Rot muss das Dach sein
Weil ein Bauherr eigenmächtig eine andere Farbe wählte, hat er nun Schwierigkeiten. Sogar die Justiz ist eingeschaltet
Nassenbeuren Eigentlich schien alles auf einem guten Weg zu sein. Im Mai 2016 hatte der Bauausschuss des Mindelheimer Stadtrates ein Einfamilienhaus am südwestlichen Rand von Nassenbeuren genehmigt. Wie im Bebauungsplan festgelegt, sollte das Dach rote Ziegel erhalten und mit einer knapp zehn Quadratmeter großen Solaranlage ausgestattet werden. Nun musste sich der Bauausschuss noch einmal mit dem Fall beschäftigen. Der Bauherr wünscht als neue Dachfarbe nun anthrazitgrau. Das Problem dabei: Der Bau ist bereits genau so ausgeführt worden.
Eine gewisse Verärgerung war sowohl bei Stadträten als auch bei der Verwaltung herauszuhören. Vizestadtbaumeister Michael Egger betonte, die roten Dachziegel seien zwingend festgesetzt. Das habe der Stadtrat bewusst getan, um das Ortsbild von Nassenbeuren zu schützen. Das Gebäude steht nicht in zweiter Reihe. Wer von Mindelheim kommt, kann das Gebäude an der Bahnlinie gut sehen.
In Vorgesprächen sei dem Bauherrn mehrmals mitgeteilt worden, dass von dieser Vorgabe nicht abgerückt werden könne. Das habe dieser akzeptiert. Im Antrag auf die Baugenehmigung stand dann „Betonformsteine nach Bebauungsplan“.
Bei einer Baukontrolle stellte sich heraus, dass andere Fakten geschaffen worden waren. Das Dach ist dunkelfarben eingedeckt worden. Nur die Photovoltaikanlage auf 65,4 Quadratmeter ist noch nicht verwirklicht. Sie soll 78 Prozent der Dachfläche bedecken. Das eingeschaltete Landratsamt Unterallgäu als übergeordnete Baubehörde ordnete daraufhin eine Beseitigung der Dachziegel an. Dagegen wiederum wehrt sich der Bauherr nun jurisdann tisch. Das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht läuft. Mit einem Urteil ist frühestens im November zu rechnen.
Der Bauausschuss des Mindelheimer Stadtrates stand nun vor der Frage, ob er die Änderungen akzeptiert. Manfred Schuster (Bürgergemeinschaft) konnte den Bauherrn in gewisser Weise verstehen. Eine Photovoltaikanlage mit drei Modulen rentiere sich nicht. Und mit roten Ziegeln sehe das auch nicht so gut aus wie mit anthrazitfarbenen. Auf der anderen Seite sei das Vorgehen „schon frech“.
Peter Miller (ÖDP) erinnerte an einen Vergleichsfall aus Nassenbeuren. Ein anderer Bauwerber hatte gefragt, ob eine andere Dachfarbe als rot möglich sei. Das war im Vorjahr abgelehnt worden. Jetzt könne man das nicht bei einem anderen durchgehen lassen.
Ortssprecher Wolfgang Streitel (CSU) sagte, es sei Tatsache, dass es für die jetzt ausgeführte Variante keine Genehmigung gebe. Im Sinne der Gleichbehandlung könne er deshalb jetzt nicht zustimmen. Für die Zukunft regte Streitel aber an, dass die Stadt mit ihren Bebauungsplänen großzügiger verfahren solle, was Dachformen und Dachfarben betrifft.
Anders sah das Dietmar Wagner, Freie Wähler. Eine Photovoltaikanlage sei mehr wert als ein rotes Dach. Neben Schuster war er der Einzige, der die eigenmächtige Handlung des Bauwerbers durchgehen ließ. Mit acht gegen zwei Stimmen fiel die Ablehnung aber deutlich aus.