Letzte Redeschlacht ums Waaghaus
Türkheims Marktrat genehmigt die Sanierung des Baudenkmals. Das wird nicht billig – und es gibt harsche Kritik. Allerdings rechnet man in der Gemeinde mit Fördermitteln in Höhe von mehr als 1,2 Millionen Euro
Türkheim Das sogenannte Waaghaus gilt als Baudenkmal und wurde in Holzständerbauweise gebaut. Es könnte schon 400 Jahre alt sein, allerdings gibt es erste verbindliche Unterlagen erst aus dem Jahr 1781. Es steht unter Denkmalschutz und soll nun nach dem Willen des Marktrates von Türkheim grundlegend saniert und zu einem sozialen Zentrum und Anlaufpunkt ausgebaut werden. Der Beschluss fiel mit 13:4 Stimmen. Doch bevor es soweit war, kam es noch einmal zu einer heftigen Grundsatzdiskussion. Otto Rinninger vertrat die Minderheitsmeinung und nannte das Vorhaben eine „Verschleuderung von Steuergeldern“und sprach sich für einen Abriss und Neubau aus.
Bürgermeister Christian Kähler mahnte zu Beginn der Beratung Eile an. Man sei in das Investitionsprogramm „Soziale Integration im Quartier 2017“gerutscht und könne von einer Fördermaßnahme in Höhe von 1,2 Millionen Euro ausgehen. Der Freistaat lege nochmals 30000 Euro für die Planungskosten drauf. Allerdings müssten die Mittel bald abgerufen werden.
Der Bürgermeister erinnerte weiter daran, dass der Sieben-Schwaben-Verein ein Nutzungskonzept erarbeitet habe. Das Konzept sieht einen 100 Quadratmeter großen Raum über zwei Etagen vor. Im Erdgeschoss sind unter anderem ein Kursraum, eine Küche und die Sanitärräume vorgesehen. Im ersten Stock sind ein weiterer Kursraum und das VHS-Büro vorgesehen. Baubeginn könne noch 2018 sein.
Der Bürgermeister vertrat die Auffassung, dass die verschiedenen Gespräche mit den Behörden ergeben hätten, dass das Landesdenk- einem Abriss und Neubau nicht zustimmen werde. Es bleibe also die Sanierung mit derzeit geschätzten Kosten in Höhe von 1,7 Millionen Euro, allerdings sei noch Luft nach oben.
Mit Blick auf die hohen Zuschüsse plädierte Kähler dafür, das Angebot anzunehmen. Der Bürgermeister betonte abschließend, dass sich die Bürger des Marktes ein soziales Zentrum in der Mitte des Ortes wünschten.
die gleiche Kerbe schlug Markträtin Gudrun KissingerSchneider und sprach von einem historischen Tag. Dies sei ein Leuchtturmprojekt, um das Türkheim beneidet werde. Man wisse was man brauche und wolle, habe mit dem Verein einen Betreiber und weiter gebe es hohe Zuschüsse.
Wermut in den Freudenkelch schüttete Franz Haug, der an dem Vorhaben kein gutes Haar ließ: „Wir geben mindestens 1,7 Milliomalamt nen Euro aus für ein Haus, das uns mit Abriss und Neubau keine 800 000 Euro kosten würde“. Allein die Architektengebühr betrage 250000 Euro. Ein Gutachten sage auf 32 Seiten, dass es in dem Haus nichts mehr zu sanieren gebe. Für viel Geld erhalte man dann Deckenräume zum Teil mit einer Höhe von 1,8 Metern. Und noch deutlicher wurde Otto Rinninger. Auch die Zuschüsse seien Gelder der Steuerzahler, die hier verschwendet würIn den. Umgerechnet habe jeder Deutsche alleine von den Verbindlichkeiten des Bundes 24000 Euro Schulden. „Wir sollten uns diese Sanierung nicht leisten, auch wenn wir könnten“, so sein Fazit.
Als der Bürgermeister nochmals seine Meinung bekräftigte, ein Ersatzbau sei gegen das Denkmalschutzamt nicht durchzusetzen, bekam er Widerspruch von Irmgard Schäffler. Sie zitierte aus den Ausführungsbestimmungen, dass „aus Gründen der Wirtschaftlichkeit“auch Neubaumaßnahmen bezuschusst werden könnten.
Roswitha Siegert fasste die Meinung der Mehrheit zusammen. Sie sah in dem Projekt keine Steuerverschwendung, Türkheim brauche eine soziale Mitte, wenn Abriss nicht gehe, bleibe nur die Sanierung.
Christian Kähler wies vor der Abstimmung nochmals darauf hin, dass die Gemeinde für das Haus verantwortliche sei. Kosten würden auch ohne Sanierung anfallen, weil man es nicht einfach verrotten lassen könne. Und er hob nochmals hervor, dass bis zu 85 Prozent der Kosten durch Zuschüsse wieder hereinkämen. Und Rudolf Mendle fügte hinzu, dass es wohl die letzte Chance für Türkheim sei, so günstig das Haus zu sanieren.
Und so fiel der Beschluss auf Sanierung und Inanspruchnahme des „Investitionspaktes Soziale Integration im Quartier 2017“mit deutlicher Mehrheit. Mit diesem Investitionsprogramm der Bundesregierung in Zusammenarbeit mit den Ländern können Bürgerhäuser, Schulen, Bibliotheken und andere Treffpunkte für die Menschen attraktiver gestaltet werden. Nach Worten des Bürgermeisters werde man schon in den nächsten Wochen die Planung voranbringen.