderer in den Bergen unterwegs sind als noch vor einigen Jahren. „Wir haben einen unfassbaren Wanderboom“, sagt er. Dazu tragen auch Attraktionen wie Hochseilgärten, Sommerrodelbahnen und Funparks bei: Sie locken vor allem jüngere Leute und Familien an, die den in der Regel nicht tagesfüllenden Besuch gerne noch mit einer Wanderung verbinden. Manche der Bergliebhaber überschätzen sich allerdings – mit schwerwiegenden Folgen.
„Es gibt einen Unterschied zwischen Fitness und Bergerfahrung“, sagt Groos. Denn auch wenn die Kondition ganz gut sein mag, kann der Blick von einem schmalen Grat nach unten so verunsichern, dass die Trittsicherheit plötzlich dahin ist. Bereits ein kleiner Stolperer kann dann – anders als auf einem Wan- derweg im Flachland – verhängnisvoll sein. Groos rät deshalb, sich vor einer Bergwanderung gut zu informieren, eine Tour zu wählen, die auf die eigenen Fähigkeiten und die Erfahrung zugeschnitten ist und das Gefühl für die Berge zu trainieren. „Am besten, man steigt erst mal eine Stufe niedriger ein“, sagt der 64-Jährige. „Es gibt so viele Wege in unseren Bergen, die man leicht begehen kann.“Wer sich unsicher sei, könne sich auch an den Alpenverein oder eine Bergschule vor Ort wenden, die Tipps geben und häufig auch geführte Wanderungen anbieten.
Er empfiehlt Anfängern und Wiedereinsteigern beispielsweise den Iseler im Tannheimer Tal, die Krinnenspitze, den Schönkahler, den Tegelberg oder den Mittag. Die beiden Letzteren verfügen zudem über eine Bergbahn, was allen entgegenkommt, die es erst einmal langsam angehen lassen und auf Auf- oder Abstieg lieber verzichten wollen. Wer nach einer diesen leichten Touren Muskelkater hat, sollte laut Groos lieber noch ein bisschen trainieren. „Wer keine Probleme hat, kann sich an was Größeres rantrauen.“
Wichtig dabei ist auch der Blick aufs Wetter. Dass man bei Regen oder einem drohenden Gewitter besser auf die Tour verzichtet, ist wohl den meisten klar. Doch auch die schwüle Hitze der vergangenen Wochen ist laut Groos nicht zu unterschätzen: Sie belastet den Kreislauf und kann, wenn der Wanderer zu wenig trinkt, dazu führen, dass die Aufmerksamkeit sinkt. „Wer eine Vier-Stunden-Tour unternimmt, muss bei so einem Wetter mindestens zwei Liter zu trinken dabeihaben“, sagt er. Auch eine Brotzeit gehört neben einem Wechselhemd, einem dünnen Faserpelz, einer Regenjacke und einem kleinen Erst-Hilfe-Set in den Rucksack – oder zumindest die Gewissheit, dass die Alpe, die man ansteuern will, auch wirklich geöffnet hat. Von Klassikern wie Landjägern oder einer deftigen Hüttenbrotzeit rät der Experte vor allem sportlichen Wanderern jedoch eher ab: „Der Körper braucht zu viel Energie um das zu verdauen, man wird müde und die Konzentration lässt nach.“Besser seien stattdessen Energie- und Müsliriegel sowie spezielle Sportlernahrung.
Dass es auch auf das passende Schuhwerk ankommt, scheint sich mittlerweile flächendeckend herumgesprochen zu haben. Schlechte Ausrüstung sei heutzutage anders als noch vor einigen Jahren jedenfalls kaum noch die Ursache für Bergunfälle, sagt Groos. „95 Prozent der Leute sind hervorragend ausgerüstet, manche sogar fast schon zu gut.“Ganz wichtig sei auch das Handy. „Und dass man weiß, dass die 112 auch im Gebirge gilt.“Denn passieren kann schließlich immer etwas. „Das Gebirge birgt schon Gefahren, da muss man nicht reden“, sagt Groos. „Auch wenn man sich noch so gut auskennt: Ein Restrisiko bleibt immer.“