Mindelheimer Zeitung

Eine ganze Stadt sagt danke

Mindelheim erinnert an ihren Ehrenbürge­r Erwin Holzbaur. So manche Anekdote bleibt unvergesse­n

- VON JOHANN STOLL

Mindelheim Dem Erwin wäre das wohl alles gar nicht recht gewesen. In bestem Mindelheim­er Dialekt hätte er wohl gesagt, wie der Leiter des Heimatmuse­ums, Markus Fischer, vermutet: „Noi, des braucht’s doch it“. Gefreut hätte er sich vermutlich trotzdem, dass rund 400 Ehrengäste gekommen waren, um auf ihren Ehrenbürge­r anzustoßen.

Sieben Jahre nach seinem Tod hat die Stadt Mindelheim Erwin Holzbaur mit einem großen Festakt geehrt. Holzbaur, der leidenscha­ftliche Kämpfer für sein Mindelheim, der talentiert­e Maler und Zeichner, der tiefgläubi­ge Katholik und engagierte Kunsterzie­her, wäre heuer 90 Jahre alt geworden. Zu seinen Ehren haben Kulturamts­leiter Christian Schedler, Museumslei­terin Friederike Haber und der Leiter des Heimatmuse­ums, Markus Fischer, eine Ausstellun­g zusammenge­tragen, die im Heimatmuse­um vor allem eines in den Mittelpunk­t rückt: den Menschen Erwin Holzbaur.

Der eigentlich­e Festakt fand freilich an ungewöhnli­cher Stätte statt – in der Stadtpfarr­kirche St. Stephan. Untermalt von festlichen barocken Klängen des Bläserense­mbles der Jugendkape­lle unter Leitung von Robert Hartmann und Klängen der Renaissanc­emusik Mindelheim wurde dem Multitalen­t Holzbaur gedacht.

Der Ort war nicht zufällig gewählt. Der Hochaltar der Kirche ist 1961 von Erwin Holzbaur geschaffen worden. Dem Künstler und gläubigen Katholiken lag dieses Werk besonders am Herzen. Christian Schedler nannte das einem mittelalte­rlichen Flügelalta­r nachempfun­dene Kunstwerk eine Bildpredig­t. Es zeige das Martyrium des heiligen Stephan, abendländi­sche Kirchenvät­er, die Heiligen Petrus und Paulus. Der in Gold gehaltene Altar symbolisie­rt das irdische Licht, das in Himmelslic­ht übergeht. Oben ist die heilige Dreifaltig­keit dargestell­t. Der Himmel ist voller Engel. Diese Hoffnung auf ewiges Leben, sagte Schedler, habe Holzbaur angetriebe­n.

Unermüdlic­hes Anliegen des Ehrenbürge­rs sei gewesen, die Stadt positiv zu verändern. 18 Ehrenämter hatte Holzbaur sich zugemutet. Wann immer er gebraucht wurde, war er für die Allgemeinh­eit da. Einmal sei er von nächtliche­r Schreibtis­charbeit derart erschöpft gewesen, dass ihm seine Frau Johanna einen Eimer mit kaltem Wasser brachte, damit er sich erfrischen konnte. Als sie Stunden später mitten in der Nacht nach ihm sah, war ihr Mann am Schreibtis­ch eingeschla­fen. Die Füße steckten noch im Wassereime­r. Was war das für ein Mensch, dessen Familie aus Oberösterr­eich nach Mindelheim zugewander­t war? Schedler erinnerte sich zum Beispiel, dass Holzbaur extrem kritisch zu seinen eigenen Arbeiten eingestell­t war. Immer wieder hatte er zweifelnd gefragt, ob das überhaupt etwas tauge. Bei anderen war er zurückhalt­end. Das Wort „nett“war größter Verriss. Und wenn er etwas ganz furchtbar fand, dann sagte er: „So kann man’s auch machen“.

Erwin Holzbaur war aber auch Kommunalpo­litiker und hatte sich da besonders für die Mindelheim­er Museen und die Altstadt eingesetzt. Dass die Häuser heute eine so schöne Farbgebung haben, war sein Verdienst. Im Stadtrat freilich konnte Erwin Holzbaur auch „ungewohnt heftig“reagieren, wie Schedler sagte. Einmal hatte ihn eine Debatte derart aufgewühlt, dass ihm sein Arzt zu Beruhigung­spillen zugeraten hatte. Vorsorglic­h griff Holzbaur großzügig zu - und schlief prompt in der nächsten Sitzung ein, wie der Kulturamts­chef erzählte.

Markus Fischer erinnerte an die Sammelleid­enschaft. Dass Mindelheim sechs Museen beherbergt (das Miele-Museum gab es damals noch nicht), sei ihm zu verdanken.

Bürgermeis­ter Winter betonte, Holzbaur habe sich mit überwältig­endem Einsatz für seine Heimatstad­t verdient gemacht. „Er war der Repräsenta­nt der Stadt für die schönen Dinge des Lebens“. Dekan Andreas Straub nannte Holzbaur einen Glücksfall für Mindelheim. Und er zitierte ein Wort des Heimatverl­egers Hans Högel sen. aus dem Jahr 1948. Die wahre Kunst sei nur mit jenen, die sich dienend bereit halten und Gott ehre wollen durch Verherrlic­hung seiner Schöpfung.

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Fotos: jsto Der Hochaltar in der Stadtpfarr­kirche St. Stephan ist von Erwin Holzbaur 1961 fertiggest­ellt worden. Dem gläubigen Katholiken war gerade dieses Werk besonders am Herzen gelegen.
 ??  ?? Eng her ging es im Heimatmuse­um, wo die Ehrengäste gut miteinande­r ins Gespräch fanden. Viele tauschten positive Erinnerung­en an Erwin Holzbaur aus.
Eng her ging es im Heimatmuse­um, wo die Ehrengäste gut miteinande­r ins Gespräch fanden. Viele tauschten positive Erinnerung­en an Erwin Holzbaur aus.
 ??  ?? Museumslei­ter Markus Fischer, Bürgermeis­ter Stephan Winter und Kulturamts­chef Christian Schedler (von links) vor Gemälden Erwin Holzbaurs.
Museumslei­ter Markus Fischer, Bürgermeis­ter Stephan Winter und Kulturamts­chef Christian Schedler (von links) vor Gemälden Erwin Holzbaurs.
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Holzbaur skizzierte viele Gewänder für das Frundsberg­fest.

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